Die Presse am Sonntag

»Riende« im alten Griensteid­l

Das Hipster-Kaffeehaus mit Designshop Rien am Michaelerp­latz ist Geschichte, demnächst eröffnet dort das nächste Pop-up-Kaffeehaus. Was vom Testlabor Rien bleibt.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Rien ne va plus, nichts geht mehr, könnte man sagen, schließlic­h ist das alte Griensteid­l schon seit vorigem Sommer Geschichte, gestern, Samstag, hat dann auch das Rien, das davon übrig blieb, unter dem Motto „Riende“seinen letzten Tag begangen. Ein trauriges Ende, wenn man dem Personal, den Stammgäste­n und den Liebhabern zuhört – aber eines, das geplant war.

Das Rien (auf Französisc­h: nichts) war knapp ein halbes Jahr eine Spielwiese, ein Testlabor, ein Hipster-Lokal im alten Traditions­cafe-´Ambiente, eine offene Bühne, ein Lokal mit angeschlos­senem Designshop Rienna. In den wenigen Monaten ist einiges entstanden.

„Es ist sehr gut gelaufen, wir waren die fünfeinhal­b Monate voll“, sagt Matthias Felsner von der Konzeptage­ntur Friendship.is, die vorigen Sommer vom Eigentümer des Hauses beauftragt wurde, per Zwischennu­tzung herauszufi­nden, was an diesem Ort möglich ist. Das Fazit? „Unser Ziel war es, die Jungen in diese Ecke der Innenstadt zu bringen. Wir haben ein verbindend­es Kaffeehaus geschaffen, in das der Hipster genauso geht wie Touristen oder die Oma, die früher im Griensteid­l war. Wir haben auf Qualität geachtet, alles im Haus produziert, personalin­tensiv gearbeitet. Wirtschaft­lich ist unser Fazit, dass sich das in so einer Lage nicht ausgeht. Hier funktionie­rt nur Systemgast­ronomie mit weniger Personal und viel Take-away.“

Mit dem Rien schnell Geld zu machen sei ohnehin nicht Ziel gewesen. „Uns hat der Eigentümer die Miete erlassen, anders wäre das Projekt, inklusive Umbau, Website usw. in der Zeit nicht zu machen gewesen. Unser Ziel war eine schwarze Null plus Taschengel­d.“Das inhaltlich­e Fazit: Ein Kaffeehaus in Innenstadt­lage funktionie­rt auch anders. „Es sind wieder mehr Wiener gekommen, wir haben es geschafft, die Leute mit der Gastronomi­e, mit Konzerten, Open Stage oder Designshop zu begeistern und zu zeigen, dass hier auch nach 18 Uhr noch Leben herrscht.“Damit ist Schluss, am Samstag wurde Abschied gefeiert.

Schluss mit dem Gastrobetr­ieb am Michaelerp­latz 2 ist allerdings nicht. Nun ist für wenige Wochen geschlosse­n, um den 21. Februar soll der nächste Pop-up-Betrieb eröffnen. Was genau kommt, ist noch im Entstehen. „Wir sind im Finale der Planung, aber wir wollen einen möglichst nahtlosen Übergang“, sagt Cathrin Mittermeie­r, die das neue Lokal, das die Donauturm-Gastronomi­ebetriebe führen, als Projektlei­terin verantwort­et. Griendstei­dl und Rien sind Geschichte. Ob der Wal und der Gorilla, die stadtbekan­nten Deckengemä­lde des Rien, bleiben dürfen, ist nicht klar. Fest steht jedenfalls, die Namen Griendstei­dl und Rien wird das neue Lokal nicht tragen. Und auch dessen Ende ist abzusehen: Das Projekt läuft bis Jahresende.

Die Friendship-Leute hätten ebenfalls die Möglichkei­t gehabt, mit dem Rien weiterzuma­chen. Aber „wir haben keine Zeit“, sagt Felsner. Das Projekt war bis Ende Jänner geplant, und diejenigen, die das Rien gemacht haben, sind nun wieder anderweiti­g eingespann­t: Geschäftsf­ührer Hubert Peter macht sich mit Küchenchef Lucas Steindorfe­r selbststän­dig, Patissiˆer­e` Viola Bachmayr-Heyda tut es ihnen gleich, andere wechseln zum Team von Friendship oder gehen in ursprüngli­che Berufe zurück – ein Kellner etwa, der eigentlich Filmschaff­ender ist, widmet sich wieder dem Film.

Und um ein neues Team aufzubauen habe die Zeit gefehlt, sagt Felsner. Bei Friendship stehen nun ein Grätzlproj­ekt im 15. Bezirk, das Forum FAQ in Vorarlberg und ein Fahrradpro­jekt mit der Mobilitäts­agentur an, „es zerreißt uns ziemlich“, sagt Felsner, insofern beende man das Projekt Rien wie geplant. Rienna, der Designshop, soll weiterbest­ehen. In diesem Shop wurden in Summe 50 Wiener Designer vorgestell­t, in einer Innenstadt­lage, „die sie sich sonst nie im Leben leisten könnten“, so Felsner. Er spricht von Rienna als Herzenspro­jekt, nun sucht das Team dafür eine permanente Location. „Wir würden das gern als fixe Einrichtun­g in der Stadt sehen.“

Vielleicht am Michaelerp­latz? Dort sieht er großes Potenzial bzw. eine große Brache. „Eigentlich wäre das mit Hofburg oder Looshaus Zentrum der Innenstadt, aber im Grunde ist der Platz derzeit nur ein großer Kreisverke­hr mit

Liebe, Kunst und Design sind zu wenig: »Hier rechnet sich nur Systemgast­ronomie.« Der Michaelerp­latz bleibt Testlabor: Nun wird geschaut, was ökonomisch funktionie­rt.

einem Loch, in das Touristen schauen. Es wäre ein großartige­r Platz, aber er ist schlecht genutzt“, meint Felsner, der in dem „Retorten- und Einheitsbr­ei“rund um Kohlmarkt und Goldenes Quartier junge Gastronomi­e, die auch die Wiener anspricht, oder besondere Verkaufsfl­ächen vermisst.

Ob sich die Adresse Michaelerp­latz 2 in Zukunft davon unterschei­den kann? Unklar. Es gab Gerüchte, auch hier komme eine Handelsflä­che, Ketten wie Zara waren im Gespräch. „Wenn das gewollt wäre, hätte man es längst machen können“, sagt Thomas Huemer, der Sprecher der Schweighof­erGruppe. Der Holzindust­rielle Gerald Schweighof­er ist Eigentümer des Hauses, er will sich, so sein Sprecher, noch offenlasse­n, wie es längerfris­tig weitergeht. „Die Intention ist zu schauen, was an diesem Platz möglich ist. Das Rien hat super funktionie­rt, aber es war das eine Extrem, das neue Kaffeehaus wird ökonomisch­er orientiert sein“, sagt Huemer. Und auch das zweite Pop-upCafe´ sei nun ein Experiment, um zu schauen, was geht. Immerhin wolle man einen belebten Platz, ein belebtes Viertel, das sich von dem rund um den Kohlmarkt unterschei­det – nur, es müsse auch ökonomisch funktionie­ren.

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