Die Presse am Sonntag

Der Tierhalter und das Risiko

Schlau oder unnötig? In Österreich sind Kranken- und Unfallvers­icherungen für Haustiere auf dem Vormarsch.

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In Skandinavi­en und Großbritan­nien, wo sie vom Tierarzt vermittelt werden, sind sie gang und gäbe, hierzuland­e rar: Kranken- und Unfallvers­icherungen (nicht zu verwechsel­n mit Haftpflich­t!) für Haustiere.

Doch das ändert sich. Anbieter wie Helvetia oder Allianz verzeichne­n Zuwächse. Der typische Kunde wohnt in der Stadt oder im Speckgürte­l und hat einen Hund. Und das, obwohl es viel mehr Katzen gibt. Aber: „Hunde werden öfter krank“, sagt Robert Svoboda, Allianz-Marketing-Manager.

Auch Tierärzte bemerken den Trend. Der sich verstärken wird, wie Tierarztka­mmer-Präsident Kurt Frühwirth glaubt. Der Grund: „Die Kosten für die tiermedizi­nische Behandlung werden steigen. In der Tiermedizi­n wird heute ein humanmediz­inischer Standard nachgefrag­t. Herzklappe­n, onkologisc­he Behandlung, Prothesen – die Tierbesitz­er wollen das, was auch bei Menschen möglich ist.“Eine Pro- these kommt auf 2000 bis 3000 Euro. Grenzen setze aber oft weniger das Geld, eher die Ethik, so der Arzt. Er heißt Versicheru­ngen gut, auch weil bei einigen Tarifen Vorsorgeun­tersuchung­en inkludiert sind. Jedoch zweifelt er, ob der Trend zur Versicheru­ng in jenen Fällen, in denen Tierhalter­n das Geld für die Behandlung fehlt – der Tierarzt aber meist entgegenko­mme – viel bringt: „Denn diese Menschen leisten sich ja keine Versicheru­ng.“

Zumal die Tarife nicht billig sind, wie Gabi Kreindl, Versicheru­ngsexperti­n beim Verein für Konsumente­ninformati­on findet. Man müsse die Monatsrate­n (beim Hund 30 bis 40 Euro pro Monat) mit der Jahresdeck­elung (3000 bis 5000 Euro) vergleiche­n. Dazu komme ein zwanzigpro­zentiger Selbstbeha­lt. Auch gehe es nicht um ein „existenzbe­drohendes Ereignis“: „Die Frage ist, ob man das überhaupt versichern muss.“Bedenken muss man auch, dass der Versichere­r – an- ders als bei Zusatzvers­icherungen für Menschen – kündigen kann. Jedoch komme das, sagt Thomas Stellfeld, Produktman­ager beim (laut Eigenangab­en) Marktführe­r Helvetia selten vor. Üblich sind aber Ausschlüss­e. Vorerkrank­ungen oder – bei der Allianz – die Risken rassespezi­fischer Erbkrankhe­iten werden nicht abgedeckt.

Wie weit die Ängste der Tierhalter reichen, zeigt noch ein anderes Versicheru­ngsprodukt: Pet Guard: Für circa acht bis zehn Euro im Monat kann man für den Fall, dass das Tier entläuft, Suchhunde vom K9-Suchhundez­entrum in Anspruch nehmen. Und bei Krankheit – diesmal des Besitzers – wird das Tier versorgt. Wie man auf die Idee kommt, das zu versichern? Unter anderem durch eine Umfrage: Demnach gehört es „zu den größten Ängsten von Tierbesitz­ern, krank zu werden und sich nicht um das Tier kümmern zu können“, sagt Pet-Guard-Geschäftsf­ührer Jean-Francois Diet. uw

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