Ohio sehen, Welt verstehen
Bill Beverlys unaufdringlicher und leiser Kriminalroman »Dodgers« ist der beste Beweis, wozu das gern belächelte Spannungsgenre literarisch fähig ist. Die gesamte amerikanische Literatur stamme von Mark Twains „Huckleberry Finn“ab, sagte einst Ernest Hemingway. „Vorher gab es nichts. Seitdem gab es nichts, was dem gleichkommt.“Demnach hätten USSchriftsteller also nicht viele bedeutende Bücher geschrieben. Ein Roman, eigentlich eine Crime Novel, würde nach diesen Kriterien aber Bestand haben: Bill Beverlys „Dodgers“.
Wie der große Mark Twain schickt auch Bill Beverly seine Hauptfigur auf eine ungewöhnliche Reise durch Amerika. Der 15-jährige East kennt nichts von der Welt – nur sein Drogenviertel The Boxes in Los Angeles. Dort ist er für die Bewachung eines Drogenhauses zuständig. Als es von der Polizei gestürmt wird und ein unschuldiges Mädchen zu Tode kommt, muss er die Stadt in Richtung Osten verlassen, gemeinsam mit drei anderen Jugendlichen, darunter sein wortkarger und gefährlicher Bruder Ty. Ausgestattet sind sie mit einem Mordauftrag.
Beverly überzeugt durch seine unaufgeregte und unsentimentale Erzählweise. Ganz wunderbar die Idee, dass East ausgerechnet in das rückständige Ohio reisen muss, um die große Welt zu verstehen.
Der Autor hat zu Recht den Mark Twain American Voice in Literature Award gewonnen. In einem unterscheidet sich das Buch aber wesentlich von seinem berühmten Vorgänger: Während Huck Finn am Ende in Richtung Westen aufbricht, zieht es East namensgerecht in den Osten. Fazit: Grandios. Bill Beverly: „Dodgers“, übersetzt von Hans M. Herzog, Diogenes Verlag, 397 Seiten, 24,70 Euro