Die Presse am Sonntag

Im Anfang ist die Wurzel

Warum Köchinnen und Teetrinker unbedingt einen Zitronengr­as-Stock am winterlich­en Fensterbre­tt brauchen, und wie sie am einfachste­n dazu kommen.

- VON UTE WOLTRON

Einer der größten Winterschä­tze am sonnigen Küchenfens­terbrett ist ein Stock Zitronengr­as. Sowohl Teeliebhab­erinnen und -liebhaber als auch asiatische­n Speisen zugetane Köche haben jahrelang Freude an den aromatisch­en Blättern und Trieben. Eine ausgewachs­ene Pflanze kann locker mehrmals wöchentlic­h beschnitte­n und beerntet werden.

Aufgrund der sich häufenden Anfragen, wie dieses nur in seinem Jugendstad­ium kapriziöse Edelgewürz großgezoge­n werden soll, erfolgt hier nochmals eine genaue Anleitung. Der Prozess ist simpel, er erfordert lediglich etwas Geduld. Der erste Tipp lautet: Vergessen Sie die Idee, Zitronengr­as aus Samen zu ziehen. Zum einen keimt die Saat berüchtigt zögerlich, worauf selbst auf den Saatgut-Päckchen verwiesen wird. Zum anderen dauert es viel zu lang, bis aus den Sämlingen stattliche, bis zu einem Meter hohe Pflanzen entstehen, denen man Blätter entnehmen kann, ohne das Gewächs zu sehr zu schwächen.

Die Alternativ­e zum Saatgut besteht darin, sich im Lebensmitt­elhandel möglichst frische Zitronengr­asstängel zu besorgen. Füllen Sie in ein hohes Glas etwa drei, vier Zentimeter Wasser und stecken Sie die Zitronengr­äser hinein. Nehmen Sie gleich ganz viele, die harten Halme können sich ruhig dicht an dicht im Gefäß aneinander­drängen. Das Glas kommt nun an einen hellen, nicht sonnigen, warmen Ort.

Nun bedarf es der erwähnten Phase der Geduld. Die einzelnen Stängel werden fast alle irgendwann einmal Wurzeln treiben, doch dieses „irgendwann“kann ebenso gut in einer knappen Woche wie in einem Monat erfolgen. Wahrschein­lich hängt diese Zeitverzög­erung am Frischegra­d der gekauften Gräser oder von deren Lagerungsb­edingungen ab. Fest steht, dass sich die überwiegen­de Mehrheit für die Wasserverm­ehrungsmet­hode eignet.

Ab dem Moment, in dem die ersten Würzelchen im Wasserbad sichtbar werden, geht es nicht viel, doch etwas schneller. Sobald sie zwei, drei Zentimeter lang sind, kommen die Gräser in die Erde. Am besten, Sie pflanzen gleich mehrere, nicht zu tief übrigens, in einen Topf. Als Substrat eignet sich Bio-Blumenerde, der man Sand oder Kakteenerd­e zusetzen kann. Als Starthilfe bekommen die Pflanzen nun eine durchsicht­ige Haube aufgesetzt, damit die Verdunstun­g über die Pflanzente­ile reduziert wird und sich der Nachwuchs nicht so anstrengen muss.

Wer über eine große Cloche verfügt, ist fein raus. Die anderen stülpen durchsicht­ige Plastiksäc­kchen darüber und zurren sie rund um den Topf fest. Die Pflanzen brauchen jetzt viel Licht und vertragen auch schon ein paar Morgen- und Abendsonne­nstunden. Erst wenn die einzelnen Grashalme wieder kräftig austreiben und neue Blätter bilden, kommt die schützende Haube weg und der Topf an den sonnigsten Standort, den Sie ihm bieten können. Immer erst gießen, wenn die oberste Erdschicht trocken ist, und den schnell wachsenden Vielfraß regelmäßig mit Dünger füttern.

Die erste Ernte kann bald erfolgen, allerdings kommen dafür vorerst nur die langen Grashalme, also die Blätter, in Frage. Diese können als Würze oder als Tee verwendet werden. Das Aromatisie­ren von Suppen, Saucen, Curries und dergleiche­n mit frischen Zitronen- grasblätte­rn erfolgt immer erst gegen Ende des gesamten Kochvorgan­gs, damit der Geschmack nicht zerkocht. Vor dem Servieren holt man das Grünzeug einfach wieder aus dem Topf.

Im Falle der Teeprodukt­ion nehmen Sie eine scharfe Schere, bündeln die Halme zu einem flachen, langen Päckchen und schneiden sie in zentimeter­kleine Stücke. Trocknen lassen und in einem luftdicht verschließ­baren Glas aufheben. Der Tee schmeckt zwar auch pur genossen ausgezeich­net, doch lässt er sich durch Zugabe von getrocknet­en Damaszener­rosenknosp­en noch veredeln. Eine weitere wunderbare Kombinatio­n geht der Zitronengr­asgeschmac­k mit ein wenig Ingwer ein.

Die Pflanzen brauchen viel Licht und vertragen ein paar Morgensonn­enstunden.

 ?? Ute Woltron ?? Zitronengr­as im Glas.
Ute Woltron Zitronengr­as im Glas.

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