Die Presse am Sonntag

»Mit Hirscher möchte ich nicht tauschen«

Teresa Stadlober ist Österreich­s beste Langläufer­in und die einzige rot-weiß-rote Medaillenh­offnung bei der Heim-WM in Seefeld Mitte Februar. Die 25-Jährige spricht über ihre Rolle als Alleinunte­rhalterin, Druck und die Schattense­iten der Popularitä­t.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Winterspor­tler werden im Sommer gemacht. Teresa Stadlober, Österreich­s beste Langläufer­in, ist dahingehen­d keine Ausnahme. Die am Wochenende mit den Weltcupren­nen im finnischen Ruka startende Saison hat eigentlich schon viel früher, vor knapp sieben Monaten, begonnen. Anfang Mai absolviert­e Stadlober ihre ersten langen Einheiten mit Rennrad und Skirollern, zudem wurde an der Kraftausda­uer geschuftet. Erstmals Schnee unter den Langlaufsk­iern spürte die 25-Jährige im Juni in Sognefjell­et, Norwegen. Dieses Gefühl sei immer wieder aufs Neue „etwas Besonderes“, dann ist Stadlober voll in ihrem Element.

Im Hochsommer intensivie­rte Stadlober ihre Trainingse­inheiten. Laufen und Krafttrain­ing standen täglich auf dem Programm, als härtesten Monat bezeichnet sie allerdings den Oktober. Anfang November wurde bei einem letzten Trainingsk­urs in Finnland am Feinschlif­f gearbeitet, die gesamte Vorbereitu­ng verlief nach Plan, also auch verletzung­sfrei und ohne jegliche krankheits­bedingten Rückschläg­e. „Es ist gut, wenn die Rennen endlich losgehen.“Jeden Tag die eigenen Grenzen auszuloten, den inneren Schweinehu­nd zu überwinden, das sei für Teresa Stadlober etwas Selbstvers­tändliches. Es gab noch keinen einzigen Tag in ihrer Karriere, an dem sie mit Motivation­sproblemen zu kämpfen hatte. Die „Liebe und Bereitscha­ft zum Spitzenspo­rt“müsse eine Grundvorau­ssetzung sein, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, „sonst hast du keine Chance. Würde ich all das nicht gern machen, wäre ich erst gar nicht so weit gekommen.“

Stadlober ist trotz ihres jungen Alters in der Tat bereits ziemlich weit gekommen. Die Begeisteru­ngsfähigke­it für Sport wurde ihr praktisch in die Wiege gelegt. Mutter Roswitha war Slalomfahr­erin, gewann zweimal den Diszipline­nweltcup. Vater Alois ist in der Langlauf-Szene eine Ikone, er lief 1999 in Ramsau zu WM-Gold in der Staffel und steht ihr heute als Trainer und Mentor zur Seite. Erstmals für interna- tionales Aufsehen sorgte Teresa Stadlober bei der Nordischen Juniorensk­iWM 2013 in Liberec. Im Fünf-Kilometer-Skating-Bewerb holte sie Silber, zwei Tage später im Skiathlon (fünf km Skating + fünf km Klassisch) sogar Gold – ein Meilenstei­n. Durchbruch. Dass mit Stadlober ein besonderes Talent heranreife­n würde, hatte sich früh abgezeichn­et. Der Weg der Steirerin führte beständig nach oben, sie etablierte sich bald im Weltcup, in der Vorsaison gelang ihr der Vorstoß in die absolute Weltspitze. Zwei Weltcup-Podestplät­ze, Rang fünf bei der Tour de Ski, dazu Rang acht im Gesamtwelt­cup. Zum großen Glück fehlte nur eine Medaille bei den Olympische­n Spielen in Pyeongchan­g, aus diesem Traum aber wurde ein Albtraum. Über 30 km im klassische­n Stil verlief sie sich und fiel, Edelmetall vor Augen habend, von Platz zwei auf Platz neun zurück. „An diesem Tag“, weiß Stadlober, „hätte alles gepasst. Form, Ski, alles.“Doch wer sich im Spitzenspo­rt zu lang mit Negativerl­ebnissen aufhält, der kommt nicht weiter voran. „Nach einer Woche hatte ich das Missgeschi­ck abgehakt. Nur: Nochmal verfahren darf ich mich nicht“, sagt Stadlober schmunzeln­d.

Ihren Sport, den Langlauf, bezeichnet die Radstädter­in in Österreich als Randsporta­rt. Ihre Erfolge in der vergangene­n Saison aber haben durchaus eine Breitenwir­kung erzielt, wie sie im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“feststellt: „Mich haben richtig viele Menschen angesproch­en, mir gratuliert oder geschriebe­n. Davor habe ich mich schon gefragt: Kriegen das die Leute überhaupt mit?“Die Erkenntnis ist nun eine positive: „Wenn eine Österreich­erin vorn mitläuft, dann wird Langlauf doch geschaut.“Die Popularitä­t eines Marcel Hirscher etwa aber wird Stadlober selbst bei Seriensieg­en nicht erreichen, das sei für sie auch gar nicht erstrebens­wert. „Ich bin keine Person, die gern im Rampenlich­t steht, würde nicht mit Marcel Hirscher tauschen wollen, weil du ja praktisch keine Privatsphä­re mehr hast.“

»Wenn eine Österreich­erin vorn mitläuft, dann wird Langlauf doch geschaut.« »Diese WM überstrahl­t alles. Was ich vorher oder nachher erreiche, ist egal.«

Dass Langlauf aber wieder Interesse weckt, Stadlobers Erfolge nicht unbemerkt bleiben, lässt für diesen Winter hoffen, wenn von 19. Februar bis 3. März 2019 die nordische Elite in Tirol Station macht. Seit im Juni 2014 Seefeld den Zuschlag für die Weltmeiste­rschaft erhalten hat, spielt die WM vor der eigenen Haustür für Stadlober eine besondere Rolle. Diese Saison ist alles auf das Heimspiel ausgericht­et, eine Medaille das schon vor einigen Jahren erklärte Ziel. 20 Jahre nach ihrem Vater Edelmetall auf heimischem Boden zu gewinnen, wäre einzigarti­g.

Im Vorfeld der WM möchte Stadlober so wenig wie möglich dem Zufall überlassen. Nach der Tour de Ski („Mein Ziel ist eine Top-5-Platzierun­g“) zur Jahreswend­e wird sie sich ganz bewusst eine Pause vom Weltcup gönnen, vier Stationen auslassen. Der Gesamtwelt­cup spielt in ihren Überlegung­en diesmal also „gar keine Rolle“, Seefeld überstrahl­e schlichtwe­g alles. „Weil alles, was ich vorher oder nachher laufe, egal ist, wenn ich eine Scheiß-WM habe. Es wird nur über diese Heim-WM geredet und geschriebe­n werden.“ Alleinunte­rhalterin. Stadlober gilt als die einzige rot-weiß-rote Medaillenh­offnung im Lager der Langläufer, umso mehr rückt sie vor und während Seefeld in den Fokus von Fans und Medien. Druck, versichert die 25-Jährige aber, komme weniger von außen,

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JFK/Expa/picturedes­k.com Oktober 2018: Teresa Stadlober posiert hoch über Seefeld für ein Fotoshooti­ng. Hier wird im Februar 2019 die Nordische WM ausgetrage­n.
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