Die Rehabilitierung des Frühstückseis
Das tägliche Ei soll aktuellen Studien zufolge gesünder sein als bisher angenommen – vor allem für die Herzgesundheit. Kritiker sprechen von einer verkürzten Darstellung der Ergebnisse. Wie viel Ei tut gut? Und wie schädlich ist Cholesterin nun wirklich?
Eierspeise, Schnitzelpanier, Apfelkuchen – Eier sind fixer Bestandteil der klassisch österreichischen Küche. Dennoch warnen Experten seit Jahren vor einem zu hohen Eikonsum. Der Grund: Eier enthalten viel Cholesterin. Ein hoher Cholesterinspiegel im Körper erhöht das Risiko für Herzkreislauferkrankungen, denn er kann zu Atherosklerose führen, im schlimmsten Fall zum Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Doch aktuelle Studien zeigen, dass Eier in der Vergangenheit eventuell zu Unrecht verpönt wurden. Einer chinesischen Langzeitstudie zufolge, die im Mai in der Fachzeitschrift „Heart“veröffentlicht wurde, könnte Eiern sogar eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben werden: Das britischchinesische Forscherteam um Liming Li von der Universität Peking untersuchte knapp neun Jahre lang etwa 461.000 gesunde Erwachsene, um herauszufinden, inwiefern sich eine Vorliebe für Eier auf ihre Herzgesundheit auswirkt. Das überraschende Ergebnis: Studienteilnehmer, die ein Ei pro Tag aßen, hatten ein deutlich geringeres Risiko für Herzkreislaufkrankheiten als Personen, die keine Eier konsumierten.
In Österreich gilt aktuell die Empfehlung, nicht mehr als drei Eier pro Woche zu verzehren – versteckte Eizugaben in etwa Nudeln, Mayonnaise und Gebäck sind da schon miteinberechnet. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), die bis voriges Jahr ebenfalls die gleiche Empfehlung aussprach, strich in den 2017 aktualisierten „Regeln für vollwertige Ernährung“bereits den Eierwarnhinweis. Steht das Hühnerei nun auch in Österreich kurz vor der Rehabilitierung? Cholesterin-Irrtum. Ein Hühnerei der Größe M enthält etwa 230 mg Cholesterin, ein gesunder Erwachsener sollte nicht mehr als 300 mg Cholesterin pro Tag zu sich nehmen. Aufgrund dieser hohen Cholesterinmenge wurden Eier in der Vergangenheit oft als Krankmacher bezeichnet, steht Cholesterin doch in engem Zusammenhang mit Herzkreislauferkrankungen, die in Österreich die häufigste Todesursache sind. „Man kann heute allerdings sagen, dass die Cholesterinerhöhung im Blut durch den Konsum von Nahrungsmitteln wie Eiern überschätzt wurde“, sagt Walter Speidl, Kardiologe an der Med-Uni Wien. Denn etwa 70 bis 80 Prozent des Cholesterins – ein Grundstoff für Hormone und Zellwände – produziert die Leber selbst, der Rest wird über die Nahrung aufgenommen. Auch wenn man gänzlich auf tierische Lebensmittel verzichtet, denn nur diese enthalten Cholesterin, wäre man ausreichend damit versorgt.
Die Gründe für einen erhöhten Cholesterinspiegel im Blut sind individuell unterschiedlich: „Es kann etwa eine polygenetische Veranlagung vorliegen, bei der die Leber zu viel Cholesterin produziert, im seltenen Fall einer familiären Hypercholesterinämie ist das hohe Cholesterin direkt vererbt – oder die Person zählt zu den sogenannten Hyperabsorbern“, erklärt Speidl. „Diese 15 bis 20 Prozent der Population nehmen das Nahrungscholesterin dreimal so gut auf wie der Durchschnitt.“Der Cholesterinspiegel ist jedoch nur ein Faktor, das kardiovaskuläre Risiko hängt auch vom Lebensstil ab, ob man Raucher ist, einen erhöhten Blutdruck hat oder übergewichtig ist. Dieses Risiko kann ärztlich abgeklärt werden. Das Gelbe vom Ei. Ungünstiger für die Blutfettwerte als das Nahrungscholesterin sind die gesättigten Fettsäuren. „Eier enthalten zwar viel Cholesterin, aber wenig gesättigte Fettsäuren. Vor diesem Hintergrund kann man daher in der Tat von einer Rehabilitierung des Eis sprechen“, sagt der Professor für Ernährungswissenschaften an der Uni Wien, Jürgen König. „Neben dem hochwertigen Eiweiß ist auch die Aminosäurezusammensetzung in der richtigen Menge vorhanden. Der Eidotter 1 = Freilandhaltung 2 = Bodenhaltung 3 = Käfighaltung (sie ist allerdings schon seit 2009 in Österreich verboten). 2. Danach folgt das Länderkürzel für das Herkunftsland (etwa AT für Österreich). 3. Die siebenstellige Zahl steht für den jeweiligen Betrieb, aus dem das Ei stammt (Betriebsnummer). 4. Eventuell ist auch das Mindesthaltbarkeitsdatum angeführt. Auf www.eierdatenbank.at gibt es für Konsumenten die Möglichkeit, den Erzeugercode einzugeben und nachzuprüfen, aus welchem Betrieb die Eier kommen. In Fertigprodukten mit Ei, etwa Nudeln oder Backwaren, sowie in der enthält viele Vitamine und, wenn auch in geringer Menge, die gesunden ungesättigten Fettsäuren. Eier haben eine hohe biologische Wertigkeit und sind aus verschiedenen Gründen ein sehr gutes Lebensmittel.“Sie wirken aufgrund ihres hohen Eiweißgehalts sehr sättigend. Für eine ausgewogene Ernährung sollte man allerdings darauf achten, die empfohlene Tagesmenge von 0,8 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag nicht zu übersteigen.
»Wir zahlen heute das Gleiche für ein Ei wie in den Fünfzigerjahren.«
Studienergebnisse, die Eiern einen lebensverlängernden Effekt zuschreiben, sind dennoch mit Vorsicht zu genießen, meint Speidl: „Die Forscher der aktuellen chinesischen Studie sind zu dem Schluss gekommen, dass Menschen ein niedrigeres Herzinfarktrisiko haben, die täglich ein Ei essen, als Menschen, die überhaupt nie Eier essen. Man kann jedoch die chinesischen Ernährungsgewohnheiten nicht auf jene in Europa umlegen. Es kann daher nicht der Schluss daraus gezogen werden, dass es gesünder ist, mehr Eier zu essen.“Welchen Einfluss diese Empfehlung für die Hühnereipro- Gastronomie besteht (noch) keine Kennzeichnungspflicht. Hier könnten auch Eier von Hühnern aus Käfighaltung verarbeitet sein, obwohl diese in Österreich seit 2009 und in der EU seit 2013 verboten sind. Welt-Ei-Tag im Oktober Jeden zweiten Freitag im Oktober wird seit 1996 der Welt-Ei-Tag in vielen Ländern der Welt veranstaltet, um auf das Ei als wertvolles Lebensmittel aufmerksam zu machen. In diesem Jahr ist es der 12. Oktober. Was nicht vielen bekannt sein dürfte: Der Tag ist eine österreichische Erfindung. Willi Kallhammer, der als Präsident der International Egg Commission den Welt-Ei-Kongress 1996 in Wien veranstaltete, hatte die Idee dazu.