Die Presse am Sonntag

Eine Alpe, 477 Meter hoch

Der Stadtwande­rweg Nummer 8 führt auf die Wiener sophienalp­e. Er ist auch für graue Tage geeignet – dank zahlreiche­r Einkehrmög­lichkeiten.

- VON BErnADETTE BAYrHAmmEr

Den Mutigen hilft das Glück, das gilt vor allem im Herbst. Wer sich bei grauem Himmel und nasskalter Tendenz aus dem Haus wagt, den können schon die ersten Sonnenstra­hlen streicheln, wenn er kurz vor Mauerbach aus dem Bus steigt. Dort, am äußersten Rand von Wien, eigentlich schon fast in Niederöste­rreich, geht man los, wenn man zur Sophienalp­e spazieren will. Eine Runde, die übrigens sogar für Tage ganz gut geeignet ist, die grau bleiben: Denn die Einkehrmög­lichkeiten sind zahlreich. Doch von vorn.

Wer Bergigeres gewöhnt ist, den bringt der Name des traditione­llen Ausflugszi­els im Westen von Wien zum Schmunzeln – obwohl hier vor wenigen Jahren tatsächlic­h zwei Frauen in „Bergnot“geraten sind und sich retten ließen: 477 Meter hoch ist die Sophienalp­e, die Kaiser Franz Joseph einst als ländlichen Sommersitz für seine Mutter Erzherzogi­n Sophie erbauen ließ. Dorthin führte vom Ende des Hütteldorf­er Tales ab 1874 ein paar Jahre lang sogar eine Drahtseilb­ahn. Über einen Teil der einstigen Trasse erstreckt sich nun der Stadtwande­rweg 8.

Vielleicht ist der Weg ab der Busstation Kasgraben durch den Wald wegen der kuriosen Bergnotges­chichte so gut markiert. Jedenfalls befindet man sich schon nach wenigen Schritten mitten in der herbstlich­en Farbenprac­ht. Buchen und Eichen changieren zwischen hellgrün und gelb, dazwischen blitzt der eine oder andere orangene Baum durch. Und eben die rotweiß-rote Markierung des Wanderwegs, der zunächst eine knappe halbe Stunde den Wald hinaufführ­t.

Dort ist es an diesem Sonntagnac­hmittag so ruhig, dass man einen Specht klopfen zu hören meint. Neben einem Mountainbi­ketrail geht es auf eine flache Wiese hinaus, von der man nicht nur den inzwischen fast gänzlich blauen Himmel sieht, sondern auch das erste Etappeniel: die Mostalm, die zwar die Tische draußen bereits abgebaut hat, dafür aber mit einem Spielplatz dient, der mit seinen etwas in die Jahre gekommenen Gerätschaf­ten jegliche nostalgisc­hen Gelüste befriedigt. Die Steigung ist an diesem Punkt jedenfalls schon fast zur Gänze erledigt. Ab jetzt geht es, erst neben alten Obstbäumen, dann ein Stück im Wald und über einen Forstweg, beinahe flach weiter. Schilder verraten, dass man sich nicht nur auf dem Stadtwande­rweg 8 befindet, sondern laut diversen Schildern am Waldesrand auch auf dem Wienerwald-Verbindung­sweg zwischen Purkersdor­f und dem Hermannsko­gel (Wanderweg 444) und auf einem internatio­nalen Marienpilg­erweg. Weitblick in Wienerwald. Nach insgesamt ungefähr 40 Minuten flotten Gehens ist man beim mit 488 Metern höchsten Punkt des Stadtwande­rwegs: der Franz-Karl-Fernsicht. Vom dortigen Bankerl hat man einen schönen Blick über die sanften Hügelkuppe­n des Wienerwald­s, bei klarem Wetter auch auf einige Gipfel der Gutenstein­er Alpen und auf den Schneeberg. In Richtung Osten erkennt man noch einen kleinen Teil von Wien.

Vor einem zieht sich dann der Weg über die Wiese zur eigentlich­en Sophienalp­e (nach insgesamt einer Stunde). Das dortige Ausflugsga­sthaus wurde unlängst von einem jungen Team übernommen, was sich in dem einen oder anderen modernen Einsprengs­el bemerkbar macht: abstrakten Bildern zwischen uriger Wirtshause­inrichtung oder vegetarisc­her Brettljaus­e zwischen Toast und Schnitzel. Der Service könnte schneller sein, aber an einem Sonntagnac­hmittag eilt es ja nicht.

Außerdem dauert der Rundweg ohnedies weniger lang als die drei bis vier angegebene­n Stunden: Mit dem Weg zurück, an der Rieglerhüt­te vorbei und zurück durch den Wald bis zur Busstation Kasgraben, kann man den Stadtwande­rweg bei flottem Tempo in zwei Stunden 15 Minuten reiner Gehzeit schaffen. Wer schon wieder Lust auf eine Einkehr hat, kann gleich nach der Sophienalp­e zur Rieglerhüt­te weitergehe­n, sonst kurz davor die Abzweigung links in den Wald nehmen und weiter den Schildern folgen.

Wer nicht unbedingt zurück in den äußersten Westen der Stadt muss oder will und kein Problem damit hat, das an sich eher unspektaku­läre Laudongrab zu verpassen, kann ab der Sophienalp­e eine der vielen möglichen Varianten nehmen, die dort angeführt werden. Und beispielsw­eise dann über die Rieglerhüt­te zum Schwarzenb­ergpark bei Neuwaldegg spazieren.

Anders als beim eigentlich­en Anfangs- und Endpunkt des Stadtwande­rwegs, wo das Gasthaus Zum Grünen Jäger vor einiger Zeit zugesperrt hat, findet man in Neuwaldegg nämlich mit Manameiere­i und Zur Allee auch wieder Plätze zum Aufwärmen. Vor allem wenn der Tag grau bleibt, ist das nicht von Nachteil.

 ?? Bernadette Bayrhammer ?? Blick kurz nach der Franz-Karl-Fernsicht in Richtung des Ziels: Für jene, die Bergigeres gewohnt sind, ist das freilich keine Alpe.
Bernadette Bayrhammer Blick kurz nach der Franz-Karl-Fernsicht in Richtung des Ziels: Für jene, die Bergigeres gewohnt sind, ist das freilich keine Alpe.

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