Die U-Bahn unter der U-Bahn: So tief entstehen neue Stationen
Der Verlauf des neuen Südasts der U2 führt durch große Tiefen. Verantwortlich dafür ist vor allem die Topografie der Stadt – aber auch, dass U-Bahnen nur Steigungen von bis zu vier Prozent befahren können.
Der Begriff U-Bahn kann in die Irre führen. Immerhin gibt es keine einzige Linie in Wien, die komplett unter der Erde fährt – zumindest einige mehr oder weniger lange Teilstücke werden in Hochlage geführt. Beim laufenden Ausbau von U2 und U5 bleibt die Strecke aber ausschließlich unter der Erde. Und das teilweise so tief wie noch nie in Wien. Mit 35 Metern wird die neue U2-Station Neubaugasse sogar die tiefste im gesamten Netz. Und auch die übrigen Stationen der U2-Südverlängerung werden recht tief liegen.
Verantwortlich dafür sind zwei Faktoren. Zum einen, dass man bei einigen Knotenpunkten unter bestehenden Linien bauen muss. Zum anderen, und das ist noch entscheidender, weil die Topografie der Stadt es erfordert. Würde die neue U2, die künftig vom Rathaus in Richtung Süden führt, nicht schon vom Schottentor weg tief abtauchen, könnte man sie nicht komplett unterirdisch weiterbauen. Immerhin liegt zwischen hier und der für diesen Ausbau geplanten Endstation, Matzleinsdorfer Platz, das Wiental. Die große Tiefe in höheren Lagen ist also notwendig, um nicht in tieferen Lagen zu nahe an die Oberfläche zu kommen. Das hängt auch damit zusammen, dass U-Bahn-Züge nur Steigerungen von bis zu vier Prozent bewältigen können – man also nicht einfach einen Streckenteil steiler bauen kann. Das Linienkreuz. Die erste Herausforderung der neuen U2, die ihren bisherigen Streckenabschnitt zwischen Rathaus und Karlsplatz an die U5 abtreten und stattdessen in Richtung Süden abzweigen wird, ist die Station Rathaus selbst. Hier treffen die beiden Linien, die jetzt ge- bzw. ausgebaut werden, aufeinander. In rund 30 Metern Tiefe wird hier die neue U2 unter der künftigen U5 (der jetzigen U2) durchgeführt. Die künftige Doppelstation wird dabei mehr oder weniger komplett neu gebaut. Erhalten bleiben natürlich die bestehende Strecke und der Bahnsteig, der aber für die voll automatisch fahrende U5 mit Glastüren ausgerüstet wird. Das Hauptaufnahmegebäude am Friedrich-Schmidt-Platz hinter dem Rathaus wird neu gebaut, außerdem wird es neue Ausgänge und Lifte geben. Und es wird möglich sein, unterirdisch zwischen den Linien und Zügen in allen Fahrtrichtungen zu wechseln.
Eine technische Herausforderung wird auch die Station Neubaugasse. Wegen der Tiefe, aber auch, weil es im dicht bebauten Gebiet nur wenig Platz an der Oberfläche gibt. Zum Vergleich: Beim Bau der U1-Station Altes Landgut hatte man 10.000 bis 15.000 Quadratmeter Baustelleneinrichtungsfläche, für die Neubaugasse hat man nur ein Zehntel davon zur Verfügung. So muss man kreativ bauen – also etwa unterirdische Baustellenflächen nutzen, um dort Material zu lagern. Ein ähnliches Problem hat man auch bei der Station Pilgramgasse – hier löst man das Platzproblem dadurch, dass der Wienfluss auf etwa 2000 Quadratmetern überplattet wird. In immerhin 30 Metern Tiefe wird die Station Matzleinsdorferplatz errichtet – hier müssen dann Verbindungen zur S-Bahn und den unterirdisch fahrenden Straßenbahnen geschaffen werden. Tunnelbohrmaschine. Der Platz am Gürtel ist auch die Einstiegsstelle für die Tunnelbohrmaschine, mit der die Strecke vorangetrieben wird. Bis zum Augustinplatz in Neubau wird mit dieser Methode gegraben. Die anderen Streckenteile werden mit der sogenannten neuen österreichischen Tunnelbaumethode vorangetrieben – hier wird ein Tunnel ausgeschlagen und danach mit Spritzbeton ausgekleidet. Diese Variante ist vor allem bei wechselhaften Bodenverhältnissen zielführender. Für die Tunnelbohrmaschine ist ein gleichmäßiger Untergrund wichtig, da man sonst ständig die Zahnräder tauschen müsste. Es wird aber auch einen Bereich geben, in dem offen gebaut wird – nämlich auf einem kleinen Abschnitt zwischen Universitätsstraße und Florianigasse beim Rathaus.
Im Grunde handelt es sich um mehrere Bauprojekte, die nicht zeitgleich ablaufen. Die Vorarbeiten haben zum Teil schon begonnen, der tatsächliche Start ist aber im Herbst 2018 am Matzleinsdorfer Platz und bei der Pilgramgasse. Alle anderen Baustellen starten erst zu verschiedenen Zeitpunkten im Jahr 2019. Wirklich zu spüren bekommen Nutzer der U-Bahn die Arbeiten zwei Mal besonders stark: Die U2 wird von Sommer 2019 bis Herbst 2021 vom Norden aus am Schottentor enden, und die U4-Station Pilgramgasse wird ab Februar 2019 ein Jahr lang durchfahren. U2/U5, Rathaus U2, Neubaugasse U2, Pilgramgasse U2, Matzleinsdorfer Platz