Wort der Woche
BEGRIFFE DER WISSENSCHAFT
Eine indische Forschergruppe hat nun herausgearbeitet, dass der Großteil der Gewürze auch gesundheitliche Wirkungen hat – und zwar überwiegend positive.
Die Naturheilkunde lehrt, dass gewisse Pflanzen eine positive Wirkung gegen Krankheiten haben. Dieses alte Wissen wird durch die moderne Naturwissenschaft in vielen Fällen bestätigt. Der Mensch setzt Kräuter und andere Pflanzen freilich seit Jahrtausenden auch noch für einen zweiten Zweck ein: als Gewürze – die überdies vielfach auch die Haltbarkeit von Lebensmitteln verlängern; dieser doppelte Nutzen ist plausibel, denn Pflanzen bilden zur Abwehr von Schädlingen bestimmte Substanzen, die u. a. gegen Bakterien und Pilze wirken und gleichzeitig oft hocharomatisch sind.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie aus Indien legt nun einen weiteren möglichen Grund für den allgegenwärtigen Einsatz von Gewürzen nahe: Diese können nämlich, ähnlich Heilpflanzen, auch medizinische Wirkungen haben. Man kennt das z. B. von Thymian, der nicht nur gut zu Fleisch passt, sondern auch bei Erkältungen hilft. Oder von Salbei, der gegen Zahnfleischentzündungen wirkt.
Eine Forschergruppe um Ganesh Bagler konnte nachweisen, dass Thymian und Salbei keine Ausnahmen bilden, sondern die Regel sind. Dazu haben die Wissenschaftler die medizinische Datenbank Medline (mit 24 Mio. Artikeln aus 5600 wissenschaftlichen Zeitschriften) gezielt nach 188 Gewürzen aus aller Welt und 27 Krankheitskategorien durchforstet – eingesetzt wurden Methoden des maschinellen Lernens. Es zeigte sich, dass bei nicht weniger als 152 Gewürzen gesundheitliche Wirkungen belegt sind – und zwar sowohl positive als auch negative. Der höchste therapeutische Wert wird Knoblauch, Ingwer, Kurkuma, Süßholz/Lakritze, Ginkgo, Schwarzkümmel, Zimt und Safran zugemessen. Die Liste an negativen Gesundheitsfolgen (etwa Toxizität bei Überdosierung) wird von Süßholz, Ingwer, Bockshornklee, Ginkgo, Sonnenblume und Sellerie angeführt. Bei manchen Gewürzen sind also sowohl positive als auch negative Wirkungen bekannt – wobei bei 150 der 152 Gewürze der medizinische Nutzen gegenüber dem möglichen Schaden überwiegt (PLoS One, 29. 5.).
Mithilfe der Daten, welche Gewürze mit welchen gesundheitlichen Folgen verknüpft sind, wollen die Forscher nun einen Schritt weitergehen und gezielt die verschiedenen Gewürzmischungen analysieren, die für viele Küchen der Welt typisch sind: Sie wollen herausfinden, ob diese Mischungen vielleicht auch nach medizinischen Kategorien zusammengestellt wurden – und nicht ausschließlich nach dem Geschmack. Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.