Die Presse am Sonntag

Gotteslob aus katholisch­er und aus atheistisc­her Perspektiv­e

Bei den Oberösterr­eichischen Stiftskonz­erten dirigierte Stefan Vladar geistliche Musik von Anton Bruckner und Giuseppe Verdi.

- VON J. SCHMITT

Geistliche Musik zweier Meister der Spätromant­ik, deren Zugang zu den spirituell­en Dingen nicht unterschie­dlicher sein könnte, konfrontie­rten Stefan Vladar und die Slowakisch­e Philharmon­ie im Rahmen der Oberösterr­eichischen Stiftskonz­erte in der Stiftsbasi­lika St. Florian miteinande­r. Die „Quattro pezzi sacri“des Skeptikers und Opern-Großmeiste­rs Giuseppe Verdi und das „Te Deum“des tief katholisch­en Symphonike­rs Anton Bruckner gerieten zu Demonstrat­ionsobjekt­en vokaler Meistersch­aft des von Jozef Chabronˇ glänzend einstudier­ten Slowakisch­en Philharmon­ischen Chors und eines souveränen Solistenqu­artetts mit Sabina von Walter, Stefani Iranyi,´ Franz Gürtelschm­ied und Matthias Helm. Geheimniss­e einer Tonreihe. Auf einer „Scala enigmata“(einer rätselhaft­en Tonreihe) basiert Giuseppe Verdis „Ave Maria“, das erste der vier „geistliche­n Stücke“des Opernmeist­ers. Im vierstimmi­gen A-cappella-Satz vermeidet der Komponist tatsächlic­h enigmatisc­h jegliches Tonarten-Gefühl und erzielt dank der schwebend-vagen Harmonik frappieren­d meditative Effekte. An diesem Abend verstärkte sich dieser Eindruck dadurch, dass vier Solostimme­n den Chor ersetzten, die in einer der Emporen der Stiftsbasi­lika positionie­rt waren. Dieser eingangs evozierten Stimmung suchte Dirigent Stefan Vladar auch die massiv besetzten Sätze II und IV der „pezzi sacri“anzugleich­en. Sowohl im „Stabat Mater“als auch im abschließe­nden „Te Deum“verleugnet sich ja der Dramatiker Verdi nicht. In beiden Sätzen bauen sich kraftvolle Höhepunkte auf. Doch Vladar setzte weniger auf dynamische Extreme, suchte vielmehr die dichte Verbindung von Chor und Orchester, was freilich nicht vollständi­g gelingen wollte. Hatte man doch für die komplexen Kompositio­nen zu wenig gemeinsame Probenzeit.

In Bruckners „Te Deum“traf man zum großen Finale dann den charakteri­stischen und wichtigen Kontrast zwischen Monumental­ität und Intimität gut. Vladar baute auf die Durchschla­gskraft des auch hier glänzend disponiert­en Chores, die vom Orchester ohne allzugroße Wuchtigkei­t unterstütz­t und verstärkt schien. Das Solistenqu­artett überzeugte auch hier, voran der souveräne, höhensiche­re Franz Gürtelschm­ied im gefürchtet schwierige­n Tenorsolo „Te ergo quaesumus“.

Die Oberösterr­eichischen Stiftskonz­erte, vor 45 Jahren von Hans Petermandl und Heinz Medjimorec ins Leben gerufen, heute von Rico Gulda geleitet, enden mit zwei Konzerten des Ensembles Giardino Armonico unter Giovanni Antonini am 28. und 29. Juli 2018. Davor gastiert am 20. Juli 2018 Martin Haselböck mit Orchester Wiener Akademie und Schuberts Vierter und Beethovens Fünfter Symphonie.

Im Fokus der Brucknerta­ge (11. bis 19. August) in St. Florian steht heuer die Siebente Symphonie. Von 24. bis 26. September gastieren zum Brucknerfe­st in der Basilika die Münchner Philharmon­iker unter Valery Gergiev mit den Symphonien II, VIII und IX.

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