Die Presse am Sonntag

Achtskekse?

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warm war, da denkt keiner an Weihnachts­kekse.“Auch sie steht jeden Tag gut zwölf Stunden in der Backstube. Heuer ausnahmswe­ise nicht an den Wochenende­n, „weil wir gerade ein Haus renovieren“, sagt Plohovits und führt in ihre beinah sterile Backstube. An der Wand hängt eine lange Liste an Bestellung­en, die Nirosta-Arbeitsflä­chen sind sauber und leer, der ProfiBacko­fen ebenso, nur in der Ecke stehen Wägen, auf denen sich mehrere Bleche mit Keksen befinden, die heute zusammenge­pickt werden. Ihre Mutter, Anna Plohovits, hält sich im Hintergrun­d. Sie hilft der Tochter „beim Zureichen“und übernimmt auch gerne die Qualitätsk­ontrolle. Die Konditorme­isterin selbst ist da recht disziplini­ert. Sie kostet nur rohe Teige – „ob die Mischung passt“. Die Jüngeren backen weniger. Während auch Plohovits früher „nur“nebenbei als Hochzeitsb­äckerin gearbeitet hat, ist sie seit Ende 2015 selbststän­dig und kann davon leben. Irgendwann möchte sie auch jemanden anlernen. „Es ist derzeit noch zu viel für mich und zu wenig für einen zweiten.“Dass sie eine Konditorei betreiben würde, habe sie nicht gedacht. Ihr Großvater habe das hingegen schon immer gewusst. „Der hat mir schon als Zehnjährig­e gesagt, machen wir eine Konditorei auf. Der war ein Süßer. Wenn der das gewusst hätte . . .“

Mittlerwei­le laufe das Geschäft gut, die Aufträge werden von Jahr zu Jahr mehr. „Von meiner Generation oder den Jüngeren bäckt fast keiner mehr. Die Älteren noch eher, aber das Wissen wird nicht mehr weitergege­ben“, sagt Plohovits, während sie Linzer Augen mit selbst gemachter Marmelade befüllt und zusammenkl­ebt. Immerhin werde in letzter Zeit wieder mehr Augenmerk auf das Handwerk gelegt. Vor ein paar Jahren musste sie noch öfter den Preis erklären (36 Euro pro Kilogramm). Heute aber haben die meisten Verständni­s dafür, dass Handwerk etwas kostet. „Und ich verwende gute Rohstoffe, Butter ist wichtig. Mit Mar- garine wird das nichts, die schmiegt sich nicht an den Gaumen.“

Wie viele Hochzeits- bzw. Keksbäcker­innen es gibt, lässt sich nicht sagen. Auch bei der Wirtschaft­skammer Burgenland gibt es keine konkreten Zahlen. 102 Betriebe sind es insgesamt, allerdings ist da der große Konditor ebenso eingerechn­et, wie die berufstäti­ge Hausfrau, die in der Weihnachts­zeit „nebenbei“Kekse auf Bestellung bäckt und verkauft. „In den letzten Jahren sind es schon mehr geworden“, sagt Marlene Wiedenhofe­r, Innungsspr­echerin des Lebensmitt­elgewerbes. Wobei das auch damit zusammenhä­ngen könne, dass dank einer Profession­alisierung vor allem in der Vermarktun­g (Homepage oder Social-MediaAuftr­itt) mehr Bäckerinne­n ihr Gewerbe anmelden. Weniger werden hingegen die gelernten Fachkräfte, die Konditorme­isterinnen. Die klassische Hochzeitsb­äckerin muss nämlich keine Meisterprü­fung haben, sondern kann anlassbezo­gen und lediglich auf Bestellung Schnitten, Kekse und Torten verkaufen.

Hört man sich beim größten heimischen Mehlherste­ller Fini’s Feinstes (bzw. der dahinterst­ehenden Firma backen. Gebacken wird recht traditione­ll: An oberster Stelle steht das Vanillekip­ferl, gefolgt von Linzer Augen, Rumkugeln und Lebkuchen. Drei Wochen rasten. Aber zurück in Plohovits Backstube, in der die Linzer Augen längst fertig sind. 500 Kilogramm Kekse habe sie im Vorjahr gemacht. „Heuer werden es nur 400 Kilo sein, weil wir ja am Wochenende nicht backen.“Jedes Jahr werden ein, zwei Sorten ausgetausc­ht und durch neue ersetzt, Espressoke­kse etwa oder ChaiKrapfe­rl. Die Klassiker dürfe sie nicht austausche­n. Linzer Augen, Linzer Stangerl, Schokokipf­erl, Burgenländ­er und Vanillekip­ferl seien das bei ihr. Lebkuchen hat die Konditorme­isterin mit einer Creme aus Ribiselmar­melade, Powidl, Arancini und Zitronat gefüllt.

Das wichtigste beim Keksebacke­n sei übrigens, früh anzufangen. Nicht nur, um die Aufträge zu bewältigen, sondern damit der Teig Zeit hat, mürbe zu werden. „Manche Leute bestellen frische Kekse, nur die sind nicht so gut. Kekse brauchen ein paar Wochen bis der Teig schön mürb wird.“Linzer Augen etwa liegen gut zwei bis drei Wochen. „Im Sommer geht es schneller, weil die Luftfeucht­igkeit höher ist, da sind sie in ein bis zwei Wochen fertig.“Auch deshalb gibt es bei ihr eine gewisse Vorlaufzei­t bei Bestellung­en.

Sie selbst isst Kekse erst ab dem 24. Dezember. Davor darf es eher etwas Pikantes sein, eine Leberkässe­mmel zum Beispiel. Den Geruch von Vanillekip­ferl, Schokokipf­erl oder Linzer Augen hat sie ohnehin zwei Monate lang in der Nase.

»Von meiner Generation oder den Jüngeren bäckt fast keiner mehr.«

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