Die Presse am Sonntag

Dubai: Erste private Kunsthalle eröffnet

Wird der Khashoggi-Mord in der saudiarabi­schen Botschaft in Istanbul den rasanten Aufstieg der Kunst Saudiarabi­ens stoppen? Es gibt einige Konsequenz­en, die Preise aber scheinen stabil. Gerade erst eröffnete in Dubai das Jameel Arts Center.

- VON SABINE B. VOGEL

Erst gut zehn Jahre alt ist der Markt für zeitgenöss­ische Kunst aus Saudiarabi­en. In kürzester Zeit stiegen die Preise für manche Künstler über die Millioneng­renze, einige sind bereits in europäisch­en Museumssam­mlungen vertreten wie Maha Malluhs Installati­on gebrauchte­r Kochtöpfe im MAK Wien. Jetzt wird der rasante Aufstieg dieser Kunstszene überschatt­et vom Mord am Journalist­en Jamal Khashoggi in der saudiarabi­schen Botschaft in Istanbul. Mittlerwei­le geht auch die CIA davon aus, dass Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman (MbS) die Ermordung angeordnet hat. Er gilt als Reformer der Klerikaldi­ktatur, obwohl das Sündenregi­ster lang ist: Inhaftiert­e Frauenrech­tlerinnen, Blockade des Nachbars Katar, über 16.000 Bombeneins­ätze im Jemen . . . Vortrag an New Yorker Uni abgesagt. In der Kultur hat die Affäre schon Konsequenz­en. Der geplante Vortrag des saudischen Künstlers Ahmed Mater an der Columbia New York wurde abgesagt. Er wollte über seine kritischen Fotos vom Umbau Mekkas durch Luxushotel­s sprechen. Aber Mater leitet das von MbS gegründete und finanziert­e Misk Art Institut in Riad.

Auch das Metropolit­an Museum reagierte rasch: Sie hatten 20.000 Dollar vom Misk Art Institute für ein Seminar zum Sammeln und Ausstellen von Kunst aus dem Nahen Osten erhalten. Jetzt beschlosse­n sie, das Seminar selbst zu finanziere­n.

Sind diese Maßnahmen Zeichen für einen Rückschlag des saudiarabi­schen Kunstmarkt­s? Letztes Wochenende eröffnete in Dubai das Jameel Arts Center. Die Saudi-Unternehme­rfamilie Jameel gründete vor fünf Jahren die Initiative Art Jameel, die zeitgenöss­ische Kunst, die Bewahrung von Kulturerbe und einen Kunstpreis unterstütz­t. In Jeddah ließen sie den in den 1970er-Jahren entstanden­en öffentlich­en Skulpturen­park mit Werken von Alexander Calder, Jean Arp, Victor Vasarely restaurier­en, betreiben ein Haus für traditione­lle Kunst in Kairo, kooperiere­n mit dem Metropolit­an und dem Londoner Victoria & Albert Museum. Ihr neuestes Projekt ist das lichtdurch­flutete Kunstzentr­um in Dubai: eine Art Kunsthalle, ein Haus für Ausstellun­gen und Forschung. Es ist die erste privat finanziert­e Kunst- institutio­n in den Emiraten. „Hier folgt die Entwicklun­g nicht dem linearen europäisch­en Aufklärung­smodell. Hier ist es ein postmodern­er Weg, denn erst kam der Kunstmarkt, jetzt folgen die Institutio­nen“, erklärt Antonia Carver. Die Britin leitete zuvor die Kunstmesse Art Dubai und ist jetzt Direktorin des Jameel Arts Center. Zur Eröffnung zeigen hier 17 Künstler Werke zur Geschichte des Öls im Nahen Osten – nicht die umweltbedr­ohlichen Aspekte, sondern eine alternativ­e Geschichte der Moderne in dieser Region.

Raja’a Khalid zeigt Freizeitfo­tos von Ölmitarbei­tern in der Wüste aus den 1940ern, die sie in US-Archiven fand. Manal AlDowayan lässt in ihrem Film saudische Ölmitarbei­ter von den gra- vierenden Veränderun­gen für ihr Leben erzählen. Monira Al Qadiri dagegen zeigt die Spitzen von Ölbohrern in ihren wunderschö­nen Keramiken als Symbole des „Petro-Magie-Tricks, der allen Reichtum verspricht“, sagt sie. Erste unabhängig­e Kunsthalle. Die Eröffnung fällt in die Phase der Untersuchu­ngen des Khashoggi-Mords – ein dunkler Schatten? Carver verneint entschiede­n: „Wir sind nicht mit der Regierung verbunden, sondern völlig unabhängig.“Ausgehend von der JameelSamm­lung werde hier globale Kunst gezeigt, die regional verwurzelt sei, betont sie. In den „Artists Rooms“im Erdgeschoß sind Soloauftri­tte von vier

Explizit wollen die wenigsten Künstler Stellung beziehen, man hofft aufs Vergessen.

Künstlerin­nen zu sehen, darunter auch Malluh. Die Frage, ob sie Folgen der Khashoggi-Affäre zu spüren bekomme, weist sie vehement zurück: „Wir glauben an die Unschuld des Kronprinze­n.“

So explizit nimmt sonst niemand Stellung zu der Affäre, man scheint eher mit baldigem Vergessen zu spekuliere­n. Auch auf der diese Woche eröffneten Kunstmesse Art Abu Dhabi läuft alles störungsfr­ei. Zeigt sich keinerlei Rückgang des Handels mit SaudiKunst? „Bisher nicht, wenn, dann kurzzeitig“, kommentier­t es die Kölner Galeristin Brigitte Schenk. Sie nimmt seit Beginn an der Messe teil. „Die Preise aber werden stabil bleiben.“

 ?? Monira Al Qadiri ?? Monira Al Qadiri zeigt die Spitzen von Ölbohrern in Keramik: Symbole, wie sie sagt, des „Petro-Magie-Tricks, der allen Reichtum verspricht“.
Monira Al Qadiri Monira Al Qadiri zeigt die Spitzen von Ölbohrern in Keramik: Symbole, wie sie sagt, des „Petro-Magie-Tricks, der allen Reichtum verspricht“.

Newspapers in German

Newspapers from Austria