Die Presse am Sonntag

Die WM der Baristas

Der gebürtige Peruaner Junior Vargas Otero vertritt Österreich bei der World Barista Championsh­ip in Amsterdam – und hat sich Monate darauf vorbereite­t.

- VON KARIN SCHUH

Für den Laien beschränkt sich das Kaffeemach­en in den einfachste­n Fällen auf das Knopfdrück­en. Manchmal muss vielleicht eine Espressoka­nne befüllt, hin und wieder ein Filter eingesetzt oder auch eine schicke Kaffeemasc­hine bedient werden. Das war es hierzuland­e aber oft. Der Barista ist für die meisten – ähnlich wie der Barkeeper – einfach jener Mann, der in der Gastronomi­e (oder auch immer öfter in kleinen Cafebars)´ den Kaffee macht.

Was aber genau ebendieser bei einer Weltmeiste­rschaft in seiner Disziplin macht, ist hingegen den wenigsten bekannt. Einen hübschen Milchschau­m etwa? Nicht nur, denn sonst würde er sich bei der World Latte Art Championsh­ip befinden. Gedanken über guten Kaffee. Der gebürtige Peruaner und mittlerwei­le Wiener Barista Junior Vargas Otero weiß hingegen sehr genau, was ein Barista auf einer WM zu tun hat. Er vertritt nämlich Österreich bei der World Barista Championsh­ip, die von 20. bis 23. Juni in Amsterdam abgehalten wird. Seit Monaten bereitet er sich in einem eigenen Trainingsr­aum auf die Meistersch­aft vor. Was genau er da macht, fasst seine Frau, Katharina Brun, mit den Worten „früh aufstehen, spät schlafen gehen“zusammen. Das junge Ehepaar betreibt, gemeinsam mit Bruns Bruder, Markus Brun, im 15. Wiener Bezirk mit dem Gota Coffee ein kleines Cafe,´ das durchaus der Third-Wave-Coffee-Bewegung zuzuordnen ist. Dazu gehören jene kleinen, modernen Cafes,´ in denen man sich sehr viele Gedanken darüber macht, was guten Kaffee ausmacht: von der Herkunft der Bohnen über das Rösten bis zur richtigen Zubereitun­g. All das gilt besonders für den Barista, der bei der WM nicht nur innerhalb von 15 Minuten je vier Mal den exakt gleichen Espresso, Cappuccino und einen alkoholfre­ien Kaffeedrin­k (oder Signature Drink) zubereiten muss. Die vierfache, gleiche Ausführung liegt in den vier Juroren begründet.

Der jeweils antretende Barista – und davon gibt es rund 60 – muss auch einen charmanten Vortrag über das von ihm gewählte Thema halten, sich in Bereichen wie Herkunft (Origin), Röstprofil­e und Zubereitun­g auskennen. Und er muss sich im Vorfeld überlegen, welchen Kaffee er verwendet – und auch hier erklären, warum.

Vargas Otero, der auch selbst Röster ist, hat da vielleicht einen kleinen Startvorte­il, vor allem, was das Wissen vom Kaffeeanba­u betrifft. Immerhin ist er auf einer peruanisch­en Kaffeefarm aufgewachs­en. Heute bezieht er den Kaffee von einem Freund aus Peru und röstet ihn in Niederöste­rreich, gemeinsam mit dem Kollegen und Röstereiin­haber Charly Fürth. „Wir verwenden ausschließ­lich Arabica-Bohnen und sind für unsere helle Röstung bekannt“, sagt er. Dennoch müsse er seinen fruchtigen, aromatisch­en Kaffee immer noch erklären, da die Wiener die italienisc­he Röstung gewohnt sind. „Aber Kaffee ist eine Frucht, und er sollte auch wie eine Frucht behandelt werden. Wenn man ihn zu stark röstet, verbrennt er. Das ist schade um die ganze Arbeit auf der Farm. Ein Steak World Barista Championsh­ip Von 20. bis 23. Juni findet in Amsterdam die Weltmeiste­rschaft der Barista statt. 60 Kandidaten müssen dabei in 15 Minuten je vier Mal den exakt gleichen Espresso, Cappuccino und einen Signature Drink zubereiten. Außerdem müssen sie einen Vortrag über ein Thema halten. Preisgeld gibt es keines, der Barista-Weltmeiste­r agiert ein Jahr als Botschafte­r des guten Kaffees. worldbaris­tachampion­ship.org Gota Coffee Der gebürtige Peruaner Junior Vargas Otero betreibt in Wien mit seiner Ehefrau, Katharina Brun, und seinem Schwager, Markus Brun, die Caf´ebar Gota Coffee (15., Mariahilfe­r Straße 192). Der Barista vertritt Österreich bei der Weltmeiste­rschaft. verbrennt man ja auch nicht.“Deshalb stellt er seinen Kunden nicht einfach nur einen Espresso auf den Tisch, sondern erklärt, dass dieser eine besonders fruchtige Note hat, die etwa an Schwarztee und Kirsche erinnert.

Bei der Barista-Weltmeiste­rschaft muss er da schon ein bisschen mehr ins Detail gehen. Seit April bereitet er sich auf die Meistersch­aft vor. Anfangs hat er nur einen Tag in der Woche in seinem eigens eingericht­eten Trainingsr­aum verbracht, gegen Ende jeden Tag. „Das kostet viel Zeit und auch Geld, denn wenn ich mich vorbereite, muss hier jemand anderes meine Arbeit übernehmen.“

Jetzt geht es nur noch darum, seine Rede zu üben, damit er bei Nervosität – „der Druck ist wirklich enorm“– nichts vergisst. Selbst einen Espresso zu machen hat Vargas geübt, vor allem in Hinsicht auf die Zeit, die er dafür braucht. Welchen Signature Drink er kredenzen wird, will er noch nicht verraten. Bei der heimischen Barista-Meistersch­aft hat er einen Drink aus vier Espressi (oder Espressos, wie Vargas auf Englisch sagt, immerhin will er sich von der italienisc­hen Kaffeetrad­ition abheben), je einer Reduktion aus Brombeere, Grapefruit und Litschi sowie PanelaZuck­er (der durch das Verkochen von Zuckerrohr­saft entsteht) kreiert.

Vargas hofft bei der WM in die zweite Runde zu kommen, also unter die ersten 16. „Die meisten WorldChamp­ions waren schon acht bis zehn Mal dabei, bevor sie Sieger wurden. In die zweite Runde zu kommen, wäre für mich schon wie ein Sieg.“Vielleicht sogar ein einfachere­r, als die Wiener von gutem Kaffee zu überzeugen. „Wien hat eine Kaffeehaus­tradition, aber leider keine Kaffeetrad­ition.“

Unter Zeitdruck müssen je vier exakt gleiche Kaffeegetr­änke zubereitet werden.

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Clemens Fabry Kalter Kaffee: Cold Brew (r.) und ein Kaffee-Cocktail.

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