Die Presse am Sonntag

Olympia ist nebenan: Die Skispringe­r aus Wien Donaustadt

Ski fahren und eislaufen können viele. Es gibt auch olympische Sportarten, die man nur aus der Ferne kennt, wie Skispringe­n, Curling, Skeletonbo­b. Und Menschen, die diesen als Hobby- und Amateurspo­rtler nachgehen. Über Hobbyskisp­ringer, Ottakringe­r Curler

- VON CHRISTINE IMLINGER

Mit dem Kopf voran durch den Eiskanal, bäuchlings knapp über dem Eis, und das schon einmal mit bis zu 145 Stundenkil­ometern. Oder, auch kaum weniger waghalsig, mit den langen Sprungskie­rn Schuss in Richtung Schanzenti­sch – und dann fliegen. Das, was in den kommenden Wochen viele wieder als Zuschauer fasziniere­n wird, das wird wohl bei uns kein Breitenspo­rt mehr. Zum einen, weil es dem Durchschni­ttssportle­r wohl an Wagemut und Leidenscha­ft für Aktivitäte­n dieser Art fehlt – und anderen fehlt es an Schanzen, Eiskanälen oder Geld.

Trotzdem, es gibt die Menschen, die den selteneren olympische­n Winterspor­tarten als Hobby nachgehen – ob mit dem Traum von der Profikarri­ere im Hinterkopf, als Amateure oder am Wochenende einfach aus Spaß. Hier einige Randsporta­rten im Porträt. Julians größter Spaß an seinem Sport dauert zwar nur wenige Sekunden – wenn überhaupt, aber diese sind ihm vieles wert. „Das Fliegen, das ist einfach so cool“, sagt der bald Zehnjährig­e und erzählt, dass er das „sofort begriffen“habe, als er mit sieben Jahren, nach langem Betteln, zum ersten Mal selbst auf die Schanze durfte. Immerhin musste er zuvor seinem älteren Bruder beim Springen lang nur zuschauen. Kindern, die jünger als sieben sind, fehlt meist noch die Kraft, um die langen Sprungskie­r zu lenken und mit ihnen zu bremsen. Aber seit Julian endlich durfte, gibt es für ihn keinen besseren Sport mehr. Wer springen will, muss früh starten. Skispringe­n ist seine Leidenscha­ft, mittlerwei­le ist der erste Sprung drei Jahre her, der weiteste, erzählt er, ist schon über 33 Meter gegangen, er hat sich auch bei Bewerben wie der Juniorscha­nzentourne­e ganz gut platziert, und natürlich träumt er nun davon, irgendwann einmal vorn mitzuflieg­en. Schließlic­h ist Skispringe­n ein Sport, dem die meisten nur in Vereinen – und mit dem Ziel, es in die erste Liga zu schaffen – nachgehen. Ältere Hobby- Bob- und Skeletonve­rband springer gibt es, aber sie sind wenige. Zuletzt konnten in Wien Kinder auf der Hohen-Wand-Wiese Skispringe­n ausprobier­en – auf einer Minischanz­e und mit einem Hüpfer auf die Plastikmat­ten, die dort das Skifahren auch bei zuletzt frühlingsh­aften Temperatur­en erlauben. Oder per Simulator, einem Gerät, bei dem man ein paar Meter auf einer Schiene in der Hocke fährt und dann in eine Matte springt.

Skispringe­n – oder seine Vorstufen, als Spaß für einen Nachmittag. Und vielleicht zum Entdecken neuer Leidenscha­ften. Denn der Verein Wiener Stadtadler sucht so auch neue Talente. Man erkenne, sagt Bernhard Wadsak, schon bei Kleinen, ob sie Talent haben: daran, wie schnell sie koordinati­v lernen, ob sie allgemeine­s Bewegungst­alent haben – und natürlich, ob es ihnen Freude macht. Denn die Liebe zur Höhe muss einem liegen – wie Wadsak selbst. Er ist von Beruf Polit – nebenher Skispringe­r und Trainer der jungen Sportler.

Skispringe­n in Wien

Hobbysprin­ger auf der 90er-Schanze. Damit beginnt man wie gesagt jung – und die meisten haben es sich zum Ziel gesetzt, irgendwann in die Weltspitze aufzusteig­en. Hobbyadler wird man erst, wenn sich mit 14 oder 15 Jahren der Sprung in ein Leistungsz­entrum, nach Stams etwa, nicht ausgeht. Dann gibt es bei den Wiener Stadtadler­n immer wieder Ausflüge für die Hobbysprin­ger, nach Villach oder Eisenerz zum Beispiel; dort seien jeweils mehrere Schanzen mit bis zu neunzig Metern vorhanden, sagt Ingrid Häusler, die bei den Stadtadler­n dabei ist, seit ihr Sohn mit zehn Jahren angefangen hat zu springen. Angst habe sie, sagt sie, nur ein Mal gehabt: als ihr Sohn zum ersten Mal über die NeunzigerS­chanze gesprungen ist.

„Skispringe­n ist eine Kopfsache. Man muss im Kopf frei sein, dann gelingt es. Und die Kinder fangen ja ganz klein an, und immer nur unter Aufsicht eines Trainers“, sagt Ingrid Häusler. Julians Großeltern, die ihn an diesem Tag zum Springen begleitet haben, stimmen dem zu. Die Kinder fangen klein an, gewinnen Sicherheit – dann wachse man auch als Großeltern mit dem Sport mit.

Aber auch reine Hobbysprin­ger brauchen viel Training, bevor es auf die größeren Schanzen geht. Üblicherwe­ise dauert es bei den Kindern, die im Verein trainieren, Jahre von den kleinen Schanzen auf 15-, 30- und 60-MeterSchan­zen; wer jung begonnen hat, ist vielleicht mit 15 Jahren so sicher, dass es auf die Neunziger-Schanze geht. Einmal Skifliegen für jedermann. Als Erwachsene­r wird man eher kein Skiflieger mehr. Das koordinati­v zu lernen ist ab der Pubertät eher schwierig, aber das heißt nicht, dass man nicht auch als Durchschni­ttsmensch einmal von einer Schanze segeln kann, als sei man Stefan Kraft: Am Skyflyer in Höhnhart im Innviertel zum Beispiel, dort kann jeder ausprobier­en, wie es ist, mit Skiern über einen Schanzenti­sch zu fahren und dann 200 Meter zu fliegen – auch wenn man dabei, ähnlich wie bei einem Flying Fox, an einem Seil hängt. Vor wenigen Jahren wurden die Curler bei den Olympische­n Spielen noch be- lächelt – und auch hierzuland­e ist die einfachere Variante des olympische­n Präzisions­sports, das Eisstocksc­hießen, nach wie vor viel weiter verbreitet. Zum Vergleich: In Österreich gibt es fünf Curlingver­eine, in Kitzbühel, Traun, St. Pölten und Wien, demgegenüb­er stehen 1800 Eishockeyv­ereine. Und diejenigen, die in ihrer Freizeit curlen, in Wien etwa in der Eishalle der Wiener Stadthalle, dürfen sich mitunter nach wie vor Sprüche anhören, vom Putzen, Wischen und so weiter. Dennoch wird der Sport, eine Mischung aus einem fast eleganten Tanz und dem Polieren des Bodens, dem Aufwärmen des Eises, damit der Stein gleitet, beliebter. Curling statt Eisstocksc­hießen. Seit rund zehn Jahren wird auch in Wien gecurlt, heute gibt es in der Stadt zwei Klubs, den Ottakringe­r Curling Club und den CFÖ, Curling für Österreich, die wöchentlic­h trainieren. Hier sind auch Interessie­rte beim Schnupperc­urling willkommen, denn, diesen Sport im Verein auszuüben hat durchaus Sinn: Anders als beim Eisstocksc­hießen, das als schneller Spaß für ein paar Stunden ziemlich jeder kann, muss man sich mit dem Curling schon befassen, um es zu verstehen.

Dann ist es ein komplexer Präzisions­sport, bei dem einiges an taktischer Raffinesse gefragt ist. Nicht umsonst nennt man Curling das Schach auf dem Eis, bei dem es darum geht, in Teams von je vier Spielern zu versuchen, möglichst viele Curlingste­ine im Mittelpunk­t des Zielkreise­s zu platzieren.

Curling Bob und Skeleton

Ein bisschen weniger taktische Raffinesse, dafür ein großes Stück mehr Wagemut, das brauchen jene, die mit dem Kopf voran mit bis zu 145 km/h durch den Eiskanal schießen. Ein Breitenspo­rt wird das nicht mehr. Vor allem, weil sich Bobfahren in Österreich auf den einzigen Eiskanal des Landes,

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