»Da bleibt neben der Vollzeitarbeit ein Teilzeitleben«
Demos, Streiks, Wortgefechte: Das Arbeitszeitgesetz ließ die Wogen hochgehen. Aber was ändert es künftig für die Unternehmen? Und ihre Mitarbeiter? Auf der Suche nach Antworten in Hotels, auf dem Bau und in der Industrie.
Arbeiten, wo andere Urlaub machen. Den Spruch haben Generationen von Tourismuslehrlingen gehört. Aber im Fall von Zell am See passe er wirklich, sagt Heiko Schulze. Er deutet hoch zum weißen Gletscher: Im Winter geht er Ski fahren. Er deutet hinunter zum blau glitzernden See, der sich vor der Terrasse des Grand Hotel erstreckt: Im Sommer geht er schwimmen. „Aber der Mittelpunkt ist hier“, sagt er, und zeigt auf das noble Haus in seinem Rücken, in dem er seit März das Service leitet. Zum Schwimmen und Skifahren kommt Schulze nicht oft. Sein normaler Arbeitstag beginnt um zehn am Vormittag und endet um elf in der Nacht. Der Zwölf-Stunden-Tag, der am Donnerstag unter Protestrufen von Gewerkschaftern und SPÖ den Bundesrat passierte und damit endgültig beschlossen ist: „Der trifft auf mich zu, nicht auf meine Mitarbeiter“, betont Schulze. Er schaue, dass sein Team bei neun Stunden bleibe. Aber er selbst, er wollte immer weiterkommen. Dafür kniete er sich hinein. In den besten Häusern am Arlberg, in Saalbach-Hinterglemm und jetzt in Zell am See. Bei den Jungen, die bei ihm anfangen, sei das anders. Sie würden am ersten Arbeitstag nach ihrem gesetzlichen Urlaubsanspruch fragen. „Das erste, was sie in der Schule lernen, sind ihre Rechte. Ich komme ihnen dann mit den Pflichten.“
Von Pflichten spricht an diesem Julitag unter den Hoteliers und Tourismusvertretern der Region Zell am See – Kaprun keiner. Die Sonne strahlt auf den See. Die Gesichter der Köche, Kellner und Skilehrer strahlen aus der Werbemappe des Projekts Team4U. Die Salzburger Destination hat sich herausgeputzt. Sie wirbt nicht um Gäste, sondern um Mitarbeiter. Den Winter schloss man wieder mit einem achtprozentigen Buchungsplus ab, auch jetzt sind die Gastgärten und Straßen voll mit Touristen. Zugleich kommen zwölf arbeitslose Köche und Kellner auf 116 offene Stellen. Ein Dreivierteljahr lang entwickelten die Betriebe Konzepte, wie man die Menschen locken und vor allem binden kann: mit Rabatten bei den örtlichen Geschäften, mit attraktiven Jobangeboten, mit Fortbildungen und Abendveranstaltungen. Die Nächte werden kürzer. Das Wifo schätzt, dass österreichweit in fünf Jahren 36.000 zusätzliche Mitarbeiter im Tourismus gebraucht werden. Sie für die Branche zu begeistern, wird jetzt noch schwieriger, sagt Berend Tusch von der Gewerkschaft Vida. Wenn ab September die Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden steigt und im Tourismus die Ruhezeit von elf auf acht Stunden fällt, „ergibt das einen Giftcocktail. Da bleibt ein Teilzeitleben neben der Vollzeitarbeit übrig“. Bisher galten die kurzen Nächte zwischen letztem Cocktail und erstem Frühstücksgast nur für einen Teil der Saisonkräfte. „Unsere Branche wird die neuen Möglichkeiten zur Gänze ausnutzen, spätestens wenn es im Winter zu ersten Spitzen kommt.“
Das wird sie nicht, sagt PetraNocker-Schwarzenbacher. Auch die Tourismusobfrau ist zur Bewerbung der Region Zell am See – Kaprun angereist. Sie führt im nahen St. Johann im Pongau ein Hotel mit 30 Mitarbeitern. Nocker-Schwarzenbacher hat als Vertreterin der Arbeitgeber am Gesetz mitgearbeitet und ist zufrieden mit dem Resultat: „Wir können jetzt die Zeiten legalisieren, die bisher schon gearbei-