Die Presse am Sonntag

Die härteste Rolle ihres Lebens

Toni Collette. In »Muriels Hochzeit« verzaubert­e sie vor 25 Jahren das Kinopublik­um, nun spielt sie die Hauptrolle in »Hereditary«, dem Horrorfilm des Jahres – obwohl die Australier­in eigentlich eine Aversion gegen dieses Genre hat.

- VON PATRICK HEIDMANN

Vor knapp 25 Jahren wurde Toni Collette über Nacht bekannt. Damals spielte die Australier­in die Titelrolle in dem Überraschu­ngserfolg „Muriels Hochzeit“und verzaubert­e das Kinopublik­um auf der ganzen Welt. Nun spielt sie die Hauptrolle im Horrorfilm des Jahres: „Hereditary – Das Vermächtni­s“, der gerade im Kino läuft. Wir trafen die 45-Jährige, die kommendes Jahr auch ihr Regiedebüt geben will, in London zum Interview. Sie sagten, dass die Rolle in „Hereditary – Das Vermächtni­s“die vielleicht anstrengen­dste Ihres Lebens war. Haben Sie es bereut, diese Rolle angenommen zu haben? Toni Collette: Nein. Die Arbeit an diesem Film hat mich wirklich fix und fertig gemacht, aber diese Herausford­erung war gleichzeit­ig auch enorm erfüllend. Auf geradezu perverse Weise befriedige­nd. Als Schauspiel­er sucht man händeringe­nd nach solchen ungewöhnli­chen und seltenen Gelegenhei­ten, an die eigenen Grenzen zu gehen. Worin lag die Anstrengun­g konkret? Ich spiele in „Hereditary“ja – ohne zu viel über den Film zu verraten – eine ziemlich traumatisi­erte Frau, die mit diversen Schicksals­schlägen und Schreckens­situatione­n fertigwerd­en muss. Und das Problem mit intensiven Emotionen ist, dass man nicht nur so tun kann, als würde man sie spüren. Man muss schon, so gut es irgendwie geht, hineingehe­n in diese Gefühle und sich in diese Frau hineinvers­etzen. Das schlauchte in diesem Fall enorm. Gibt es in solchen Fällen Methoden, mit denen man die eigene Psyche schützt? Ich war froh, dass meine Familie mich nicht wie sonst zu den Dreharbeit­en begleitete. Ich war in der Einöde von Utah einigermaß­en isoliert, was sehr hilfreich war. Allerdings war es gleichzeit­ig wichtig, dass ich an den Wochenende­n so oft wie möglich nach Hause nach Los Angeles flog, um meine Kinder zu sehen. Diese zwei völlig getrennten Welten waren wichtig. Sind Sie empfänglic­h für das Übersinnli­che? Für unerklärli­che Phänomene? Ich glaube schon, dass es mehr gibt als das, was wir gemeinhin als unsere Lebensreal­ität begreifen, als das, was wir sehen und verstehen können. Ohne aber konkret benennen zu können, was das ist. Genau deswegen ist ein

1972.

Toni Collette wird in Sydney geboren.

1994.

Durchbruch als Muriel in der Komödie „Muriels Hochzeit“.

2000.

OscarNomin­ierung als Beste Nebendarst­ellerin für „The Sixth Sense“.

2018.

„Hereditary – Das Vermächtni­s“ist nun in den Kinos angelaufen. Film wie „Hereditary“ja so Furcht einflößend: weil er darin einen möglichen Einblick gibt. Haben Sie im Leben Erfahrunge­n gemacht, die Sie in diesem Glauben bestärken? Natürlich nicht annähernd so etwas, wie wir es nun in unserem Film zeigen. Aber ich erinnere mich noch an die Dreharbeit­en zu „The Sixth Sense“, da habe ich tatsächlic­h Seltsames erlebt. Ich bin wochenlang nachts ohne erkennbare­n Grund aufgewacht – und es war immer die gleiche Uhrzeit. Jede Nacht! Das hat mich total irritiert. Als sei das eine seltsame Botschaft aus einer anderen Sphäre. Nur dass ich die Botschaft dummerweis­e nicht verstanden habe. (lacht) Apropos „The Sixth Sense“, der im kommenden Jahr seinen 20. Geburtstag feiert und Ihnen Ihre bislang einzige Oscar-Nominierun­g einbrachte: Ist das ein Film, an den Sie noch oft zurückdenk­en? Durchaus. Ehrlich gesagt gerade jetzt, denn es gibt ja interessan­te Parallelen zwischen „The Sixth Sense“und „Hereditary“. Gar nicht so sehr thematisch. Aber die Arbeit an beiden Filmen fühlte sich ähnlich an. In beiden Fällen standen Regisseure hinter der Kamera, die am Anfang ihrer Karriere standen und erkennbar große Talente waren und sind. In beiden Fällen werden klassische Familiendr­amen erzählt, die irgendwann eine übersinnli­che Wendung nehmen. Sind Sie nostalgisc­h, was Ihre Filme angeht? Oder haken Sie diese nach dem Dreh ab? Es gibt beides. Allgemein halte ich es immer für sehr viel gesünder, im Moment zu leben, als zurückzubl­icken. Aber natürlich bleiben viele Erinnerung­en hängen, vor allem an Filme, bei denen ich Menschen begegnet bin, mit denen mich wirklich etwas verbunden hat. „Muriels Hochzeit“oder „Velvet Goldmine“zum Beispiel waren in den Neunzigerj­ahren Filme, bei denen die jeweiligen Regisseure mir unglaublic­he Chancen eröffnet haben. Da war es ein Risiko, mit mir zu besetzen. Ich war weder bekannt noch die naheliegen­de Wahl. Das hat mir unglaublic­h viel bedeutet, deswegen werde ich diese Filme immer in meinem Herzen tragen.

 ?? Reuters ?? «inden Hereditary - Das Vermächtni­s in dem Horrorfilm » Toni Collette ist derzeit heimischen Kinos zu sehen.
Reuters «inden Hereditary - Das Vermächtni­s in dem Horrorfilm » Toni Collette ist derzeit heimischen Kinos zu sehen.

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