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INFORMATIONEN FÜR ZEITGENOSSEN, DIE AUF IHR GELD SCHAUEN
Mutig, wie zielstrebig die Wiener Biotechfirma Marinomed vorgeht! Während andernorts Unternehmen – aufgrund des labilen Marktes, aber auch manch überhöhter Selbsteinschätzung – ihren Börsengang wieder auf Eis gelegt haben, hat Marinomed erklärt, den ihren am 4. Dezember zu vollziehen. Gut für Marinomed und für Österreich, dessen Kapitalmarkt viele solche Initiativen bräuchte. Für den Kleinanleger aber ist der Schritt vorerst einmal wenig relevant.
Denn zum einen ist er aufgrund des branchenspezifisch großen Risikos gar nicht das Zielpublikum. Zum anderen ist er generell gut beraten, sich einen Börsengang zuerst einmal von der Seitenlinie aus anzusehen, bis sich die Aktie auf dem Markt positioniert und eine klarere Richtung findet. Der letzte österreichische Börsengang – der Bawag – vor einem Jahr sollte diesbezüglich eine Lehre sein und den Rat bestätigen: Die Aktie notiert immer noch deutlich unter dem Ausgabepreis.
Der Kleinanleger hat im Verein mit den Großen derzeit ohnehin andere Sorgen. Alle zusammen nämlich können sich auch weiter keinen rechten Reim darauf machen, wie es mit den paar notorischen wirtschafts- und börsenbelastenden Faktoren weitergeht: Derzeit hat der Brexit wieder die größte Aufmerksamkeit – schließlich ist unklar, wie groß die Rebellion im Kabinett von Premierministerin Theresa May wird, und ob es gar zu einem Putsch ihrer Parlamentsfraktion kommt. Stimmt das Parlament dem ausgehandelten Abkommen nicht zu, werden auch die Börsen abermals gebeutelt werden.
Vor diesem Hintergrund wird fast übersehen, dass Italiens Staatsschuldenproblem, aufgrund dessen Brüssel diese Woche ein Defizitverfahren einleiten könnte, zu einer europäischen Schuldenkrise führen könnte. Und was aus dem US-chinesischen Handelskonflikt wird ist ohnehin Kaffeesudlesen.
Alle drei Faktoren bergen Potenzial, einen weiteren Kursrutsch an den Börsen auszulösen. Gleichzeitig freilich können sie diese bei gutem Ausgang auch entfesseln. Die Anleger hoffen ja noch trotz labilem Umfeld darauf, dass die berühmte Jahresendrallye auch heuer noch eintritt. Denn was bisher im sonst meist erfreulichen November zu sehen war, beschränkt sich nur auf eine kurze Erholungsrallye nach dem desaströsen Oktober, die aber auch schon wieder vorbei ist. Die Chance auf einen Jahresendspurt ist da, zumal die Konjunktur ja noch gut läuft, die Politik fast aller Notenbanken expansiv bleibt und die für Dezember in den USA anstehende Zinserhöhung allmählich doch eingepreist ist. Der Mangel an einträglichen Anlagealternativen macht Aktien weiterhin attraktiv. Aber darauf wetten, dass sie vor dem Jahresende noch abheben, würden wir nicht.
Eines der Gebote der Stunde muss daher sein, das Depot auf Risiken hin abzuchecken und es zu optimieren, indem es nach Anlageklassen, Branchen und Regionen besser diversifiziert und an die jetzige Situation angepasst wird.
Dass dabei defensivere Werte zum Zug kommen, versteht sich von selbst. Die Aktie des US-amerikanischen Krankenversicherers UnitedHealth war in der New Yorker Börse seit jeher auf dem Schirm. Seit den US-Wahlen noch mehr. Etwa der deutsche Versorger (ISIN: DE000ENAG999), der mit seinen Zahlen für die ersten neun Monate soeben positiv überrascht hat und nun zuversichtlicher auf das Gesamtjahr blickt. Mit Jahreswechsel ziehen die Strompreise in Deutschland deutlich an. Aussichtsreich, zumal die Aktie soeben den starken Widerstand bei neun Euro überwunden hat und obendrein mit einer hohen Dividendenrendite winkt (siehe auch Artikel unten).
Bewegung ist auch in das Thema gekommen, dass Europa eine eigene Batteriezellenproduktion für den E-Mobilitätssektor braucht. Der deutsche Staat will mitfinanzieren und denkt, dass zum Jahreswechsel erste Konsortien dafür stehen. In einem davon befindet sich der Batterieproduzent Varta (ISIN: DE000A0TGJ55), den man für den Fall auf dem Schirm haben soll, dass es ernst wird.
Für ziemlich viel Begeisterung sorgt der französische Medienkonzern Vivendi (ISIN: FR0000127771), der mit seiner gewinntreibenden Musiksparte, die er teilweise abstoßen will, soeben ein überraschend starkes Quartalsergebnis vorgelegt hat. Auch ohne der Euphorie von JPMorgan, die eine Kursverdoppelung auf 42 Euro in Aussicht stellt, kann die Aktie als lukrativ gelten.
Im Sinne der Diversifizierung ein Blick in die USA. Dort zieht die Aktie des Krankenversicherers UnitedHealth (ISIN: US91324P1021) seit Jahren wie ein Strich nach oben und hat soeben wieder alle Gewinnprognosen der Analysten übertroffen. Der Teilerfolg der Demokraten bei den Kongresswahlen ist für den US-Gesundheitssektor nun eine weitere richtig gute Nachricht.
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