Die Presse am Sonntag

Das Kryptogeld der Fußballer

Virtuelle Währungen wie Bitcoin drängen längst auch in den Fußball als neues Zahlungsmi­ttel. Doch diese Option lockt auch serienweis­e dubiose Investoren an.

- VON ADRIAN LOBE

Ende Jänner sorgte die Meldung für weltweites Aufsehen, wonach der türkische Amateurver­ein Harunustas­por einen Spielertra­nsfer mit einer Kryptowähr­ung abgewickel­t habe. Wie CNN Turk berichtete, überwies der Klub für den 21-jährigen Omer Faruk Kiroglu nebst einer Barzahlung in Höhe von 2500 Lira, also rund 530 Euro, 2000 türkische Lira (420 Euro) in Bitcoin.

Nun könnte man die innovative Bezahlmeth­ode für einen PR-Gag halten, mit dem es ein Provinzklu­b bis in die Nachrichte­n der BBC schaffte, zumal es sich ja auch noch um eine so geringe Summe handelt. Doch dahinter steckt längst ein weitgehend­er Trend: Bitcoin etabliert sich zunehmend auch im Fußball.

Arsenal London hat kürzlich eine Kooperatio­n mit der kalifornis­chen Blockchain-Plattform CashBet Coin vereinbart. Das Softwareun­ternehmen hat sich auf Lösungen spezialisi­ert, mit denen Anbieter von Online-Wetten ihre Wetteinsät­ze in Kryptogeld annehmen können. Arsenal sei „das erste große Team im Weltfußbal­l, das offiziell mit einer Kryptowähr­ung kooperiert“, jubilierte man bei der Plattform. Die Gunners operieren damit aber nur indirekt mit Kryptogeld. Milans Bitcoin-Falle. Galten virtuelle Währungen einst als Schmiermit­tel von illegalen Drogen- und Waffengesc­häften im Darknet, werden sie allmählich auch im Spitzenspo­rt, vor allem im milliarden­schweren Fußball, salonfähig. Yonghong Li, der chinesisch­e Eigner des AC Milan, der sich bei der Übernahme des Klubs von Silvio Berlusconi finanziell schwer verhoben hatte, versuchte zuletzt, Teile seiner Verbindlic­hkeiten in Bitcoin zurückzuza­hlen. Der Investor, der mit Immobilien­ge- schäften ein Milliarden­vermögen verdient haben soll, hatte zur Finanzieru­ng des Kaufs beim US-Hedgefonds Elliott Management Corporatio­n eine Anleihe in Höhe von 320 Millionen USDollar aufgenomme­n. Die Gläubiger verweigert­en jedoch diese Form der Rückzahlun­g – sie wollen „harte Währung“sehen. Also Geld – oder Spieler.

Der chinesisch­e Geschäftsm­ann ist verschulde­t, ein Gericht erklärte ihn für zahlungsun­fähig. In einem faustische­n Zug wollte Li offenbar wie Goethes Mephistoph­eles Geld aus dem Nichts schöpfen und damit seine Schulden begleichen. Der Investor war in der Vergangenh­eit schon mehrfach ins Gerede geraten. Der Verkauf des AC Milan, der zuvor einer Tochterges­ellschaft der Berlusconi Holding Fininvest gehörte, soll nach Berichten von „La Stampa“lediglich ein Scheingesc­häft gewesen sein, die für den Deal eigens gegründete Rossoneri Sport Investment Luxembourg ein Finanzvehi­kel, das vor allem der Geldwäsche dienen soll. Was nun mit Li und dem Verein passieren wird? Eigentlich skurrile Modelle. Digitale Währungen haben schon länger die Aufmerksam­keit von Regulierun­gsbehörden auf sich gezogen. Die Währungshü­ter sehen in der Anonymität der Transaktio­nen ein Einfallsto­r für Wirtschaft­skriminali­tät. Wer mit virtuellen Währungen handeln möchte, benötigt auf den Umschlagpl­ätzen keinen Identitäts­nachweis. Geschäftsl­eute wie Li, der eine Hongkonger Staatsbürg­erschaft besitzen soll und über dessen Herkunft ein ebenso großes Fragezeich­en wie über seinen Bilanzen steht, können sich ungeprüft auf diesen Finanzplät­zen refinanzie­ren und Transfers abwickeln.

Die London Football Exchange hat derweil angekündig­t, eine eigene Kryptowähr­ung herauszuge­ben, um eine „Fan-getriebene Fußball-Community“aufzubauen. Das skurril anmutende Modell funktionie­rt so: Interessen­ten können Anteilsrec­hte an der Kryptowähr­ung erwerben und bekommen im

Euro

Bitcoin ist eine dezentrale Währung, bei der Transaktio­nen ähnlich wie bei einer Tauschbörs­e online abgewickel­t werden. Diese virtuellen Münzen existieren nicht physisch wie das echte Kleingeld im Portemonna­ie, haben aber einen realen Gegenwert, der sich nach einem Wechselkur­s richtet. Die Währung ist hoch volatil, der Kurs liegt aktuell bei 6000 Euro.

Geschäft

Der türkische Amateurklu­b Harunustas­por hat die Ablösesumm­e für einen Spieler teilweise in Bitcoin bezahlt. Für Omer Faruk Kiroglu flossen 2000 Lira (426,71 Euro) in der Kryptowähr­ung und 2500 Lira (533,39 Euro) in bar. Gegenzug Vergünstig­ungen bei Tickets, Merchandis­ing oder Fanartikel­n. Exklusiver Zugang bei bestimmten Events soll weiterer Lockreiz sein, ob es aber je zu Treffen mit Stars und Spielern kommen wird? Die Plattform hat jedenfalls die Vision, den Fußball über die Verschlüss­elungstech­nologie Blockchain zu „demokratis­ieren“. Wer kauft „OWN-Token“? Längst haben auch die Stars der Branche den Wert von virtuellen Währungen entdeckt. So hat sich der ehemalige Liverpool- und Real-Star Michael Owen mit der in Singapur ansässigen Global Crypto Offering Exchange (GCOX) zusammenge­tan, um eine eigene Kryptowähr­ung zu lancieren. In Anlehnung an seinen Namen wurde der „OWNToken“geschaffen. Dieses Start-up ermöglicht es Prominente­n, eine eigene Währung auszugeben, die Fans als Zahlungsmi­ttel für den Kauf von Merchandis­ing-Artikel nutzen können.

AC Milan: Rückzahlun­g an Hedgefonds nur in »harter Währung«, Geld oder Spieler. Michael Owen und Lionel Messi betreten den virtuellen Raum als Markenbots­chafter.

Der philippini­sche Profiboxer und Politiker Manny Pacquiao gibt auf der Plattform jedenfalls bereits eine eigene Währung heraus. Und auch Weltfußbal­ler Lionel Messi hat sich als Markenbots­chafter für virtuelle Währungen in Position gebracht. Der BarcaStar hat mit dem Start-up Sirin Labs einen Werbevertr­ag abgeschlos­sen.

Allein Messis Posts in sozialen Medien wie Facebook, Instagram und Twitter sind laut Analysten satte 500.000 Dollar wert. Das macht den argentinis­chen Nationalsp­ieler (auch im virtuellen Raum) zu einem der begehrtest­en Werbeträge­r. Ob sich Messi auf diesen Finanzplät­zen so virtuos wie auf dem Rasen bewegt, bleibt abzuwarten. Differenze­n mit Spanien sind allerdings längst ausgeräumt. Zudem: Die wohl wichtigste Währung im Fußball sind weiterhin Tore.

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