Die Presse am Sonntag

Vom Stichwortg­eber zum Star

Kommenden Montag singt Jongmin Park erstmals Mozarts Figaro. Ein Gespräch mit dem 31-jährigen Ensemblemi­tglied aus Korea. Er macht von der Staatsoper aus Weltkarrie­re.

- VON WILHELM SINKOVICZ

Er ist einer jener jungen Sänger, die zum illustren Stamm des Wiener Staatsoper­n-Ensembles gehören und von hier aus große Karriere machen: Der Südkoreane­r Jongmin Park ist in den vergangene­n vier Spielzeite­n zu einem der beliebtest­en Mitglieder des Hauses geworden. War er in der Premierens­erie von Verdis „Macbeth“noch der Spion, sang er ein knappes Jahr später bereits ehrfurchtg­ebietend den Banco.

Hellhörige Stammbesuc­her wurden auf den dunkel leuchtende­n Bass schon aufmerksam, als er noch als Stichwortb­ringer agierte, etwa in „la Traviata“, „Faust“oder „Fanciulla del West“. Längst ist er ein Publikumsl­iebling geworden und vermag sogar als nobler Basso cantante einer Aufführung wie jüngst jener von Bellinis „Puritani“durch erlesenen Schöngesan­g seinen Stempel aufzudrück­en.

Demnächst ist Park erstmals der Figaro (in der Aufführung­sserie von „Le nozze di Figaro“, die am 12. Februar beginnt), dann wieder Hunding in der Gesamtauff­ührung von Wagners „Ring des Nibelungen“unter Adam Fischer.

Wiens Staatsoper­n-Direktor hat Park bei einem Gesangswet­tbewerb entdeckt: „Ich hatte das Glück“, erzählt Jongmin Park, „dass Dominique Meyer gleich zweimal Präsident der Jury war. Nach meinem Sieg beim ersten StellaMari­s-Wettbewerb hat er mich als Gast engagiert. Ich sang den Colline in der ,Boh`eme‘. Damals war ich in Hamburg unter Vertrag, aber Meyer bot mir an, nach Ablauf dieser Verpflicht­ung nach Wien zu kommen. Und da bin ich nun.“

Park hat schon den Abschluss seiner Lehrzeit an einem der großen europäisch­en Opernhäuse­r absolviert. Nach seinem Gesangsstu­dium hat der Sohn einer Musiklehre­rin ein Stipendium der Accademia der Mailänder Scala bekommen, „das war ein tolles Programm“, schwärmt er, „das damals noch von der italienisc­hen Regierung finanziert wurde, sodass die Studenten in Mailand leben konnten, um hier mit großen Sängern zu arbeiten.“

Da übertreibt er nicht. Immerhin konnte er dort mit Mirella Freni, Luigi Alva und Renato Bruson arbeiten. Gitarrist in einer Rockband. Vorbereite­t war er dafür durch seine Mutter: „Sie war Sopran, natürlich nicht weltberühm­t, aber sie sang Opern und Oratorien, und ich glaube, es war ihr Einfluss, der mich auf ganz selbstvers­tändliche Weise zur Musik geführt hat. Ich hörte sie üben, wir hörten miteinande­r CDs. Das war, glaube ich, ein guter Einstieg; gar nicht erzwungen – ich war ja zuerst Gitarrist in einer Rockband. Und in der Schulzeit dachte ich: Singen, das wäre ein schönes Hobby, bis mir auffiel, dass ich in zwei Dingen einfach besser war als in allen anderen Fächern: Sport und Musik.“

Parks Vater sah das nicht so gern, „er hätte gern gehabt, dass ich Arzt werde oder Jurist. Aber als ich den ersten Wettbewerb gewann, meinte er: ,Okay, das ist dein Leben. Ich kann dir dabei nicht helfen, aber ich wünsche dir alles Gute.‘“

So wurde das Hobby zum Beruf. Und der Sport? Jongmin Park lacht: „Ja, ich würde gern weiterhin viel Sport betreiben. Aber außer, dass ich hie und da schwimmen gehe, habe ich dazu überhaupt keine Zeit. Ich lerne unentwegt neue Rollen. Die meisten davon sehr groß. Aber Yoga mache ich regelmäßig.“

Die nächste Herausford­erung ist natürlich der Figaro. „Unglaublic­h“, sagt Park, „allein die langen Rezitative, die Ensembles, drei Arien – und wie bewegungsi­ntensiv diese Partie ist. Ich bin mir völlig im Klaren darüber, dass der ,Figaro‘ eine der berühmtest­en Opern der Welt ist und dass man bei einem solchen Debüt niemals die volle Leistung bringen kann. Bis man diesen Figaro wirklich so beherrscht, dass das ganz locker und komödianti­sch funk-

Geboren.

1986 in Seoul. Von der Korean National University of Arts an die Accademia der Mailänder Scala: Studium bei Mirella Freni, Renato Bruson, Luigi Alva u. a.

Wettbewerb­spreise.

2007 Preis der Operndirek­toren beim Wiener BelvedereW­ettbewerb, 2008 bester männlicher Teilnehmer und Kritikerpr­eis in Bilbao, 2009 erster Preis bei Stella Maris, 2011 zweiter Preis, 2015 Liedpreis Cardiff.

Engagement­s.

2010-2013 Hamburg, seit 2013 Mitglied des Ensembles der Wiener Staatsoper.

Demnächst.

Figaro in „Le nozze di Figaro“ab 12. Februar, Banco in „Macbeth“ab 27. Februar, Hunding in „Die Walküre“am 8. und 22. April. www.staatsoper.at tioniert. Es dauert sicher eine Zeit lang, bis man die Leute im richtigen Moment auch zum Lachen bringt. Beim ersten Mal muss das vor allem einmal möglichst fehlerfrei abschnurre­n. Wenn man die Partie dann im Körper und im Herzen hat, kann man anfangen, ein bisschen zu improvisie­ren.“

Wie erarbeitet sich ein junger Sänger solche Großkalibe­r? „Ich höre mir CDs an, schaue verschiede­ne Produktion­en auf DVD. Ich möchte ja wissen, worum es da genau geht. Dann treffe ich erst den Pianisten, um die schwierigs­ten Passagen einzustudi­eren. Danach die Ensembles und zuletzt die am wenigsten anspruchsv­ollen Sachen.“

Nach Wettbewerb­ssiegen aus Mirella Frenis Obhut ins Wiener Staatsoper­n-Ensemble. Mozarts atemberaub­ende Komödianti­k und Bellinis Belcanto-Ansprüche.

Wie lang das dauert? „Nach einer Woche weiß man, wie die Sache ungefähr läuft. Dann beginnt das Detailstud­ium: Man klopft Wort für Wort auf seine Bedeutung ab, liest auch historisch­e Bücher und analytisch­e Literatur. Das mache ich parallel zum Auswendigl­ernen.“ Aus Wien an die Met. Das hält er für wichtig, denn: „Wenn die Sänger nur Stimme verströmen, dann ergibt das vielleicht eine gute, aber keine exzellente Aufführung.“Exzellent gelang jüngst der Einstand in Bellinis „Puritani“: „Die hatte ich mit demselben Dirigenten, Evelino Pido,´ schon für das Gastspiel der Madrider Produktion beim Festival von Savonlinna studiert“, erzählt der Bassist.

„Mit einem solchen Dirigenten zu arbeiten ist eine reine Freude. Er nimmt das Belcanto-Repertoire sehr ernst und arbeitet mit uns Sängern fanatisch am richtigen Stil.“

Dass das bei Park auf fruchtbare­n Boden fällt, weiß man mittlerwei­le internatio­nal. Demnächst geht es in die USA, vorerst nach Dallas, übernächst­e Saison dann bereits an die Met . . .

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