Wettrennen an der Oxford Street
Der über die vergangenen Jahrzehnte erfolgreichste Formel-1-Konstrukteur, Adrian Newey, hat erstmals einen Straßenwagen entworfen – wenn man den Aston Martin Valkyrie so nennen will. Das Auto ist das vielleicht extremste, wohl aber schnellste in einer neu
Supercars sind auch nicht mehr, was sie einmal waren. Früher, als man im Autoquartett um den Supertrumpf feilschte, waren noch Denkmäler erschaffen worden, die auf Jahrzehnte alles überragten: Ferrari F40, Lamborghini Countach, Porsche 959. Lassen wir die Namen kurz nachhallen.
Denn die Halbwertszeit der PS-Ikonen ist dramatisch gesunken. Ferrari LaFerrari (zugegeben, ein unglücklicher Name) Porsche 918 Spyder, McLaren P1: Das Trio der neuzeitlichen Super-, wenn nicht gar Hypercars ging erst 2013 an den Start – und gehört irgendwie schon zum alten Eisen. Es sind irritierend schwere Autos, alle wiegen um die 1,5 Tonnen, der Porsche gar deutlich mehr – typisch für diese Pionierzeit der Elektrifizierung. Eine ganz neue Generation macht sich unterdessen im Rückspiegel breit – und es wirkt, als würde sie direkt von der Rennstrecke auf die Straße durchgewunken.
„Wenn ich mir die hochklassigen Sportwagen ansah“, erinnert sich Adrian Newey, „erkannte ich durchaus eine Marktlücke für mich. Denn die werden in letzter Zeit immer größer, klobiger und schwerer, woraufhin dann mit Technologie wie Vierradlenkung nachgeholfen wird, damit sie sich leichter anfühlen – die aber nur noch mehr Gewicht bringt!“ Stolze Bilanz. Von schnellen Autos versteht der englische Rennwagenkonstrukteur Newey, 59, zweifellos eine Menge. „Ein Leben für die Formel 1“lautet der Untertitel seiner jüngst erschienenen Biografie („Wie man ein Auto baut“), und die Bilanz seiner Laufbahn ist herzeigbar: In Neweys Rennwagen wurden 156 Rennen gewonnen, zehn Konstrukteurs- und
Gewicht zu Leistung
soll das Verhältnis im Aston Martin Valkyrie betragen: Kolportiert werden um die 1100 PS Leistung bei 1100 kg Leergewicht.
Exemplare
werden in den kommenden Jahren gebaut. Alle sind bereits verkauft. Alte Schule: Adrian Newey fertigt seine Entwürfe heute noch am Zeichenbrett. zehn Fahrerweltmeistertitel in der höchsten Motorsportklasse errungen. Eins freilich fehlte: ein Straßenauto aus seiner Feder.
Jeder Konstrukteur träumt davon. Rennwagen werden nach einer, höchstens zwei Saisonen im Dienst ausgemustert und eingemottet, die Fahrer steigen um auf neues, wettbewerbsfähiges Material. Ein Straßenwagen, so er zum Klassiker reift, hat dagegen ewigen Glanz. Er kann noch für Ausfahrten aus der Garage gerollt werden, wenn sein Schöpfer längst in Pension ist oder schon verblichen. Ohne Reglement. Nun gehört Newey zu den Menschen, deren Träume schneller feste Formen annehmen als bei den meisten anderen. Mitunter waren es Geistesblitze im Halbschlaf, beim Langweilen im Strandurlaub oder auf dem Langstreckenflug, mit denen er das Antlitz der Formel-1-Technik für eine oder mehrere Saisonen prägte. Bei seinen Konstruktionen trieben ihn nicht nur Geschwindigkeit und Rundenzeiten um, sondern auch „die Art, wie sie sich in der Welt bewegen, wie sie ästhetisch wirken, sich zur Umwelt verhalten, als Sportgerät Freude bringen.“Würde man der Sportwagenwelt noch länger einen kaufbaren Newey vorenthalten können?
Kaufbar ist freilich relativ. Das Gesamtkunstwerk namens Aston Martin Valkyrie kostet um die zwei Millionen Pfund (2,3 Mio. Euro), ohne Steuern, und die Auflage von 150 Exemplaren war schon verkauft, bevor ein einziges fertiggebaut wurde.
Dabei spielte Aston Martin bislang gar nicht in der obersten Liga, dafür fehlten der feinen, unabhängigen, aber kleinen Marke bislang die Mittel. Sie wurde von Newey gewählt, weil sie mit seinem Arbeitgeber, dem Formel-1-Rennstall Red Bull Racing, verbunden ist und weil Newey die Expertise des Autoherstellers brauchte, um die vielen Prozedere einer Straßenzulassung bewältigen zu können.
Im Gegenzug nutze Newey die Freiheit, weitgehend ohne technisches Reglement, wie es ihm die Formel 1 zunehmend vermiest hat, verfahren zu können. Bestes Beispiel ist der Motor: Gegen alle Gepflogenheit im heutigen Rennsport treibt den Valkyrie ein 6,5-Liter-Zwölfzylinder an. Der holt seine Kraft nicht aus Turboladern, sondern aus hohen Drehzahlen. Dass Cosworth den Motor baut, rundet das
Keine Turbos, keine Ladeluftkühler: Ein V12 von Cosworth wütet im Valkyrie.