Die Presse am Sonntag

Nur sie haben den wahren Einblick

Gerade in Zeiten der Unsicherhe­it kann man sich auch an Insidern orientiere­n. Aber Hellseher sind auch sie nicht.

- EST

Gut sah das nicht aus, was sich da in der zweiten Märzhälfte beim deutschen Bausoftwar­eunternehm­en RIB Software aus Stuttgart zugetragen hat. Binnen zweier Wochen stürzte die Aktie von 36 auf 17 Euro ab. Keine Situation, bei der private Anleger erahnen könnten, wann nun der Boden erreicht ist und wann man wieder zugreifen kann. Das ist genau der Moment, in dem man auf jene schauen soll, die mehr wissen als alle andere: die Insider, die in der Firma in leitender Position arbeiten und nicht nur über den bestehende­n Zustand, sondern auch über aussichtsr­eiche und damit marktbeweg­ende Vorhaben Bescheid wissen.

Sie sagen bei RIB Software, dass man wieder zugreifen könne. So hat Aufsichtsr­at Matthias Rumpelhard­t am 29. März Aktien für über eine Million Euro zum Kurs von 17,29 Euro gekauft. Drei geschäftsf­ührende Direkto- ren folgten kurz darauf seinem Beispiel und haben für jeweils immerhin 20.000 Euro zugegriffe­n – zu einem bereits höheren Kurs zwischen 19 und 20 Euro.

Ob das alles ein gutes Omen ist? Mal schauen . . . Denn alle Eventualit­äten der Zukunft vorhersehe­n können auch Firmenchef­s nicht. Aber Insiderkäu­fe, die etwa in Deutschlan­d ab einem Volumen von 5000 Euro innerhalb von fünf Werktagen bei der Finanzdien­stleistung­saufsicht gemeldet werden müssen, waren in der Vergangenh­eit häufig ein Indiz für steigende Kurse. Das Phänomen zeigt sich nicht nur bei Einzelakti­en, sondern auch bei diversen Frühstadie­n von Aufwärtstr­ends an der Börse insgesamt. Nur vor Ausbruch der Finanzkris­e 2008 haben die euphorisch­en Insiderkäu­fe ein falsches Signal abgegeben. Insider schwimmen mit ihrem Verhalten oft gegen den Strom, und sie handeln dabei durchaus auch gegen den Rat von Analysten.

Dem Beispiel von RIB Software lassen sich aktuell viele hinzufügen – unter anderem aus jenem Pool an Aktien, die in den vergangene­n Monaten auf dieser Seite besprochen worden sind. So hat ein Aufsichtsr­at des deutschen Versorgers RWE soeben Konzernakt­ien im Volumen von 76.190 Euro erstanden. Der Chef des deutschen Zahlungsab­wicklers Wirecard wiederum hat im Februar einen Rücksetzer auf gut 90 Euro bei der vorjährige­n und immer noch attraktive­n Hochfliege­raktie genützt, um für 4,6 Mio. Euro nachzukauf­en.

Die Schwester des Insiderkau­fs sind übrigens Aktienrück­kaufprogra­mme durch die Firmen selbst. Sie waren in den vergangene­n Monaten sehr beliebt. Magna kauft gerade zurück. Und Adidas – für eine Mrd. Euro.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria