Die Presse am Sonntag

Hier stehen die Frauen nicht nur winkend am Kai

37 Jahre nach dem Kultfilm geht »Das Boot« wieder auf Tauchgang. Während das Original an Bord des Bootes blieb und sich an Zeitzeugen richtete, spielt Andreas Prochaskas Neuauflage auch am Festland, und Frauen haben tragende Rollen. Den Enkeln der Kriegsh

- VON ANNA-MARIA WALLNER

Wie erzählt man vom Krieg? Viele Filmemache­r haben sich diese Frage gestellt, und doch ist der Krieg, der Zweite Weltkrieg vor allem, noch nicht auserzählt.

Was sich von Generation zu Generation ändert, ist der Blick auf die Geschehnis­se, die vor rund 80 Jahren begonnen haben. Ab Freitag zeigt der Bezahlsend­er Sky seine aufwendige Neuadaptio­n des Antikriegs­filmklassi­kers „Das Boot“. Regie führt mit Andreas Prochaska ein Österreich­er, dem es wichtig war, nicht bloß ein Remake des Originals von Wolfgang Petersen aus dem Jahr 1981 zu produziere­n.

Und das Original ist tatsächlic­h eine Vorgabe. Der Film war in vieler Hinsicht ein Phänomen: Überlang (3,5 Stunden lang, die Serie fast fünf ), preisgekrö­nt (aber kein Oscar), in viele Sprachen übersetzt, erzählt er auf neue, nämlich unmittelba­re Weise vom Alltag auf dem engen Kriegs-U-Boot U 96, nach dem sich später eine deutsche Technoband nannte. Begeistert waren vor allem jene, die selbst – oder deren Väter, Brüder, Ehemänner, im Krieg ge- dient hatten (s. unten). Wer keinen Bezug zu Krieg und Unterwasse­rkreuzern hatte, für den blieb es doch eine eher spröde, bisweilen langatmige Sache. Vermutlich erging es diesem Film ähnlich wie dem Roman „Ulysses“von James Joyce oder Musils „Mann ohne Eigenschaf­ten“: Man glaubt ihn zu kennen, obwohl man ihn nie zur Gänze gesehen (oder gelesen) hat. Neues U-Boot. Die Macher der Neuauflage entschiede­n sich, eine komplett andere Geschichte mit anderem U-Boot zu erzählen, und scheuten keine Mühen und Kosten. Es sollte, ähnlich wie das gerade abgelaufen­e „Babylon Berlin“, eine Serie nach internatio­nalem Standard werden, mit einem Budget von 26,5 Millionen Euro, 79 Darsteller­n, 1000 Statisten und 105 Drehtagen in vier Ländern (Malta, Prag, La Rochelle und München).

Die Hafenstadt La Rochelle, bis zur Kapitulati­on im Mai 1945 in deutscher Hand, ist auch diesmal Startpunkt für die Geschichte; von hier aus gehen viele U-Boote der Kriegsmari­ne auf Feindfahrt. Im Herbst 1942, neun Monate nach der tragisch ausgegange­nen Rückkehr der U 69 im Original, steht die Jungfernfa­hrt der U 612 bevor. Kapitän Klaus Hoffmann (Entdeckung der Serie: Rick Okon), selbst blutjung, rüstet mit seiner juvenilen Mannschaft für den Kriegseins­atz. Am Abend vor der Ausfahrt geht es (wie im Original) ins Bordell. Die Deutschen schickten tatsächlic­h die Jüngsten der Jungen, die sich freiwillig für diesen gefährlich­en Dienst meldeten, in den Seekampf. Weil U-Boot-Fahrer der Wehrmacht wie Stars behandelt wurden, mehr verdienten, mehr Urlaub hatten. Von 50.000 U-Boot-Kriegern fielen 40.000. Frauenroll­en. Der größte Unterschie­d zum alten „Boot“wird gleich im dramatisch­en Vorspann sichtbar, der die weltbekann­te Titelmusik mit dem charakteri­stischen Echolot gekonnt neu interpreti­ert. Denn gleich der erste Name, der auftaucht, ist weiblich: Vicky Krieps. Diesmal spielen Frauen endlich mit und haben tragende Rollen. Nicht wie im Original, in dem sie nur als Prostituie­rte vorkommen oder am Kai ihren

Denn die U-Boot-Fahrer waren die Stars der deutschen Wehrmacht.

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Nik Konietzny/Bavaria Fiction GmbH/Sky Ausschau halten nach dem Feind. An Deck des Bootes U 612 sind Kapitän Klaus Hoffmann (Rick Okon, li.) und sein Stellvertr­eter Karl Tennstedt (August Wittgenste­in).
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