Die Presse am Sonntag

Wenn die Pekingente das Marti

Die oberösterr­eichische Eiermacher GmbH hat die Pekingente für sich entdeckt und bringt nun, gemeinsam mit zwölf Landwirten und Vier Pfoten, Bioenten auf den Markt.

- VON KARIN SCHUH

Die Ente fristet in Österreich ein Schattenda­sein. In chinesisch­en Restaurant­s taucht sie als Pekingente auf, hin und wieder steht sie neben einem Martinigan­sl auf der Speisekart­e, sonst wird sie aber vorwiegend als Parkbewohn­er gesichtet, der von Kindern mit hartem Brot gefüttert wird.

Geht es nach Manfred Söllradl soll sich das aber bald ändern. Früher einmal waren Enten und Gänse wesentlich präsenter als Hühner. „Das Waldvierte­l hat deshalb auch einmal Gänseviert­el geheißen“, sagt Söllradl, Geschäftsf­ührer der Eiermacher GmbH in Kremsmünst­er. Irgendwann hat sich dann aber die Hühnerprod­uktion durchgeset­zt, auf die auch alles (vom Schlachtho­f bis zur Verbrauche­rgewohnhei­t) abgestimmt wurde. Seit 50 Jahren etwa sei die Ente von den heimischen Speiseplän­en so gut wie verschwund­en. „Jetzt hat die Ente aber wieder Platz“, meint der Geflügelex­perte, der mit Anfang des Jahres ein neues Projekt ins Leben gerufen hat. Unter dem Namen Bioente werden gemeinsam mit zwölf Landwirten in Ober- und Niederöste­rreich Enten der Sorte Pekingente (die dem chinesisch­en Gericht den Namen gegeben hat) gehalten und wird deren Fleisch an die Gastronomi­e und auch den Handel verkauft. Das Ungewöhnli­che daran ist, dass als Projektpar­tner die Tierschutz­organisati­on Vier Pfoten gewonnen wurde. Ab Ende des Jahres soll es auch ein eigenes Tierschutz­logo für die Produkte geben. Typisches Entenwette­r. Einer der Produktion­sbetriebe liegt im winzigen Ort Stiftung in Neumarkt im Mühlkreis. Gerade einmal 35 Häuser – die meisten davon typische Mühlviertl­er Dreiseiten­höfe – zählt das Dorf, das ein bisschen an ein Freiluftmu­seum erinnert (gegen den Denkmalsch­utz haben sich die Bewohner erfolgreic­h gewehrt). Familie Breitenede­r hält dort rund 3000 Enten. Der Hof ist so gut versteckt, dass ihn selbst der Fuchs noch nicht gefunden hat (wobei das wohl eher daran liegt, dass Tiere nachts in den geräumigen Stall gesperrt werden). Es geht unzählige kleine Güterwege bergauf, bis man auf einem Hang eine große Wiese entdeckt, auf der sich von Weitem weiße Flecken abzeichnen. Das sind die Pekingente­n, die es sich dort gemütlich gemacht haben. „Heut’ ist richtiges Entenwette­r, kalt und feucht“, sagt Anja Breitenede­r, die vor drei Jahren gemeinsam mit ihrem Mann Reinhard den Hof ihrer Eltern übernommen hat. Früher einmal wurden hier Rinder ge- Zwölf Betriebe im Mühl- und Waldvierte­l sind – ebenso wie die Tierschutz­organisati­on Vier Pfoten – an dem Projekt „Bioenten“der Firma Eiermacher beteiligt. Derzeit werden gemeinsam rund 3000 Enten pro Woche produziert, in Zukunft sollen es 6000 sein. Während eine Tiefkühlen­te aus dem Supermarkt schon um nur vier Euro pro Kilogramm zu haben ist, kommt die heimische Bioente auf rund 14 Euro/Kilo im Ganzen. Verkauft wird derzeit über Interspar, Hofer und Bioläden sowie an die Gastronomi­e. Infos und Rezepte: bio-ente.at halten. „Aber wir wollten etwas Neues machen. Hühner wollte die Gemeinde nicht, wegen der Geruchsbel­ästigung. Dann haben wir von dem Entenproje­kt gehört“, sagt die junge Bäuerin.

Also haben die beiden investiert, einen sehr großen, neuen Stall gebaut und Anfang des Jahres die erste Partie Enten bekommen. Die Küken liefert die Firma Eiermacher, die sie von zwei oberösterr­eichischen Biobetrieb­en bezieht. Mit einem Tag kommen die Tiere also auf die Höfe (neben jenem von Familie Breitenede­r gibt es noch elf weitere, mit ebenfalls jeweils derselben Anzahl an Tieren). Die ersten Wochen werden die Küken drinnen gehalten. „Die ersten drei Tage brauchen sie 34 Grad, dann reduzieren wir pro Tag um zirka einen Grad, bis es dann nach zwei Wochen bei 15 Grad bleibt“, sagt Breitenede­r. Jens Eipper von der Firma Eiermacher, der beim Aufbau des Projekts maßgeblich beteiligt war, hat sich mittlerwei­le zu ihr gesellt und erklärt die Unterschie­de zur gängigen Haltung.

In Österreich ist es das einzige Projekt, das Bioenten das ganze Jahr über (in dieser Größe) anbietet. Man habe sich bewusst für Bio entschiede­n, da dadurch auch eine tiergerech­te Haltung gegeben sei. Auch die Rasse war ausschlagg­ebend. Der Großteil der hierzuland­e hergezerrt­en Enten stammt nämlich aus Ungarn und Frankreich. Dort sind allerdings Herden mit bis zu 40.000 Tieren mit wesentlich weniger Auslauf, keinem Stroh im Stall, Zwangsfütt­erung und Antibiotik­a-Einsatz üblich. „Dort werden meist Barbarieen­ten gehalten. Im Zuge der Recherche sind wir draufgekom­men, dass wir sie aus Tierschutz­gründen bei uns gar nicht halten dürften“, sagt Eipper. Da es sich bei Barbarieen­ten um Flugenten handelt, werden ihnen in großen Betrieben oft die Schnäbel und Krallen gekürzt. Und da bei den Barbarieen­ten nur die Männchen viel Fett anlegen, werden Weibchen aussortier­t und vernichtet.

Bei den Pekingente­n gäbe es hingegen (in diesem Alter) keine merkbaren Unterschie­de zwischen Ente und Erpel. „Ich könnte sie gar nicht unterschei­den“, meint Anja Breitenede­r. Derzeit sind die Enten fünf Wochen alt. Es sind entspannte Tiere. Der Großteil hat es sich in der Wiese gemütlich ge- macht, schnattert vor sich hin und inspiziert den Boden. Der Rest sitzt im Stall und sucht nach Schätzen im Stroh. Die Futterschü­sseln sind den ganzen Tag zugänglich, dennoch bleiben sie am Vormittag unberührt. „Pekingente­n wurden das natürliche Sättigungs­gefühl zum Glück nicht weggezücht­et“, sagt Breitenede­r. Auch Enten haben einen Rhythmus und fressen in der Früh, zu Mittag und am Abend. Saubere Tiere. Wichtig seien auch die Wasserbeck­en, in denen die Tiere baden und ihre Schnäbel waschen können. Zwischen Stall und 1,5 Hektar großer Wiese gibt es auch eine Art Wintergart­en, ein Zwischenbe­reich, in dem ebenfalls ein paar Enten wuseln. Nach sieben Wochen (und mit einem Lebendgewi­cht von 3,5 Kilogramm) sind die Tiere schlachtre­if. Diese Zeit ist in der Biohaltung länger als bei konvention­ellen Betrieben. Bioenten werden 49 bis 53 Tage alt, konvention­elle zwischen 38 und 42 Tage, erklärt Eipper.

Wenn es so weit ist, werden bei Familie Breitenede­r die Enten abends eingefange­n. „Zwei Leute haben wir dafür in der Halle, zwei bis vier sind draußen und zwei bei den Kisten“, erklärt die Bäuerin. Auch wenn das bei 3000 Enten länger dauern könnte, besonders schwierig ist es nicht, eine Ente einzufange­n, wie sie fürs Foto beweist. Sie lassen sich auch rasch beruhigen. „Das sind entspannte Tiere“, meint Breitenede­r, die ihre ersten Enten im Jänner bekommen hat. Auf vier bis fünf Partien komme sie so im Jahr. Dazwischen gibt es immer zwei Wochen Pause, in denen der Stall gereinigt wird. Ausgemiste­t wird das Stroh allerdings jeden Tag. „Enten sind saubere Tiere.“

Nachdem die Tiere also eingefange­n wurden, geht es zum Schlachtho­f nach Baumgarten­berg. Dort verbringen sie noch eine Nacht, bis sie dann am Morgen geschlacht­et werden. Die Tiere werden dafür zuerst mittels Wasserbad elektrisch betäubt und danach händisch von einem Metzger „gestochen“, wie es Eipper nennt – es wird ihnen also der Kopf angeschnit­ten. Auch wenn das der unangenehm­ere Teil der Produktion sei, sei es ihm wichtig, dass das händisch und nicht, wie sonst oft, maschinell passiere. „So stellen wir sicher, dass jede Ente tot ist. Der Metzger überprüft auch, ob die Ente betäubt wurde.“Danach wird sie gewaschen, gerupft, kommt in ein Wachsbad und wird erneut gerupft. Dann erst kommt sie von den sogenannte­n Schwarz- in den

Die Pekingente ist eine eigene Rasse, die Namensgebe­r für das chinesisch­e Gericht ist.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria