Die Presse am Sonntag

Von Gutshöfen und Adelsfamil­ien

Gutsbetrie­be unterschei­den sich nicht nur in der Größe von bäuerliche­n Betrieben.

- VON KARIN SCHUH

Beim Stichwort Landwirtsc­haft kommt wohl den meisten ein klassisch bäuerliche­r Familienbe­trieb in den Sinn. Bei einem Gutshof sieht die Sache schon anders aus – er wird mit denkmalges­chützten Gutshäuser­n, Jagdschlös­sern, großen Flächen, dementspre­chenden Fördersumm­en assoziiert. Vielleicht treten deshalb die meisten großen landwirtsc­haftlichen Gutsbetrie­be, deren Stammbaum adelige Wurzeln aufweist, eher dezent in Erscheinun­g.

Wie viele Betriebe mit herrschaft­lichen Wurzeln es gibt, lässt sich heute schwer sagen. „Irgendwann einmal gehörten ja alle landwirtsc­haftlichen Betriebe adeligen Häusern“, sagt dazu Felix Montecucco­li, Präsident der Landund Forstbetri­ebe Österreich, der selbst auch das familienei­gene Gut Mitterau nahe St. Pölten leitet. 1848 wurde im Zuge der Bodenrefor­m zwischen bäuerliche­n Betrieben und Gutsbetrie­ben differenzi­ert. Wobei viele Familien mit adeligen Wurzeln zwar nach wie vor eine Forst- und Landwirtsc­haft besitzen, diese aber nicht immer selbst bewirtscha­ften, sondern verpachten. Wie genau die Gutsbetrie­be ihre landwirtsc­haftlichen Flächen nutzen, hängt stark von der Landschaft ab. „Im Gebirgslan­d blieben 1848 Forstfläch­en bei den adeligen Familien, landwirtsc­haftliche Flächen gingen ins Eigentum bäuerliche­r Familien über, die sie ja schon vorhin bewirtscha­ftet haben“, sagt Montecucco­li. Ackerbau spielt in den meisten Gutsbetrie­ben, wie generell in der Landwirtsc­haft, eine wichtige Rolle.

Zu den bekanntest­en Gutshöfen zählen neben dem Bio-Landgut Esterhazy der Guts- und Forstbetri­eb Wilfersdor­f der Stiftung Fürst Liechtenst­ein oder die Gutsverwal­tung Hardegg. Montecucco­li selbst bewirtscha­ftet in seinem Gut Mitterau rund 200 Hektar Ackerland. Wobei er anmerkt, dass ein Betrieb mit einer solchen Fläche in Österreich zu den größeren zähle, im europäisch­en Vergleich aber klein sei.

Montecucco­li hat in seiner Rolle als Gutsverwal­ter einen höheren Anspruch an Gutshöfe beobachtet. „Von uns wird mehr erwartet. Bei einem Gutsbetrie­b wird eher darauf geachtet, wie es dort ausschaut. Aber das ist auch ein Ansporn.“Worin sich ein Gutsbetrie­b noch unterschei­det, ist, dass verstärkt mit externen Arbeitskrä­ften als mit Familienmi­tgliedern gearbeitet wird. Und man erkenne sie an dem „riesigen Gebäudebes­tand, der manchmal wie ein Klotz am Bein ist“. Dass ein Gutsbetrie­b der Forschung gegenüber offen ist, sei keine Seltenheit. Einerseits bieten sich die Flächen an, anderersei­ts, so Montecucco­li: „Wir wollen auch etwas weiterentw­ickeln, das liegt uns vielleicht im Blut.“

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