»Mit Hirscher möchte ich nicht tauschen«
Teresa Stadlober ist Österreichs beste Langläuferin und die einzige rot-weiß-rote Medaillenhoffnung bei der Heim-WM in Seefeld Mitte Februar. Die 25-Jährige spricht über ihre Rolle als Alleinunterhalterin, Druck und die Schattenseiten der Popularität.
Wintersportler werden im Sommer gemacht. Teresa Stadlober, Österreichs beste Langläuferin, ist dahingehend keine Ausnahme. Die am Wochenende mit den Weltcuprennen im finnischen Ruka startende Saison hat eigentlich schon viel früher, vor knapp sieben Monaten, begonnen. Anfang Mai absolvierte Stadlober ihre ersten langen Einheiten mit Rennrad und Skirollern, zudem wurde an der Kraftausdauer geschuftet. Erstmals Schnee unter den Langlaufskiern spürte die 25-Jährige im Juni in Sognefjellet, Norwegen. Dieses Gefühl sei immer wieder aufs Neue „etwas Besonderes“, dann ist Stadlober voll in ihrem Element.
Im Hochsommer intensivierte Stadlober ihre Trainingseinheiten. Laufen und Krafttraining standen täglich auf dem Programm, als härtesten Monat bezeichnet sie allerdings den Oktober. Anfang November wurde bei einem letzten Trainingskurs in Finnland am Feinschliff gearbeitet, die gesamte Vorbereitung verlief nach Plan, also auch verletzungsfrei und ohne jegliche krankheitsbedingten Rückschläge. „Es ist gut, wenn die Rennen endlich losgehen.“Jeden Tag die eigenen Grenzen auszuloten, den inneren Schweinehund zu überwinden, das sei für Teresa Stadlober etwas Selbstverständliches. Es gab noch keinen einzigen Tag in ihrer Karriere, an dem sie mit Motivationsproblemen zu kämpfen hatte. Die „Liebe und Bereitschaft zum Spitzensport“müsse eine Grundvoraussetzung sein, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, „sonst hast du keine Chance. Würde ich all das nicht gern machen, wäre ich erst gar nicht so weit gekommen.“
Stadlober ist trotz ihres jungen Alters in der Tat bereits ziemlich weit gekommen. Die Begeisterungsfähigkeit für Sport wurde ihr praktisch in die Wiege gelegt. Mutter Roswitha war Slalomfahrerin, gewann zweimal den Disziplinenweltcup. Vater Alois ist in der Langlauf-Szene eine Ikone, er lief 1999 in Ramsau zu WM-Gold in der Staffel und steht ihr heute als Trainer und Mentor zur Seite. Erstmals für interna- tionales Aufsehen sorgte Teresa Stadlober bei der Nordischen JuniorenskiWM 2013 in Liberec. Im Fünf-Kilometer-Skating-Bewerb holte sie Silber, zwei Tage später im Skiathlon (fünf km Skating + fünf km Klassisch) sogar Gold – ein Meilenstein. Durchbruch. Dass mit Stadlober ein besonderes Talent heranreifen würde, hatte sich früh abgezeichnet. Der Weg der Steirerin führte beständig nach oben, sie etablierte sich bald im Weltcup, in der Vorsaison gelang ihr der Vorstoß in die absolute Weltspitze. Zwei Weltcup-Podestplätze, Rang fünf bei der Tour de Ski, dazu Rang acht im Gesamtweltcup. Zum großen Glück fehlte nur eine Medaille bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang, aus diesem Traum aber wurde ein Albtraum. Über 30 km im klassischen Stil verlief sie sich und fiel, Edelmetall vor Augen habend, von Platz zwei auf Platz neun zurück. „An diesem Tag“, weiß Stadlober, „hätte alles gepasst. Form, Ski, alles.“Doch wer sich im Spitzensport zu lang mit Negativerlebnissen aufhält, der kommt nicht weiter voran. „Nach einer Woche hatte ich das Missgeschick abgehakt. Nur: Nochmal verfahren darf ich mich nicht“, sagt Stadlober schmunzelnd.
Ihren Sport, den Langlauf, bezeichnet die Radstädterin in Österreich als Randsportart. Ihre Erfolge in der vergangenen Saison aber haben durchaus eine Breitenwirkung erzielt, wie sie im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“feststellt: „Mich haben richtig viele Menschen angesprochen, mir gratuliert oder geschrieben. Davor habe ich mich schon gefragt: Kriegen das die Leute überhaupt mit?“Die Erkenntnis ist nun eine positive: „Wenn eine Österreicherin vorn mitläuft, dann wird Langlauf doch geschaut.“Die Popularität eines Marcel Hirscher etwa aber wird Stadlober selbst bei Seriensiegen nicht erreichen, das sei für sie auch gar nicht erstrebenswert. „Ich bin keine Person, die gern im Rampenlicht steht, würde nicht mit Marcel Hirscher tauschen wollen, weil du ja praktisch keine Privatsphäre mehr hast.“
»Wenn eine Österreicherin vorn mitläuft, dann wird Langlauf doch geschaut.« »Diese WM überstrahlt alles. Was ich vorher oder nachher erreiche, ist egal.«
Dass Langlauf aber wieder Interesse weckt, Stadlobers Erfolge nicht unbemerkt bleiben, lässt für diesen Winter hoffen, wenn von 19. Februar bis 3. März 2019 die nordische Elite in Tirol Station macht. Seit im Juni 2014 Seefeld den Zuschlag für die Weltmeisterschaft erhalten hat, spielt die WM vor der eigenen Haustür für Stadlober eine besondere Rolle. Diese Saison ist alles auf das Heimspiel ausgerichtet, eine Medaille das schon vor einigen Jahren erklärte Ziel. 20 Jahre nach ihrem Vater Edelmetall auf heimischem Boden zu gewinnen, wäre einzigartig.
Im Vorfeld der WM möchte Stadlober so wenig wie möglich dem Zufall überlassen. Nach der Tour de Ski („Mein Ziel ist eine Top-5-Platzierung“) zur Jahreswende wird sie sich ganz bewusst eine Pause vom Weltcup gönnen, vier Stationen auslassen. Der Gesamtweltcup spielt in ihren Überlegungen diesmal also „gar keine Rolle“, Seefeld überstrahle schlichtweg alles. „Weil alles, was ich vorher oder nachher laufe, egal ist, wenn ich eine Scheiß-WM habe. Es wird nur über diese Heim-WM geredet und geschrieben werden.“ Alleinunterhalterin. Stadlober gilt als die einzige rot-weiß-rote Medaillenhoffnung im Lager der Langläufer, umso mehr rückt sie vor und während Seefeld in den Fokus von Fans und Medien. Druck, versichert die 25-Jährige aber, komme weniger von außen,