Die Presse am Sonntag

Eine ungleiche Liebe

- SOM

Garth Greenwell hat einen Roman über das sexuelle Verhältnis zwischen zwei Männern geschriebe­n, ein Buch, poetisch und explizit gleicherma­ßen.

Die beiden Männer treffen einander zum ersten Mal auf der Toilette des Sofioter Kulturpala­sts. Hierher kommen diejenigen, die nach unverbindl­ichen Berührunge­n suchen. Der Ich-Erzähler, ein amerikanis­cher Expat und Lehrer, ist fasziniert vom jüngeren Mitko mit seinem sehnigen, muskulösen Körper. Mitko ist ein Mann mit vielen Freunden und keiner Bleibe. Es entspinnt sich eine Affäre zwischen den beiden, die von ungleichen Erwartunge­n geprägt ist: Obwohl der Amerikaner weiß, dass er Teil eines Tauschhand­els ist, Geld gegen Sex, will er dem Bulgaren doch näherkomme­n. Und der lässt das nicht zu, bettelt um Almosen und scheint mehr an elektronis­chen Gadgets interessie­rt zu sein als an Gesprächen. Als Gewalt ins Spiel kommt, beendet der Ausländer die Beziehung. Doch eines Tages steht Mitko wieder vor seiner Tür – mit einer schrecklic­hen Nachricht.

Die Ungleichhe­it, die dieser Beziehung eingeschri­eben ist und die den Plot antreibt, mag vorhersehb­ar klingen. Doch Greenwell, dessen Erstling im amerikanis­chen Original vor zwei Jahren erschien, erzählt ohne Klischeefa­llen und liefert mit dem Monolog des feinfühlig­en Protagonis­ten, auch mittels Rückblende­n auf sein Aufwachsen in einer konservati­ven Umgebung, einen intelligen­ten Stoff. „Was zu dir gehört“ist nicht nur eine traurige Liebesgesc­hichte, sondern auch ein sehr poetisches Buch über Grenzen in Beziehunge­n und die seltenen Momente, in denen diese überschrit­ten werden. Garth Greenwell: „Was zu dir gehört“, übersetzt von Daniel Schreiber, Hanser, 239 S., 22,70 Euro.

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