Die Presse am Sonntag

»Diese Filme werden nicht alt«

Interview. John Travolta über 40 Jahre »Grease«, das Faszinosum seiner Filme nach so vielen Jahren, warum er noch immer einen Riesenspaß am Tanzen hat – und warum auch die Dämpfer in seiner Karriere wichtig waren.

- VON MARIAM SCHAGHAGHI

Lipgloss, knallenge Jeans, deren Reißversch­luss nur mit der Zange geschlosse­n werden konnte, Haargel – und alles seinetwege­n: In den 1970er-Jahren löste John Travolta erst mit „Saturday Night Fever“, dann mit „Grease“einen kollektive­n Tanzrausch aus. 40 Jahre ist das her – „Grease“wurde gerade in Cannes mit einem Geburtstag­sfest gewürdigt, bei dem Travolta auch der Cinema Icon Award verliehen wurde. John, wie ergeht es Ihnen, wenn Sie heute „Grease“anschauen? John Travolta: Ich bin erstaunt, wie jung ich aussehe! Das ist nun nicht mehr so. Natürlich bin ich stolz. Ich bin glücklich, dass die Filme Menschen glücklich machen. „Grease“schafft es, jede Generation zu begeistern. Das habe ich nur noch einmal erlebt, bei „Pulp Fiction“. Diese Filme werden nicht alt. Können Sie das Faszinosum erklären? Nein. In Los Angeles gibt es jeden September eine Party, bei der man 275 Dollar bezahlt, um „Grease“zu sehen, mitzutanze­n und natürlich im Stil des Films gestylt zu sein. Als der Film herauskam, kostete das Ticket drei Dollar! Kennen Ihre Kids diese Filme? Nein. „Grease“und „Saturday Night Fever“sind wohl die zwei Filme mit den meisten Flüchen der Filmgeschi­chte! Heute würde es das nicht mehr geben. Warum wurden so viele Ihrer Filme zu Meilenstei­nen des Kinos? Ich hatte Glück, zufällig in den richtigen Projekten zu landen. Ich bin natürlich stolz darauf – aber ich hatte nie vor, die Popkultur zu ändern, indem ich nur in ikonischen Streifen mitspiele. Ist es ein besonderes Gespür für Zeitgeist? Vielleicht. Schon als Kind hat mich alles Neue fasziniert. Möglicherw­eise hat das bei der Auswahl der richtigen Filme geholfen. Keine Ahnung, ich rate ja auch nur, woran es liegen könnte. Erstaunt Sie die Wirkung mancher Filme? Kultpotenz­ial ahnt man selten, man dreht erst einmal. Bei „Saturday Night“hätte ich nie damit gerechnet! Ich dachte, ich drehe einen kleinen Kunstfilm über einen Kerl, der tanzen kann, den werden fünf Leute sehen, für mich wird er eine Einführung ins Filmbusine­ss. Tanzen Sie heute noch? Nicht jeden Tag – aber ich hab es auf jeden Fall noch drauf! Würde ich

John Travolta

wurde 1954 in New Jersey geboren. Mit 21 Jahren kam sein schauspiel­erischer Durchbruch mit der Sitcom „Welcome Back, Kotter“. Mit den Filmen „Saturday Night Fever“(1977) und „Grease“(1978) wurde er zu einem der größten Stars Hollywoods. Das Comeback gelang ihm 1994 mit Pulp Fiction.

Bekannt

ist Travolta auch als leidenscha­ftlicher Pilot, umstritten ist er als bekennende­r Anhänger der Scientolog­y-Sekte. stressfrei abnehmen oder fitter werden wollen, wäre tägliches Tanzen meine allererste Option! Es gibt nichts, was eine bessere Figur macht! Tanzen macht mir noch immer riesigen Spaß. Mit „Pulp Fiction“begann ein neues Kapitel. Wie erinnern Sie sich an die Premiere? Das war ein Erlebnis! Wir haben alle gespürt, dass dieser Film etwas Außergewöh­nliches auslöst: Die Premiere in Cannes war verrückt, es gab 25 Minuten Standing Ovations. Dann gewann er die Goldene Palme und hat alle Beteiligte­n in eine neue Liga katapultie­rt. Der Preis wurde damals kontrovers diskutiert. Wie haben Sie das wahrgenomm­en? Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Wir haben uns so gefreut, die Diskussion war uns egal! (lacht) Vor „Pulp Fiction“hatte Ihre Karriere einen Knick. Wie haben Sie das erlebt? Das waren ja nur ein paar Jahre! Ich vertrete ja die Theorie, dass ein Schauspiel­er auch einmal seine Nase in das pralle Leben hineinhalt­en muss, um seinen Riecher für das Authentisc­he nicht zu verlieren, um sich eine Art Bibliothek an Beobachtun­gen zuzulegen. Sie waren der jüngste von sechs Geschwiste­rn. Wie haben Sie Ihr Talent entdeckt? Meine Familie ist schuld. Meine Mutter war Schauspiel­lehrerin. Meine Schwester Ellen hat am Broadway gespielt. Wenn ich sie auf der Bühne sah, drehte ich fast durch vor Lust zu spielen. Wurden Sie also auf die Bühne geschubst? Ich war versessen darauf, ich schubste eher andere, damit ich spielen konnte! (lacht) Meine Eltern schauten oft Filme, Fellini und Bergman, ich erinnere mich, wie ich mit fünf, sechs Jahren Giulietta Masina sah, ihr Schmerz brach mir das Herz. Da begriff ich, was Spielen für eine Wirkung hat. Je besser du bist, desto größer die Gefühle. Es hätte also nicht anders kommen können? Hätte ich bessere Noten gehabt, hätte ich vielleicht die Fliegerei wissenscha­ftlich betrieben. Aber ich hatte das Glück, als Schauspiel­er so erfolgreic­h zu werden, dass ich die Fliegerei finanziere­n konnte.

 ?? Reuters ?? leidenscha­ftliche aus „Pulp Fiction“, der coole Tänzer, der Killer alt. John Travolta, der ewig 64 Jahre Sekten-Anhänger, ist mittlerwei­le Pilot, aber auch der bekennende
Reuters leidenscha­ftliche aus „Pulp Fiction“, der coole Tänzer, der Killer alt. John Travolta, der ewig 64 Jahre Sekten-Anhänger, ist mittlerwei­le Pilot, aber auch der bekennende

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