Apr`es Ski startet die Bergfahrt der Pistenpfleger
»Wie einen Teppich« wünschen sich Skifahrer heute ihre Pisten. Dafür ist einiger Aufwand zu leisten. Neben künstlicher Beschneiung ist vor allem der intensive Einsatz von Pistenraupen gefragt. Die extrem leistungsfähigen Geräte brauchen aber viel Sprit –
Seine Konkurrenten schob der Pistenbully ziemlich schnell von der Piste: Als 1969 die erste Pistenraupe unter diesem Namen vorgestellt wurde, endete die Saison der Bastler- und Eigenbaugeräte – für immer.
In diesen Tagen war die sogenannte mechanische Pistenpflege eine noch junge Disziplin, oft mit unzureichenden Mitteln ausgetragen. Das sollte sich mit dem Skiurlaub des deutschen Omnibusunternehmers Karl Kässbohrer auf der Seiser Alm in Südtirol ändern. Weil das zusammengeklopfte Werkzeug zum Präparieren der dortigen Abfahrten in Brüche gegangen war und sich so schnell nicht wieder instand setzen ließ, blieben Arbeit und Schnee unverrichteter Dinge liegen. Nicht mit Herrn Kässbohrer. Das wollte der bezahlende Skiurlauber Karl Kässbohrer aus dem baden-württembergischen Ulm nicht akzeptieren. In den Ärger mischte sich die Erkenntnis von einer kleinen, feinen Marktnische: Diese primitive Technik, das können wir wohl besser. Zu Hause in Deutschland beauftragte er einen Konstrukteur mit dem Entwurf eines tauglichen Geräts.
Zwar hatte die Firma Prinoth aus Südtirol zu der Zeit schon recht professionelle Gerätschaft auf dem noch kleinen Markt. Doch die große Neuerung von Kässbohrers erstem Pistenbully war der hydrostatische Fahrantrieb, bei dem der Motor – zunächst Benziner, dann Diesel – eine Art Ölpumpe antreibt. Über Ventile gesteuert, kann die Antriebsleistung punktgenau den Antriebsachsen zugeteilt werden. Damit entfällt das herkömmliche Schaltgetriebe, das den damaligen Geräten auf dem Steilhang Zores machte. Immer wieder kam es vor, dass ein Gang unter der hohen Motorlast heraussprang und das ganze Gerät mangels adäquater Bremsen recht ansatzlos zur Schussfahrt Richtung Tal ansetzte – der Fahrer suchte in dem Fall den schnellen Ausstieg, „doch da musste er zuerst über die Ketten kommen“, berichtet ein Veteran des Gewerbes.
Kässbohrer startete mit dem Pistenbully praktisch als Marktführer in das neue Segment. Der hydrostatische Antrieb wurde von den Konkurrenten – Fendt, Ratrac, Bombardier, Prinoth – flugs übernommen und ist im Grunde bis heute unverändert geblieben.
Nur dass es die meisten der Namen nicht mehr gibt: Der Pionier Ratrac ist ebenso vom Markt verschwunden wie weniger bekannte Hersteller. Den Gesamtmarkt von 900 bis 1000 Fahrzeugen pro Jahr teilen sich Kässbohrer und Prinoth, wobei die deutsche Gruppe den Marktführer stellt.
Heute stammt jede zweite Pistenraupe auf der Welt aus dem Werk in Baden-Württemberg. Der PistenbullyOldtimer von 1969 ist längst Hightechgeräten gewichen, die, mit der Kommandozentrale voll vernetzt, per GPS manövrieren und dabei auch einen ge- wissen Macho-Appeal nicht verbergen können. Das Design ist futuristisch, die Sidepipes sind verchromt, aus dem mollig-warmen Cockpit tönt Hüttenmusik. Der Bergfex am Steuer trägt Sonnenbrille und sagt immer Du.
Die signalroten Raupen gehören zum Berg wie Glühwein und Skilift, obwohl die Einsätze abends bis nachts stattfinden, wenn die Skifahrer längst abgeschnallt haben. Jetzt muss der Schnee, den sie tagsüber zu Tausenden talwärts geschoben haben, wieder hinaufgeschoben und präpariert werden. Ein notwendiger Job, der einiges an Aufwand erfordert. Durstig wie ein Sattelschlepper. Große Dieselmotoren mit zehn Litern Hubraum oder mehr und bis zu 520 PS Leistung sind notwendig, um die samt Gerätschaft bis 13 Tonnen schweren Fahrzeuge die Pisten rauf- und runterklettern zu lassen.
Denn im Schlepp befindet sich eine tonnenschwere Schneefräse, die den von den Skifahrern gewünschten Belag erzeugt. Vorn sortiert eine riesige Schaufel die Schneemengen. Während schwenkbare Seilwinden früher für die Zähmung extremer Steilhänge verwendet wurden, gehören sie heute zunehmend zur Standardausrüstung: Der Zug des bis zu 1,4 Kilometer langen Stahlseils verhindert, dass die Ketten des Pistenbullys auch nur unmerklich ins Rutschen geraten, was die Qualität der Piste bereits mindert. „Wie einen Teppich“wünschten sich die Skifahrer ihre Pisten, erklärt uns ein Fachmann – und Österreichs Pisten gelten als die besten weltweit.
Das, wie gesagt, ist nicht ohne Anstrengung zu haben. Ein Pistenbully operiert im dreidimensionalen Raum und verbraucht dabei mehr Diesel als ein voll beladener Sattelschlepper in der Ebene. Mindestens 30 Liter pro Betriebsstunde lassen sich veranschlagen – naheliegend, dass man sich nach Alternativen umsieht. Doch der Ausblick ist fürs Erste ernüchternd.
Auf Initiative der TU Wien entstand um das Jahr 2005 ein Projekt, das die Möglichkeiten von sauberen Energieträgern ausloten sollte, konkret: den Einsatz von Erdgas – in der Fachsprache CNG (Compressed Natural Gas) – statt Diesel. Zusammen mit Kässboh- rer und dem Energieversorger Salzburg AG wurden Prototypen des CNG-Pistenbullys in den Testeinsatz geschickt. Die Vorteile: dramatisch bessere Abgaswerte, vor allem bei den giftigen Stickoxiden, kein Ruß, ein Viertel weniger CO2-Emissionen.
„Sogar 100 Prozent weniger Kohlendioxid“, hörte man bei der Salzburg AG, „wenn Biogas verwendet wird.“Biogas wird aus Gras gewonnen und gilt als klimaneutral.
Wenn früher der Gang raussprang, schoss die ganze Fuhre talwärts. Die Seilwinde gehört auch ohne Steilhang zur Standardausrüstung.
Noch einen Vorteil hat Erdgasantrieb: Die Dieseltanks, die immer die Gefahr von Lecks bergen und im Ernstfall den Boden kontaminieren, würden aus der sensiblen Bergregion verschwinden. Charme hat auch, dass Erdgas billiger ist als Diesel.
Doch das Projekt ist schließlich wegen der Logistikprobleme im Umgang mit CNG im Sand verlaufen,