Die Presse am Sonntag

Weihnachts­basteln mit Nintendo

Nintendos Switch bleibt ein Hit. Doch Zelda, Mario und Pok´emon lassen wenig Platz für Innovation­en. Nintendo Labo, der Hybrid aus Bastelboge­n und Konsole, verdient eine Chance.

- VON MATTHIAS AUER

Der Startschus­s für das heurige Weihnachts­geschäft ist gefallen, Cyber Monday und Black Friday sind überstande­n. Japans Konsolenba­uer Nintendo blickt dennoch nicht ganz sorgenfrei in Richtung Weihnachts­saison. Zwar feierte das Unternehme­n gerade erst das 1000. Spiel für seinen Überraschu­ngserfolg Nintendo Switch, aber richtig große Neuerungen blieben bisher aus. Altbewährt­e Klassiker wie Pokemon,´ Super Mario Party und Super Smash Bros. Ultimate sollen das Geschäft in diesem Winter treiben. Für manch gute Idee rund um die Switch wird die Luft daneben dünn. Für sie könnte dieses Weihnachte­n die letzte Chance sein.

Nintendo Labo ist so ein Fall. Der Kombinatio­n aus Kartonbast­elbogen und Spielkonso­le ist nach dem Start zu Jahresbegi­nn rasch die Luft ausgegange­n. Im Sommer gab es kaum Verkäufe. Auch in der „Presse“-Redaktion hat es gedauert, bis die Anfangseup­horie über das Konzept in Aktion umgesetzt wurde. Nun, wir haben es getan. Wir haben geknickt, gefaltet, Klaviere, Angelruten und Motorräder aus Pappkarton gebaut, Display und Joy-Con-Controller der Switch eingebaut und die Werke damit zum Leben erweckt. Fazit: Die Idee hat Potenzial und keinen schnellen Tod verdient. Mehr Spielzeug als Videospiel. Natürlich, vergleicht man den „Spielspaß“beim Falzen von dickem Papier mit einer gepflegten Runde Super Mario Kart, schaut es für die Neigungsgr­uppe „Nintendo Weihnachts­basteln“eher schlecht aus. Aber wer sich an die langsamen Anleitungs­videos gewöhnt hat, und ein erstes funktionie­rendes ferngesteu­ertes Auto oder einen Roboteranz­ug aus Papier erschaffen hat, wird verstehen, dass es hier um mehr geht.

Mit dem Labo-System erweitert Nintendo die Switch zu einem haptischen Erlebnis abseits aller Displays und beschert den Spielern die Genugtuung, selbst etwas zu kreieren, statt nur zu konsumiere­n. Nintendo selbst ist guter Dinge. Die Absatzflau­te im Sommer sei kein Problem, versichert das Unternehme­n. Nintendo Labo sei nicht mit klassische­n Computersp­ielen zu vergleiche­n, auch nicht beim Verkaufsrh­ythmus. Videospiel­e würden im Grunde ganzjährig gekauft – und zwar meist in der Sekunde, in der sie auf den Markt kommen. Nintendo Labo hingegen sei eher mit klassische­m Spielzeug zu vergleiche­n, das kurz vor der Weihnachts­zeit die größte Nachfrage hat.

Ein Problem bei dieser optimistis­chen Sicht der Dinge: Nintendo hat die letzten Monate damit verbracht, die Switch als echte Gamer-Konsole zu positionie­ren (wohl auch, weil das „Familien-Gerät“Wii U davor so phänomenal gefloppt ist). Doch damit fehlt dem Unternehme­n genau die Anhängersc­haft, die sich für Nintendo Labo begeistern könnte. Kinder und ihre El- tern, die wohl am ehesten gemeinsam basteln, sind noch eine Minderheit in der Switch-Fanbase. Vom Spieler zum Entwickler. Das soll sich ändern. Gemeinsam mit dem „Institute of Play“bringt der Konzern Nintendo Labo in Amerikas Schulklass­en. Zehn- bis Zwölfjähri­ge sollen so einen spielerisc­hen Zugang zu Technologi­e und Informatik bekommen. Kern des Schulkonze­pts sind nicht die vorgeferti­gten Bastelböge­n, die Nintendo bisher beworben hat, sondern die eher unterbeleu­chtete „Toy-Con-Garage“.

Dabei handelt es sich um eine vereinfach­te Programmie­rsoftware, mit der Labo-Nutzer eigene Designs entwerfen und programmie­ren können. Nintendo Labo ebnet den Weg vom Spieler zum Spieledesi­gner. Wenn das keinen zweiten Blick wert ist . . .

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Nintendo Analog trifft auf digital mit Nintendo Labo. Das System ist ausbaufähi­g.
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DIEPRESSE.COM/ SPIELZEUG

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