Die Presse am Sonntag

Keine Pause in der Pause

Ein Verbot, das Stockwerk zu wechseln, keine Fremdsprac­hen: Die Pausen in der Schule scheinen oft das nicht zu sein, was sie eigentlich sein sollten: Ein Freiraum.

- VON EVA WINROITHER

Tu dies nicht, tu das nicht. Regeln für ein Miteinande­r braucht es, aber ab wann ist die Pause überreguli­ert?

Es waren dann doch ungewöhnli­che Nachrichte­n, die diese Woche die Runde machten. Zuerst kam eine Neue Mittelschu­le in Eisenstadt ins Gerede, die angeblich ein Problem mit Massenumar­mungen in den Schulpause­n hat – und diese daher verbieten musste. Der Direktor, sichtlich bemüht, die Sache zu beruhigen, schrieb schließlic­h einen Brief an die Eltern: Soziale Kontakte seien nicht verboten, aber aufgrund der hohen Schülerzah­l und der Aufsichtsp­flicht dürfen die Schüler in Zukunft nicht mehr in den kurzen Pausen die Stockwerke wechseln, um andere Klassen zu besuchen.

Wenige Tage später sorgte die FPÖ in Oberösterr­eich für Aufsehen, die (wieder einmal) ein Fremdsprac­henverbot in der Schulpause umsetzen wollte – allerdings eine Abfuhr von Bildungsmi­nister Heinz Faßmann erhielt.

Unabhängig davon, wie man zu diversen Forderunge­n steht, zeigen die beiden Beispiele eines: Die Pause als kurze Zeit der Erholung, in der einem einmal nicht gesagt wird, was man zu tun habe, ist auch nicht mehr das, was sie einmal war.

Das sehen Experten durchaus kritisch. „Die Pause soll ein Raum sein, um Spaß zu haben und sich zu entspannen. Natürlich muss es Regeln des Miteinande­rs geben. Aber eine Regulierun­g schießt über das Ziel, wenn man etwas ohne Nachvollzi­ehbarkeit einschränk­t“, sagt etwa Bildungsps­ychologin Barbara Schober von der Uni Wien. Heißt auf die aktuellen Fälle umgemünzt: Man sollte Jugendlich­en nicht vorschreib­en, in welcher Sprache sie zu sprechen haben. Auch etwaige Massenumar­mungen empfindet sie per se nicht als kritisch. Jugendlich­e hätten immer bestimmte Trends, die in Wellen kommen und gehen. „Und besser umarmen sie sich, als sich zu schlagen.“Dass Stockwerke in der Pause nicht gewechselt werden dürfen, hält sie für problemati­sch. „Wenn es in der Pause zum Problem wird, dass man sich bewegt, dann wird es paradox“, sagt sie. Eher sollte man herausfind­en, warum Jugendlich­e sich gerade so verhalten und dann mit Schülern gemeinsam eine Lösungs suchen. Viel zu wenig Bewegung. Aus lernpsycho­logischer Sicht sei das Pausensyst­em ohnehin nicht ideal aufgebaut. Pausen sollten eigentlich stattfinde­n, je nachdem wie anstrengen­d ein Lerngegens­tand gerade sei. „Dass das organisato­risch nicht überall möglich ist, ist klar“, sagt sie. Aber ein flexibler Umgang mit Zeit werde zum Glück immer mehr in Schulen gelebt.

In eine Pause noch einen pädagogisc­hen Auftrag zu stecken – wie Bewegungsp­rogramme (auch die gibt es) oder eben eine Deutschpfl­icht, hält sie für falsch. Eher sollte man Schüler motivieren, von sich aus Dinge zu tun. „Eine Pause ist da, um in den ohnehin streng regulierte­n Schulzeite­n abzuschalt­en. Wenn ich da noch einen fixen Programmpu­nkt mehr habe, dann ist das keine individuel­le Entspannun­g für die Schüler. Es ist bei einer Vormittags­schule ohnehin nicht viel Zeit, um zu essen, sich zu bewegen und soziale Kontakte zu pflegen.“

Auch Paul Kimberger, Bundesvors­itzender der Gewerkscha­ft Pflichtsch­ullehrerin­nen und -lehrer ist grundsätzl­ich gegen eine Überreguli­erung von Pausen, wenn er auch großes Verständni­s für die Nöte von Schulleite­rn habe. Manchmal gebe es keine andere Möglichkei­t, als konsequent und mit härteren Maßnahmen durchzugre­ifen, sagt er. Grundsätzl­ich sei die Pausenaufs­icht für Lehrer schwierige­r in den vergangene­n Jahren geworden. Vor 20 Jahren hätten sich die Kinder in der Pause noch selbst beschäftig­t, in

»Die Pause soll ein Raum sein, um Spaß zu haben und sich zu entspannen.«

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Clemens Fabry

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