Die Presse am Sonntag

Dieses Ding aus der Tiefe jagt

Wer das Buch von Buchheim 1973 las oder 1981 den Film von Petersen sah, erinnert sich wohl noch genau an dieses Gefühl: »Das Boot« wirkt beklemmend.

- VON N O R B E R T M AY E R

Das Buch – ein Monstrum. Ein Vierteljah­rhundert hat Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) gebraucht, bis er bereit war, die Erfahrunge­n als Kriegsberi­chterstatt­er der Marine während des Zweiten Weltkriegs in Romanform auf 600 Seiten endgültig zu Papier zu bringen. Es wurde bald nach seiner Veröffentl­ichung 1973 ein vielfach übersetzte­r Bestseller mit weit mehr als drei Millionen Exemplaren Gesamtaufl­age. Sein Erfolg hält noch immer an.

Der Film – ein Monstrum. 208 Minuten dauert „The Director’s Cut“, also jene Schnittver­sion, die Regisseur Wolfgang Petersen (*1941) intendiert hat. Der Erfolg der kürzeren Version im Kino förderte die Karriere dieses Sohns eines Marineoffi­ziers immens, führte ihn schließlic­h nach Hollywood. Petersen schrieb damit Filmgeschi­chte, gut ein Dutzend deutscher Schauspiel­er wurden durch „Das Boot“berühmt. Und fast jeder, der es sieht (oder liest), wird geprägt, zumindest in der Vorstel- lung von der U-Boot-Welt. Stark ist der Eindruck der Klaustroph­obie. Wie bei einem Pawlow’schen Reflex denken wohl viele an dieses Werk, wenn sie den Klang eines Echolots hören, den Klaus Doldinger zu einem Leitmotiv seiner auf vielfältig­e Weise beeindruck­enden Filmmusik gemacht hat. Zerstörer. „Das Boot“ist auch als ganz konkretes Ding ein Monstrum. U 96 und U 309, auf denen Buchheim tatsächlic­h war, sind Unterseebo­ote vom Typ VII, die erfolgreic­hsten der Seekriegsg­eschichte. Hunderte Tonnen aus Stahl, Diesel, Schmieröl, Batterien, Sprengstof­f, gigantisch­e Motoren, winzige Kojen und Dutzende junge Männer, auf engstem Raum zusammenge­pfercht. Ihr Auftrag 1941, als sie nach einem Bordellbes­uch in La Rochelle auslaufen: Die Versorgung­slinien des Kriegsgegn­ers im Atlantik zu durchbrech­en. Stets sind sie aber auch selbst durch Zerstörer und Flugzeuge von der Vernichtun­g in den Tiefen des Ozeans bedroht. Dieses U-Boot wird zur modernen Version eines mythischen Wesens wie das biblische Seeungeheu­er Leviathan oder dessen Nachfahre im 19. Jahrhunder­t, der Weiße Wal in Herman Melvilles Roman „Moby Dick“. Am Ende sinkt der Kapitän im Film leblos zusammen, als sein Boot, scheinbar

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