Adlerklauen und verkohlte Diamanten
Das Naturhistorische Museum Wien hat seine Edelsteinsammlung im ehrwürdigen Saal IV wieder eröffnet. Die Exponate wurden im Zuge der Sanierung nicht nur erstmals digital erfasst, sondern für die Besucher moderner in Szene gesetzt.
Der Mensch trägt gern Schmuck – aber wie lang eigentlich schon? Wann haben Menschen begonnen, Naturalien nicht nur für praktische, sondern auch für rein ästhetische Zwecke zu sammeln?
Nun – länger, als man annehmen würde, wie man im Naturhistorischen Museum erfährt. Konkret im frisch renovierten und nach einem Jahr Umbauzeit soeben neu eröffneten Edelsteinsaal (Saal IV), in dem die Edelsteinsammlung des Museums um ein paar sehr alte Exponate erweitert wurde, und zwar um Seeadlerklauen, die 130.000 Jahre alt sein dürften und in Krapina (Kroatien) gefunden wurden. Da diese Tierklauen eindeutig bearbei- tet wurden, dürften sie schon von den Neandertalern aus rein ästhetischen Gründen gesammelt und als Schmuck getragen worden sein. Diese Leihgaben aus dem Croatian National History Museum zeigen somit, dass der Neandertaler bereits über die Fähigkeit zu symbolischem Denken verfügt hat, die bisher nur dem Homo sapiens zugeschrieben wurde.
Zu sehen sind die Adlerklauen in jener neu gestalteten sogenannten Pultvitrine, die typisch für die historischen Säle des Hauses sind. Von außen ist die Vitrine wunderbar gediegen geblieben. Innen wurde sie aber dank eines moderneren Beleuchtungskonzepts buchstäblich in neues Licht getaucht. Die Exponate sind nun besser und interessanter ausgeleuchtet als früher, wodurch sich – gerade bei den verschiedenen Edelsteinen – wunderschöne Effekte ergeben: Da wären etwa viele verschiedene Smaragde, die zum Teil aus Österreich stammen, oder ein facettierter Bergkristall. Auch die Opale zeigen sich in ihrer Vielfalt von jenen in kräftigem Blau schimmernden bis zu den gelben. Wassermelonen. Bei einigen der Edelsteine hält man es kaum für möglich, dass derartige Farben überhaupt in der Natur vorkommen: Wie jener große Fluorit aus Argentinien, der mit seinen Streifen in Gelb, Rosa, Lila und Türkis fast wie ein riesiger Zuckerlblock anmutet. Oder die grün-roten Turmaline, die an klitzekleine aufgeschnittene Melonen erinnern und daher sehr treffend Wassermelonenturmaline heißen.
Man kann sich also am Glitzern und Glänzen der Edelsteine – die Sammlung zählt zu den historisch bedeutendsten in Europa – erfreuen. Da das Naturhistorische Museum aber, wie die Leiterin der Mineraliensammlung, Vera Hammer, bei der Präsentation meint, auch einen Bildungsauftrag hat, kann, wer möchte, hier durchaus auch einiges an Wissen mitnehmen. Nicht nur über den erwähnten Ausgestellt sind Edelsteine, aber auch Schmuckstücke.