Der mainstreamresistente Fischer
Martin Müller pfeift auf Speisefischzucht und setzt auf Angelguiding und Wildfang.
Ein typisches Gespräch zwischen Hannes Müller, dem Haubenkoch am Weißensee, und Martin Müller, dem Fischer vom Weißensee, sieht so aus: „Du bist ein bissl ein Sturschädl“, sagt Hannes. „Nein“, sagt der Sturschädl stur und schweigt eine Weile. Sehr wahrscheinlich verschränkt er dazu noch die Arme. Grinst irgendwann. Wenn der Weißenseefischer aber einmal ins Reden kommt, erzählt er vieles.
Und es sind immer ein paar Fachbegriffe dabei, die außer Limnologen (ja, so fängt es gleich einmal an) kein Mensch versteht, was Müller aber ziemlich sicher genießt. Er erzählt, wie er schon als Kind Tierforscher werden wollte. Wie er das familiär bedingte Zimmererdasein bald zugunsten eines Fischbiologiestudiums in Wien sein ließ. Wie er am Weißensee mit freundlicher Unterstützung der eigenen Sturheit und der Agrargemeinschaft seinen Fischereibetrieb aufbaute. Wie er die Zucht, die pro Jahr 15 bis 20 Tonnen Fisch abgeworfen hatte, 2017 aufgab, um sich fortan auf Besatzfischzucht und Angelguiding zu konzentrieren. Warum er die Speisefischzucht aufgrund der nicht nachhaltigen Fischmehlproblematik nicht mehr vertreten konnte: Für ein Kilo Forelle benötigt man drei bis fünf Kilo Meeresfisch, Fischmehl enthält womöglich krebserregende Antioxidantien . . . Und dass er, der studierte Sturkopf, Pardon, Limnologe, nicht neunzig Prozent seiner Zeit Fische filetieren wollte. Bester Fußballer vom See. Man erfährt aber auch, dass Martin Müller „gestern vielleicht anders als heute gedacht“hat. Oder dass es wohl guten Mainstream geben wird, „aber der hat mich halt noch nicht erreicht“. Wobei der Onlinemusikdienst Spotify für ihn heute „das Beste überhaupt“ist. Und man erfährt, dass der Fischer Müller einst das Idol des Kochs Müller war: als bester Fußballspieler vom Weißensee.