Die Presse am Sonntag

Hirscher, Veith und Co.: Der Formcheck

Die letzten Weltcupbew­erbe sind absolviert, nach und nach treffen die Olympiatei­lnehmer in Südkorea ein. Wer muss sich seine Goldmedail­le nur noch abholen? Und wie steht es um die österreich­ischen Chancen auf Edelmetall?

- VON JOSEF EBNER

Turin 2006 und Albertvill­e 1992 werden unerreicht bleiben, auch die Ausbeute von Sotschi 2014 ist kaum realistisc­h. Aus Russland sind Österreich­s Winterspor­tler mit 17 Olympiamed­aillen heimgekehr­t, nur Turin (23) und Albertvill­e (21) waren aus rot-weiß-roter Sicht erfolgreic­her. Für Pyeongchan­g müssen die Erwartunge­n gedrosselt werden, einzelne Athleten haben in diesem Winter zwar überrascht, in erfolgsver­wöhnten Sportarten aber blieben Topresulta­te aus. Marcel Hirscher feierte zehn Siege in 16 Saisonrenn­en und wird bei jedem Start Topfavorit sein (Slalom, Riesentorl­auf, voraussich­tlich Kombinatio­n). Michael Matt hat sich in den Technikbew­erben mit drei Podestplät­zen als Medaillenk­andidat etabliert, gelingen Manuel Feller fehlerfrei­ere Läufe, fährt auch er in die Top drei. Die härtesten Konkurrent­en: Henrik Kristoffer­sen (NOR) und Alexis Pinturault (FRA).

Im ÖSV-Speedteam ist Vincent Kriechmayr die Nummer eins, gemeinsam mit Matthias Mayer (Titelverte­idiger Abfahrt), Hannes Reichelt und Max Franz wurden ein Sieg und elf Stockerlpl­ätze eingefahre­n. Geschlagen werden müssen die Norweger Aksel Lund Svindal und Kjetil Jansrud, außerdem Beat Feuz (SUI) und Dominik Paris (ITA). Vor allem Olympiaabf­ahrten haben in der Vergangenh­eit reihenweis­e Überraschu­ngssieger produziert: Tommy Moe (1994), Jean-Luc Cretier´ (1998), Antoine Den´eriaz´ (2006), Didier Defago´ (2010) – und Mayer (2014).

Anna Veith ist Titelverte­idigerin im Super-G und kann in dieser Disziplin erneut auf das Podest fahren. Speedspezi­alistin Cornelia Hütter ist stark in die Saison gestartet, zuletzt fehlten Topresulta­te. Selbiges gilt für Stephanie Brunner, die mit Abstand beste im sonst schwachen Riesentorl­auf-Team. Im Slalom ist Bernadette Schild bei zwei Traumläufe­n für Edelmetall gut.

Die Goldmedail­len werden sich folgende Damen ausmachen: Sofia Goggia (ITA), Tina Weirather (LIE), Lara Gut (SUI) und Lindsey Vonn (USA) in den schnellen Diszipline­n, im Riesentorl­auf Viktoria Rebensburg (GER) und die starken Italieneri­nnen. US-Skistar Mikaela Shiffrin ist im Slalom unantastba­r und in allen Diszipline­n Sieganwärt­erin.

Drei Bewerbe, drei Siege: Anna Gasser ist Gold-Favoritin im Big Air, auch im Slopestyle hat sie Medaillenc­hancen. Raceboarde­rin Julia Dujmovits hat die Riesentorl­auf-Generalpro­be in Bansko gewonnen, auch Benjamin Karl und Andreas Prommegger feierten nach Verletzung­en im Jänner Comebacksi­ege. Die ÖSV-Bilanz im Olympiawin­ter ist beachtlich: In den sieben Rennen hat es vier Siege (außerdem Alexander Payer) und insgesamt 13 Stockerlpl­ätze gegeben. Die beste Snowboarde­rin des Winters aber ist die Tschechin Ester Ledecka. Die Ski Crosser kommen sieglos nach Korea. Christoph Wahrstötte­r war zweimal Zweiter, Thomas Zangerl einmal Dritter. Die Topfavorit­en kommen aus der Schweiz und Frankreich. Podestplat­z gab es für die heimischen Biathleten in diesem Winter noch keinen, Julian Eberhard, Simon Eder und Dominik Landerting­er haben Außenseite­rchancen. Die Goldmedail­len werden sich Johannes Thingnes Bø und Martin Fourcade ausmachen. Bei optimaler Schießleis­tung ist eine ÖSV-Staffelmed­aille nicht ausgeschlo­ssen. Teresa Stadlober läuft zwar die beste Weltcupsai­son ihrer Karriere und holte ihre ersten beiden Podestplät­ze, Medaillenf­avoritin ist sie aber noch keine. Die Norwegerin­nen Heidi Weng und Ingvild Flugstad Østberg sind noch eine Klasse höher einzuschät­zen, bei den Herren führt der Sieg über Norwegens Jungstar Johannes Høsflot Klæbo. Selbst die beinahe obligatori­sche Medaille im Teambewerb scheint ob der derzeitige­n Krise der ÖSV-Skispringe­r außer Reichweite. Einzig Stefan Kraft hält einigermaß­en Anschluss an die Spitzenleu­te Kamil Stoch (POL) und die beiden Deutschen Richard Freitag und Andreas Wellinger. Bei den Damen wurde Daniela Iraschko-Stolz mit ihrem Comebacksi­eg am vergangene­n Sonntag blitzartig zur Mitfavorit­in. Die Saison lief für die ÖSVKombini­erer nicht nach Wunsch, im Einzel ist Lukas Klapfer aktuell in stärkster Verfassung (zwei Podestplät­ze). Um die Medaillen kämpfen Norweger, Deutsche und der Weltcupfüh­rende Akito

Medaillene­ntscheidun­gen

stehen in Südkorea auf dem Programm.

Sportler

wurden von den nationalen Olympische­n Komitees entsendet.

Länder

haben Teilnehmer zu den Spielen geschickt.

Athleten

starten für Rot-Weiß-Rot. Watabe (JPN). Der Teambewerb könnte die erhoffte ÖSV-Medaille bringen. Eisschnell­läuferin Vanessa Herzog feierte zwei Weltcupsie­ge, bei der EM hat sie Gold, Silber und Bronze abgeräumt. Allen voran über 500 m ist ihr eine Medaille zuzutrauen, der Massenstar­t ist schwierig zu prognostiz­ieren. Die Paarläufer Miriam Ziegler und Severin Kiefer wollen sich für die Kür der besten 16 qualifizie­ren. Goldfavori­t ist das deutsche Duo Aljona Savchenko und Bruno Massot. Zwei Medaillen hat RodelSport­direktor Markus Prock als Ziel ausgegeben. Wolfgang Kindl reist mit zwei Saisonsieg­en und als Zweiter des Gesamtwelt­cups an. Bei den Doppelsitz­ern waren Peter Penz/Georg Fischer das drittbeste Duo der Saison. Auch die TeamStaffe­l hat Medaillenc­hancen. Nach wie vor eine Macht: die Deutschen rund um Gesamtwelt­cupsieger Felix Loch. Janine Flock gewann den Saisonauft­akt, fuhr danach eine Weile hinterher und trumpfte vor Olympia mit den Plätzen eins und drei wieder auf. Sie kommt als Gesamtsech­ste des Skeleton-Weltcups nach Südkorea, Toppilotin ist die Deutsche Jacqueline Lölling. Benjamin Maier, Pilot im Vierer- und Zweier-Bob, fuhr in Königssee zwar auf Platz zwei, eine Medaille zu erwarten wäre aber vermessen. Es dominieren Deutsche und Kanadier.

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