Pfeilschnell mit 184 PS, doch die Überholspur ist zu meiden
Allen berechtigten wie polemischen Einwänden zum Trotz wird Elektromobilität in den nächsten Jahrzehnten eine bedeutende Rolle spielen. BMW ging früh ans Thema und schuf 2013 mit dem i3 einen kühnen Solitär. Seine Zukunft ist ungewiss. Wir wagten einstwei
Wer das Elektroauto für eine schlechte Idee hält, muss zumindest einräumen, dass sie sich ausdauernd hält. Genau genommen begleitet der elektrische Antrieb das Automobil seit dessen frühesten Tagen. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war völlig offen, wer das Rennen machen würde.
Der Pionier Ferdinand Porsche war keineswegs auf den Verbrennungsmotor fixiert, er trieb seine Vehikel in beider Form zu Erprobungszwecken die Wiener Berggasse hinauf – und fand bald zum kombinierten, also hybriden Antrieb. Dieser Faden ist hundert Jahre später definitiv wieder aufgenommen.
Auf der anderen Seite des Atlantiks war eindeutig ein Mann des Stroms am Werk. Thomas Alva Edison arbeitete neben Dutzenden anderen Projekten seit den 1890er-Jahren an verbesserten Batterien, weil er im E-Auto die Zukunft sah.
Sein tatsächlicher Fortschritt bei Alkalibatterien befeuerte ab 1906 das E-Business in Amerika, das sich radikal besser entwickelte als in Europa. 1913 gab es in den USA, dem damals und für lange Zeit größten Automarkt der Erde, 37.000 E-Mobile, ein Viertel des gesamten Fahrzeugbestands.
Zu dieser Zeit war der E-Anteil in Österreich auf zwei Prozent gesunken. Mehr als heute übrigens. Nuklearantrieb. Dann kamen auf der ganzen Welt doch die Kolben und Kurbelwellen nachhaltiger in Schwung. In den USA, in denen alle Elektrifizierten heute auf etwa ein Prozent Marktanteil kommen, forschte in den Fifties und Sixties eine aufbruchsfreudige Autoindustrie in alle Richtungen. Der von einem Kernreaktor angetriebene Ford Nucleon (Konzeptstudie, 1958) blieb der Menschheit erspart, vom Chrysler Coupe´ mit Turbinenantrieb – dies allerdings auch nur eine Variante des Verbrennungsmotors – schafften es einige Exemplare auf die Straße und in den Fahrbetrieb. Die Produktion wurde 1964 nach zwei Jahren eingestellt.
Immer wieder kam in der Folge das Elektroauto zu einem Auftritt, wahlweise auf den Plan gerufen durch Ölkrisen, Luftverschmutzung in Großstädten und Klimawandel. Am prominentesten, weil von Verschwörungstheorien umwölkt, das EV1-Projekt des führenden US-Konzerns General Motors Mitte der 1990er.
Den Vorwurf der vorsätzlichen Sabotage entkräften Ingenieure, die dabei waren, wie der Österreicher Fritz Indra: Seiner Schilderung nach hätten die Autos den Ansprüchen einer ausgewachsenen Serienproduktion in Sachen Reichweite, Crash- und Betriebssicherheit einfach nicht entsprochen.
Dass alle Exemplare des EV1 von GM – zum Teil unter Polizeiaufgebot wegen zorniger Aktivisten – vernichtet wurden, lag am unkalkulierbaren Risiko für den Hersteller, der sich bei
BMW 1602 Elektro
Drei Jahre zuvor hatte der Hersteller mit Versuchsfahrzeugen begonnen, „um die Nutzbarkeit des elektrischen Antriebs im praktischen Fahrbetrieb zu untersuchen“.
BMW E1
Das kompakte E-Auto gab in Grundzügen spätere Entwicklungen wieder. ernsthaften Zwischenfällen wohl Millionenklagen eingehandelt hätte.
Ebenso auf der Hand liegt das geringe Interesse der Industrie, eine schön eingeschwungene Produktion von Millionen und Abermillionen Verbrennungsmotoren gegen eine neue, kostspielige Technologie auszutauschen. So war das kurz vor dem amerikanischen EV1-Abenteuer auf der Insel Rügen abgehaltene, vier Jahre währende Elektroautoexperiment aller namhaften deutschen Autohersteller sicherlich auch nicht ernsthaft dazu angetan, zu anderen als abschlägigen Ergebnissen zu kommen. Chinesisches Pferd. Dieser Tage ist es PSA-Chef Carlos Tavares (Peugeot, Citroen,¨ Opel), der vor dem E-Auto als „Trojanischem Pferd“warnt: Würde der europäischen Autoindustrie die Technologie unter hohen Kosten aufgezwungen, kämen die weltweit Führenden auf dem Gebiet zum Eroberungsfeldzug: die Chinesen. Gleichwohl eröffnete PSA soeben eine eigene Konzernabteilung für Elektromobilität.
Denn nun stehen wir vor einer Neuauflage des Rennens der Antriebskonzepte, nur diesmal mit politischer Weichenstellung. Alle Anstrengung der Hersteller bündelt sich auf die Aussicht, mit den Modellen, die man bis 2021 am Start hat, auch Geld zu verdienen. Das ist die Übung, die bislang noch keinem gelungen ist.
Gut möglich, dass eines der schillerndsten und heute meistverkauften E-Autos dann nicht mehr im Spiel ist: der Ende 2013 auf den Markt gebrachte BMW i3. Konkrete Aussagen zu seiner Zukunft sind München nicht zu entlocken – Nachrichten von einem absehbaren Produktionsende wären dem Absatz auch kaum förderlich. Zumal sich der i3 als Spätstarter erweist: In Europa, seinem größten Markt, konnte er im Vorjahr die Verkaufszahlen von 2015 nahezu verdoppeln. Im vergangenen Oktober feierte BMW den 100.000. gebauten i3.
Nach den Maßstäben des Herstellers freilich eine Kleinauflage, die schon in konventioneller Bauweise nicht leicht Profite einbringt. Und der i3 ist alles andere als konventionell – als vielleicht kühnstes Auto, das BMW seit Jahrzehnten hervorgebracht hat.
Wer sich im Prototypenlabor der Marke umsieht, mag frühe Schritte erkennen. 1972 ließ BMW bei den Olympischen Spielen in München umgerüs- tete Exemplare des 1602 auffahren – mit 350-kg-Paletten von Bleibatterien im Motorraum, die sich im Ganzen tauschen ließen. Höchstgeschwindigkeit: 100 km/h, Reichweite in der Stadt: 30 Kilometer.
1913 fuhr in den USA ein Viertel des gesamten Fahrzeugbestands elektrisch. »Die Nachteile des E-Antriebs sind nur durch Fortschritte auf dem Batteriesektor lösbar.«
Vertraut klingende Erkenntnis damals: „Die spezifischen Nachteile des Elektroantriebs sind nur durch Fortschritte auf dem Batteriesektor lösbar.“
Der 1991 bei der Frankfurter Automesse präsentierte E1 weist dagegen schon unübersehbare Parallelen zum i3 auf – vor allem wegen seines „Purpose built“-Konzepts: rein auf E-Antrieb gemünzter, kompakter Leichtbau mit hochfester Struktur, technologisch auf dem Stand seiner Zeit. Brachte damals 32 kW Leistung, 160 km Leine.
22 Jahre später hat sich an diesen Zahlen nichts Epochales geändert, mit Ausnahme der Leistung, die in der neuen Modellvariante i3 S auf imposante 135 kW Spitzenleistung (184 PS) zugelegt hat. Damit pfeilt das Auto lautlos in weniger als vier Sekunden aus dem Stand auf Tempo 60, bei den