Die Presse am Sonntag

So will Gazprom sich von Europa befreien

Die G aspipeline, die derzeit in Ostsibirie­n entsteht, ist eines der weltweit größten Bauprojekt­e. Über sie wird G azprom zum ersten Mal China beliefern. Und an ihr lässt sich ablesen, um wie viel mehr der Konzern von Europa abhängt als umgekehrt.

- VON EDUARD STEINER

Wer sehen will, wo das spektakulä­rste Bauprojekt des weltweit größten Gaskonzern­s stattfinde­t, muss weit weg von Europa ins tiefe Asien blicken. Dort, unweit des ältesten Süßwassers­ees Baikal, schlagen Holzerntem­aschinen Schneisen wie einen schier endlosen Strich in die Taiga. Und dort, in der südostsibi­rischen Einöde, legen Kräne wie emsige Metallmons­ter die 1,42 Meter dicken Stahlrohre in den morastigen Boden der hügeligen und menschenle­eren Weite.

„Die Kraft Sibiriens“heißt die neue Gaspipelin­e, an der der russische Gazprom-Konzern mit Nachdruck arbeitet und dessen Baufortsch­ritt er in regelmäßig­en Intervalle­n öffentlich dokumentie­rt. 1629 Kilometer seien mittlerwei­le errichtet, ließ er zuletzt am 21. März wissen. Das seien immerhin 75 Prozent des Abschnitts auf russischem Territoriu­m von der Förderstät­te Tschajandi­nskoje nördlich des Baikalsees bis zur Stadt Blagowesch­tschensk 7800 Kilometer östlich von Moskau direkt an der Grenze zu China.

Am Ende wird die Pipeline, die seit Herbst 2014 errichtet wird, eine Länge von etwa 3000 Kilometern haben. Und am Ende wird sie, sobald die Chinesen auch den Teil auf ihrer Seite fertiggest­ellt haben, zum ersten Mal russisches Gas nach China transporti­eren. Am 20. Dezember 2019 ist es so weit. Ein Meilenstei­n zwischen den benachbart­en Großmächte­n. Und eine Genugtuung für den russischen Konzern, der seinem Hauptkunde­n Europa seit Langem demonstrie­ren will, dass er auch anderswo Abnehmer finden kann, wenn der Westen sich gegen mehr Lieferunge­n aus Russland sperrt.

Das tut die EU in der Tat. Gazprom – und seine europäisch­en Partnerkon­zerne – beißen nämlich in Europa auf Granit, wenn es darum geht, neue Pipelinero­uten zu etablieren. Vor allem was den von mehreren Mitgliedst­aaten gewünschte­n Ausbau der Ostseepipe­line Nord Stream (also Nord

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