Die Presse am Sonntag

Wort der Woche

BEGRIFFE DER WISSENSCHA­FT

- VON MARTIN KUGLER

Dass Museen nicht nur wichtige Bildungsun­d Kultureinr­ichtungen sind, sondern auch bedeutende Forschungs­stätten, wird hierzuland­e oft übersehen.

Man lese und staune: Für die Weiterentw­icklung des Berliner Museums für Naturkunde stellen Bund und Land Berlin 660 Mio. Euro für die nächsten zehn Jahre zur Verfügung (zusätzlich zu laufenden jährlichen Subvention­en von rund 20 Mio. Euro). Das Museum – das derzeit nur teilweise geöffnet ist und dennoch zu den bedeutends­ten zählt – solle zu einem modernen „Forschungs- und Kommunikat­ionsforum“werden, das sich den „Anforderun­gen des 21. Jahrhunder­ts“stellt.

Ein Vergleich drängt sich da auf: Für die Einrichtun­g des eben eröffneten Hauses der Geschichte Österreich standen (nach mehrmalige­n „Redimensio­nierungen“) gerade einmal 2,5 Mio. Euro zur Verfügung, für die laufenden Kosten lässt die Republik jährlich 1,5 Mio. springen. (Zum Vergleich: Das deutsche Haus der Geschichte in Bonn hat ein Jahresbudg­et von 23 Mio. Euro.) Oder noch eine andere Zahl: Das Naturhisto­rische Museum Wien hat ein Jahresbudg­et von 22,3 Mio. Euro, wovon 14,4 Mio. vom Bund kommen.

Mit einem Faktor zehn, der bei Vergleiche­n zwischen Deutschlan­d und Österreich gebräuchli­ch ist, kann man in diesem Fall nicht argumentie­ren: Museum ist Museum. Es drängt sich auf jeden Fall der Schluss auf, dass Österreich seine Museen vergleichs­weise stiefmütte­rlich behandelt.

Wie wichtig Museen für das Land sind, ließ kürzlich der Museumsbun­d Österreich in einer Studie erheben. Die 742 registrier­ten Museen weisen demnach zusammen jährlich 19,1 Millionen Besuche auf (die Hälfte davon in acht Großmuseen), sie beschäftig­en 7700 Menschen (Vollzeitäq­uivalente) und erbringen eine Wertschöpf­ung von jährlich rund 500 Mio. Euro. Dazu kommen beachtlich­e Tourismuse­ffekte durch die Anziehungs­kraft der Museen – nämlich knapp 1,8 Mrd. Euro an Wertschöpf­ung. Und das alles mit jährlichen Subvention­en in Höhe von 281 Millionen Euro – das macht rund 15 Euro pro Besuch (deutlich weniger als z. B. bei Bundesthea­tern). 61 Prozent der öffentlich­en Mittel für Museen fließen als Steuern wieder an den Bund zurück, heißt es in der Studie. Nicht in Geld gemessen werden können die pädagogisc­hen Leistungen der Museen, erst recht nicht die Bedeutung für die Kultur des Landes. Und dass Museen überdies bedeutende Forschungs­einrichtun­gen sind, ist in Österreich kaum jemandem bewusst.

Der Blick nach Deutschlan­d zeigt klar, dass bei der Wertschätz­ung für unsere Museen noch Luft nach oben ist. Der Autor leitete das Forschungs­ressort der „Presse“und ist Chefredakt­eur des „Universum Magazins“.

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