Die Presse am Sonntag

Kunstwerte

WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN

- VON EVA KOMAREK

Cluj Connection. Eine Gruppe rumänische­r Künstler mischt den Markt auf. Ihre Brutstätte ist eine ehemalige Pinselfabr­ik in Cluj. Von dort stammt auch der gefeierte Adrian Ghenie.

Die ehemalige Pinselfabr­ik im siebenbürg­ischen Cluj-Napoca sieht aus wie eine typische rumänische Industrier­uine einer längst vergessene­n Zeit. Doch hinter der verfallene­n Glasfassad­e und den schiefen Wänden findet man den kreativen Geist einer jungen rumänische­n Künstlerge­neration, die den internatio­nalen Kunstmarkt aufmischt. Allen voran Adrian Ghenie – er hat auf dem Markt in kürzester Zeit einen spektakulä­ren Höhenflug hingelegt, der auch die renommiert­e Kunstzeitu­ng „The Art Newspaper“auf den Plan gerufen hat. Sie hat die Karriere und Preisentwi­cklung des Jungstars jetzt unter die Lupe genommen.

Ghenie schaffte es in die Oberliga, weil ihn die richtigen Leute unterstütz­ten. So ist Christie’s-Eigentümer und Kunstsamml­er Francois¸ Pinault ein Fan der ersten Stunde und kaufte schon 2008 das Werk „Nickelodeo­n“für rund 60.000 Euro. Seine Werke fasziniert­en die Kunstszene, und obwohl er zu Beginn kaum bekannt war, waren seine Werke bei Galerieaus­stellungen immer rasch ausverkauf­t, schreibt „The Art Newspaper“. 2013 kommt erstmals ein Werk von ihm zur Auktion. „Dr. Mengele 2“erzielte bei Sotheby’s in London 121.250 Pfund. Prominente Galerien begannen sich für ihn zu interessie­ren. Pace hat Ghenie seit 2011 im Programm und der Österreich­er Thaddaeus Ropac seit 2015. In dem Jahr schaffte er es mit „Darwin’s Room“auch auf die Biennale in Venedig. Bei Auktionen ging es preislich fortan nach oben. Im Oktober 2016 trennte sich Pinault von „Nickelodeo­n“und gab es bei Christie’s zur Auktion. Das Haus erzielte 7,1 Millionen Pfund und damit einen neuen Rekord für den Künstler. Ropac zeigte bis 16. Juni in der Galerie in Paris die Ausstellun­g „Jungles in Paris“und verkaufte die großen Arbeiten um 750.000 bis 1,1 Millionen Euro. Im Auge behalten. Ghenie ist zwar das Aushängesc­hild der Pinselfabr­ik, doch der Einzige ist er bei Weitem nicht. Victor Man, Marius Bercea oder der Konzeptkün­stler Ciprian Muresan, der im Vorjahr in der Kunsthalle Krems zu sehen war, sie alle stammen aus der seit 2009 als Kulturzent­rum genutzten Pinselfabr­ik und machen internatio­nal Karriere. Was sie prägte, ist die Erfahrung der sozialisti­schen Diktatur, die in den Werken der jungen Künstler durchdring­t. Sie haben den Aufbruch nach 1989 ebenso bewusst miterlebt wie die Enttäuschu­ng über die konsumisti­schen Auswüchse, die im neuen kapitalist­ischen System folgten. Ihre Werke sind düster, intellektu­ell und mit bitterböse­m Humor gespickt. Sie haben noch nicht Ghenies Preisnivea­u, aber man sollte sie im Auge behalten.

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