Die Presse am Sonntag

Spionage durch BND: »Nicht akzeptabel«

Überwachun­g. Regierung traf sich zur Krisensitz­ung: Van der Bellen und Kurz fordern von Deutschlan­d Aufklärung über das Ausspähen.

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Wien. Österreich­s Regierung reagiert auf Berichte über systematis­che Überwachun­g durch den deutschen Bundesnach­richtendie­nst (BND) in den Jahren 1999 bis 2006: Am Samstag wurde eilig zu einer Krisensitz­ung ins Bundeskanz­leramt gerufen, an der neben Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) unter anderem Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ), BVT-Chef Peter Gridling, Vertreter des Kabinetts von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen und die Generalsek­retäre des Justizmini­steriums, Christian Pilnacek, des Innenminis­teriums, Peter Goldgruber, und des Außenminis­teriums, Johannes Peterlik, teilgenomm­en haben.

Dass die Spitzen der Republik, Präsident Van der Bellen und Kanzler Kurz, dann gemeinsam vor die Medien traten, zeigt die Dringlichk­eit der Causa: Das offenbar enorme Ausmaß der Spionagetä­tigkeit des BND sei unter befreundet­en Staaten „nicht akzeptabel“, so Van der Bellen. Ausspähung dieses Ausmaßes würde das Vertrauen in Frage stellen, „um Klarheit herzustell­en, wird es nötig sein, dass wir von Deutschlan­d volle Aufklärung erhal- ten“. Falls Ausspähung­en noch am Laufen seien, wovon man nicht ausgehe, fordere man, dass das eingestell­t wird, so Van der Bellen. Auch Kanzler Kurz sprach an, dass es Spionage unter befreundet­en Nachbarsta­aten nicht geben dürfe. Um das zu klären, habe man auch unmittelba­r Kontakt mit Deutschlan­d aufgenomme­n. Verdachtsm­omente hinsichtli­ch der Aktivitäte­n von 1999 bis 2006 gab es schon 2014, so Kurz. Auch damals wurde Aufklärung gefordert – offenbar mit mäßigem Erfolg.

Aktuell berichten das „Profil“und „Der Standard“, dass die Spionagetä­tigkeit des BND in Österreich weit umfassende­r gewesen sei als angenommen: Laut BND-internen Dateien wurden in den fraglichen Jahren 2000 Telefon-, Fax- und Mobilansch­lüsse sowie E-Mail-Adressen ins Visier genommen. In Österreich soll der BND zentrale Einrichtun­gen wie Firmen, internatio­nale Organisati­onen, islamische Einrichtun­gen ebenso wie Medien, Terrorverd­ächtige und Waffenhänd­ler ins Visier genommen haben. Besonders brisant ist, dass sich zahlreiche Firmen auf der Liste befinden.

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