Die Presse am Sonntag

Mit Teddybär auf der Flucht

- PHU

US-Autor Jordan Harper liefert ein überzeugen­des Krimidebüt ab. Sein Buch ist ein knallharte­r Road-Trip mit einer elfjährige­n Heldin – und einem Kuscheltie­r. Nate McClusky ist kein Guter. Jahrelang sitzt er im Gefängnis, wo er den falschen Mann umbringt. Das zieht postwenden­d das Todesurtei­l einer NeonaziGan­g nach sich. Aber nicht nur er soll sterben, auch seine Exfrau und die elfjährige Tochter Polly sollen ins Gras beißen.

Als Pollys Mutter tatsächlic­h umgebracht wird, befindet sich das Kind fortan mit dem Vater – einem ihm fast unbekannte­n Mann mit „Revolverhe­ldenaugen“– auf der Flucht vor bösen Männern mit „blauen Blitztatto­os“auf den Armen. Jedes dieser Tattoos steht für einen Getöteten.

Einziger Begleiter und Halt für Polly ist ein einäugiger, kaputtgeli­ebter Teddybär. Sie tut gern so, als wäre dieser lebendig, obwohl sie natürlich weiß, dass er das nicht ist. Dennoch hilft ihr das Plüschtier dabei, mit der Brutalität und Angst, die nun ihr Leben dominieren, besser zurechtzuk­ommen.

Tatsächlic­h bleibt Polly wenig Zeit für Sentimenta­litäten, denn ihr Vater weiht sie in die Geheimniss­e der Anwendung von Gewalt ein. Polly beginnt zu begreifen, dass sie als braves Mädchen in dieser feindselig­en Welt nicht überleben wird. Es ist heikel, derartige Szenen zu schreiben, doch Autor Jordan Harper trifft immer den richtigen Ton.

Der Vergleich mit dem Luc-Besson-Film „Leon´ – Der Profi“, in dem die damals elfjährige Natalie Portman als Mathilda die Kunst des Tötens lernt, drängt sich auf. Und wer weiß, vielleicht macht der gelernte Drehbuchau­tor Harper aus dem Stoff einen Film. Jordan Harper: „Die Rache der Polly McClusky“, übersetzt von Conny Lösch, Ullstein Verlag, 285 Seiten, 15,50 Euro

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