ZAHLEN
Seit zwei Jahren untersucht das hochmoderne Übersee-Museum im norddeutschen Bremen die Geschichte seiner kolonialen Afrika-Sammlung, 70 Prozent der ethnologischen und naturkundlichen Stücke stammen aus ehe- maligen deutschen Kolonien. Es gehört zu den beliebtesten Museen Deutschlands und verspricht dem Publikum ein „Eintauchen in ferne Kontinente“. Direktorin Wiebke Ahrndt fürchtet die Provenienzforschung überhaupt nicht: Rückgabeforderungen gebe es so gut wie keine. Aus den Herkunftsländern komme vor allem der Wunsch nach Wissen über die Sammlungen, und den habe auch das Museum selbst. Säumige Briten. England, die einst größte Kolonialmacht, hinkt Frankreich im Umgang mit seinen kolonialen Sammlungen schon lang hinterher. Eines ihrer Hauptargumente: Die Gegenstände seien im British Museum, dieser Institution von Weltrang, besser aufgehoben. Während Macron dem Benin nun Raubgut zurückgegeben hat, verhandelt das British Museum seit Längerem mit Nigeria (auf dessen Gebiet einst der größte Teil des Königreichs Benin lag) über legendäre Bronzekunst aus dem 16. Jahrhundert. Eine Dauerleihgabe an Nigeria ist nun geplant. Die Briten nahmen die Skulpturen und Platten 1897, im letzten Jahr des Königreichs, bei einer Strafexpedition mit, in der sie die Hauptstadt des Reichs zerstörten. Diese Stücke waren es, die die Europäer für die Kunst in Afrika entflammten, und so mancher Picasso wäre ohne sie nicht denkbar. Auch Wien hat Beninbronzen. Bronzen und Elfenbeinarbeiten aus dem Königreich Benin sind auch die größte Attraktion im Weltmuseum Wien. Österreich war keine Kolonialmacht, aber viele Untertanen der Monarchie waren für ausländische Mächte, im Diplomatischen Dienst oder als Forschungsreisende tätig, sie brachten vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Stücke mit. Mit dem Projekt „Sharing Stories“rückt das Museum anhand einzelner Gegenstände die problematische Geschichte der Sammlung in den Mittelpunkt. Aber 250.000 Objekte aufarbeiten? Das klingt nach einer never ending story.
Bis zu 90 Prozent
der afrikanischen Kunst befinde sich außerhalb des Kontinents, schätzen die Verfasser des Macron vorgelegten Berichts.
Rund 70.000
Kunstwerke aus SubsaharaAfrika befinden sich im Mus´ee du Quai Branly in Paris, rund ebenso viele im British Museum.
37.000
Werke beherbergt das Weltmuseum in Wien.
180.000
sind es im Mus´ee Royale de l’Afrique Centrale (Königliches Museum für Zentralafrika) in Tervuren bei Brüssel.
75.000
werden es im Humboldt-Forum in Berlin sein, das Ende 2019 eröffnet wird.
Restitutionsforderungen gebe es kaum, sagt die Direktorin des Übersee-Museums.