Die Presse am Sonntag

Roadtrip an die Adria

- ZOE

In Ren´e Freunds Roman »Ans Meer« wird das Mittelmeer zu einem Sehnsuchts­ort, zu dem sich ein bunter Haufen unter der Regie des Busfahrers Anton aufmacht. Sein Leben verläuft in schnurgera­den Bahnen: Anton ist Buschauffe­ur und sammelt jeden Tag mit seinem klapprigen gelben Fahrzeug Kinder in den Dörfern ein, um sie in die nächste Stadt zur Schule zu bringen. Jeden Morgen ruft seine Mutter an, um ihn anzujammer­n. Und jeden Morgen macht sein Chef ihm das Leben schwer.

Da hilft Anton nur eines: Butterbrez­eln mit Knackwürst­en und Cola – diese Diät macht ihn zwar glücklich, schlägt sich aber auf seine Linie. Der einzige Lichtblick in seinem Leben ist Nachbarin Doris, in die er sich verliebt und die auch an ihm Gefallen findet. Über seinen Schatten springt er allerdings erst, als ihn die todkranke Carla um einen Gefallen bittet: Sie möchte noch einmal ans Meer, in die Bucht ihrer Kindheit. Anton kann nicht Nein sagen, guter Kerl, der er ist. Er kapert den Bus und nimmt einen bunten Haufen – sechs Personen und einen Hasen – mit auf die Reise. Und so beginnt eine „Roadstory“über den Brenner bis nach Triest, in der Anton über sich selbst hinauswäch­st.

Rene´ Freunds schmaler Roman ist ein Wohlfühlbu­ch mit Witz, das man in einem Zug lesen will. Jedes Mitglied der kleinen Reisegesel­lschaft hat sein Binkerl zu tragen, seine schlechten Erfahrunge­n und Träume. Alle haben ihr Motiv, warum sie es bis ans Meer schaffen wollen, auch wenn die Polizei ihnen auf den Fersen ist. Die Adria wird so zum individuel­len Sehnsuchts­ort. Der Weg dorthin ist für alle prägend. Es wäre keine leichte Sommerlekt­üre, würde sich am Ende nicht alles in Wohlgefall­en auflösen. Ren´e Freund: „Ans Meer“, Deuticke-Verlag, 144 Seiten, 16,50 Euro

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