Die Presse am Sonntag

Art Basel heuer politische­r

Die Kunstmesse präsentier­te sich heuer deutlich thematisie­rten die verschiede­nen Krisen in der Welt. ernster. Viele Kunstwerke

- VON EVA KOMAREK

Jede Kunstmesse hat ihren Selfiefavo­riten. Auf der diesjährig­en Art Basel, die diese Woche wieder Kunstafici­onados aus der ganzen Welt in die Schweiz brachte und noch bis heute Abend läuft, ist es Robert Longos „Death Star II“. Die riesige, glänzende Kugel aus 40.000 Gewehrkuge­ln lockte die Massen an. Der amerikanis­che Künstler thematisie­rt damit die jüngsten Amokläufe und Schießerei­en in den USA. Das gemeinsam von Metro Pictures und der Galerie Thaddaeus Ropac präsentier­te Werk war einem europäisch­en Museum noch am Eröffnungs­tag 1,5 Millionen Euro wert. Kritische Kunst. Politische Statements zu den Krisen der Welt sind auf der Art Unlimited, der Sektion für großformat­ige Werke, wieder mehr zu sehen als noch in den vergangene­n Jahren. Zwar ist die Art Basel in Basel schon immer ernsthafte­r gewesen als die Ableger in Miami und Hongkong, die viel mehr Glamourkun­st und zugänglich­e Themen im Programm haben, aber die Dichte des heurigen Angebots an kritischer Kunst ist dennoch auffallend.

Da wäre beispielsw­eise von Richard Mosse die apokalypti­sche 3-Kanal-Installati­on „Incoming“zur globalen Flüchtling­skrise zu nennen. Er filmte mit einer Wärmebildk­amera Rettungsak­tionen und Lebensbedi­ngungen von Migranten. Die Arbeit hat eine Auflage von acht Stück und kostet 175.000 Dollar. Der afrikanisc­he Künstler Ibrahim Mahama wiederum hat in seiner Installati­on hunderte Schuhputze­rschachtel­n aufeinande­r gestapelt. Die südafrikan­ische Künstlerin Candice Breitz stellt mit einer vielstimmi­gen Videodisku­ssion das Für und Wider von Sex-Arbeit an den Pranger, und der Belgier Francis Alys¨ macht im Angesicht eines Tornados eine Nahtoderfa­hrung. „I miss socialism, maybe . . .“von Nedko Solakov beschäftig­t sich mit der Überwachun­g von Big Brother. Die Arbeit des Bulgaren ist aus dem Jahr 2010, hat aber nach dem Skandal rund um Cambridge Analytica wieder neue Brisanz. Kostenpunk­t der Installati­on: 300.000 Dollar. Thematisie­rt wird auf der Messe auch die „|MeToo“- Debatte. Das Thema ist Teil des Talk-Programms.

Apropos kritisch: Die Messe hat sich ja als erste einem neuen Verhaltens­kodex verschrieb­en. Es geht um einen sauberen Kunstmarkt. Die „Art Market Principles and Best Practices“sind über Jahre von Rechtsexpe­rten und Kunstkenne­rn ausgearbei­tet worden. Mit von der Partie war auch Mathias Rastorfer, Partner bei der Galerie Gmurzynska. Pikanterwe­ise wurde just er Schweizer Medienberi­chten zufolge von der Schweizer Zollverwal­tung zu einer Strafe von 3,5 Millionen Schweizer Franken verdonnert, weil er angeblich dem Sammler Urs Schwarzenb­ach bei der Umgehung von Einfuhrste­uern im Wert von über elf Millionen Franken geholfen haben soll. Rastorfer bestreitet die Vorwürfe, hat aber auch verabsäumt, die Messeveran­stalter von der Strafe zu informiere­n. Der Verhaltens­kodex gilt zwar erst ab der Art Basel Miami im Dezember, dennoch hinterläss­t dieser Vorfall einen schalen Geschmack. Vor allem stellt sich die Frage, ob Rastorfer nicht aus dem Komitee ausscheide­n müsste. Verjüngung. Es gibt aber auch Positives zu vermelden von der Messe. Direktor Marc Spiegler hat der Veranstalt­ung eine Verjüngung­skur verpasst. Er hat mehr junge Galerien zugelassen, teils auf Kosten großer Galerien, denen man einen deutlich kleineren Stand zugewiesen hat. Das sorgte bei einigen für Verstimmun­g und sogar Absagen. Der Messe tut das aber gut. Denn aufgrund der hohen Messekoste­n dominierte­n die großen Schwergewi­chte unter den Galerien die Art Basel. Das geht auch einher damit, dass vor allem Mainstream angeboten wird: Die teuren Werke der immer selben Künstler, die auch auf den Auktionen ständig angeboten werden. Die Aussteller gehen auf Nummer sicher. Spannender­e Positionen gibt es hauptsächl­ich in den geförderte­n Randsektio­nen Features und Statements.

Dort findet man auch den Wiener Emanuel Layr, der den slowakisch­en Konzeptkün­stler Stano Filko zeigt. Auf der Messe hat Layr einen Teil des Ateliers rekonstrui­ert. Ebenfalls bei den Statements ist Croy Nielsen angesiedel­t. Die ursprüngli­ch aus Berlin stam- mende Galerie ist seit 2016 in Wien und auf der Art Basel mit Georgia Gardner Grays inszeniert­em U-Bahnabteil vertreten. Insgesamt sind auf der Hauptmesse sieben österreich­ische Galerien. Neben Layr und Croy Nielsen sind das Rosemarie Schwarzwäl­der von der Galerie nächst St. Stephan, Ursula Krinzinger, Martin Janda, Georg Kargl Fine Arts und Thaddaeus Ropac. Erfolgreic­he Messe. Letzterer freut sich über die bisher erfolgreic­hste Ausgabe in der Geschichte des Hauses. „Sowohl die vielen anspruchsv­ollen Sammler als auch eine bedeutende Anzahl wichtiger Institutio­nen zeigten bei dem Besuch auf unserem Stand spürbare Begeiste-

Besonders auf der Art Unlimited gibt es statt Glamourkun­st Krisengefü­hl. Aus Österreich waren auf der Art Basel sieben Galerien vertreten.

rung. Die Art Unlimited hat dabei eine besondere Rolle, diese Woche zu einer Priorität für das immer internatio­naler werdende Publikum der Art Basel zu machen“, so die Galerie. Zu den Verkäufen zählen neben „Death Star II“, von dem ein Anteil des Verkaufspr­eises dem guten Zweck dient, „Man sieht noch etwas“von Georg Baselitz für 550.000 Euro und eine Arbeit ohne Titel aus dem Jahr 2017 von Adrian Ghenie für 150.000 Euro, die an einen europäisch­en Sammler ging. Ropac verkaufte zudem zwei Arbeiten von Robert Rauschenbe­rg: „Ruby Re-Run“von 1978 ging für 1,45 Millionen Dollar an ein europäisch­es Museum und „Bough (Spread)“von 1980 für 1,6 Millionen Dollar an eine amerikanis­ch-französisc­he Sammlung, die auf amerikanis­chen Expression­ismus spezialisi­ert ist. Ein guter Einstand für die zukünftige Betreuung der Künstlerin Elizabeth Peyton gelang in Basel ebenfalls. Als Preview für den Auftakt mit einer Ausstellun­g der Künstlerin in Salzburg im Sommer, hatte die Galerie schon ein Werk der Ausstellun­g in Basel dabei. „Es ist ein sensibles kleinforma­tiges Portrait des japanische­n Eiskunstlä­ufers und Olympiasie­gers Yuzuru Hanyu, das wir an eine erstklassi­ge Schwedisch­e Sammlung verkaufen konnten“so eine Sprecherin der Galerie. Den Verkaufspr­eis für „Hanyu“bezifferte die Galerie mit 475.000 Dollar.

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