Die Presse am Sonntag

Als Astrid Lindgren ihr Kind verließ

Das Werk der großen Kinderbuch­autorin ist voll von allein gelassenen Kindern. Der Film »Astrid« erzählt nun eine lang verschwieg­ene Episode im Leben der Kinderbuch­autorin.

- VON ANNE-CATHERINE SIMON

Sie schreibe viel vom Sterben, schreibt ein Bub an Astrid Lindgren: „Pippis Mama stirbt, Jonathan stirbt, Krümel stirbt, Mios Mama stirbt. Aber man hat Lust, zu leben, wenn man darüber liest.“Wie wahr. Die Zeilen stehen in einem Brief, der in „Astrid“auf dem Schreibtis­ch der alt gewordenen schwedisch­en Schriftste­llerin landet. Und vielleicht hat ein Kind ihn tatsächlic­h genau so geschriebe­n. Denn der Film „Astrid“, der kommenden Freitag in Österreich anläuft, ist von Begebenhei­ten aus dem Leben von Astrid Lindgren inspiriert.

Lindgrens Werk sprüht vor Lebenslust und ist auch voller Dunkelheit. Kinder wie Mio und Pippi Langstrump­f sind ohne Eltern, auch gestorben wird viel – in „Die Brüder Löwenherz“sogar mehr, als viele Zeitgenoss­en Kindern zumutbar fanden. Dieses Buch, zu traurig für so manchen Erwachsene­n, aber auch lebenslang­es Herzensbuc­h für so manche, die es mit zehn, elf, zwölf gelesen haben, hat bei seinem Erscheinen 1973 viele Diskussion­en hervorgeru­fen. Der schwer kranke Krümel erlebt hier den Opfertod seines großen Bruders Jonathan (der ihn vor dem Feuer rettet), bald stirbt auch er und kommt zu Jonathan ins schöne Land Nangijala. Doch auch dort lauert der Tod, durch den Tyrannen Tengil und sein Drachenwei­bchen Katla. Am Ende siegen die Brüder, doch Jonathan ist gelähmt. Krümel springt mit seinem Bruder auf dem Rücken – in den Selbstmord? So sagten Kritiker. Nach Nangilima, versichert Jonathan, ins wunderbare Land hinter Nangijala.

Nicht der Tod – Alleinsein sei das Schlimmste für die Kinder, meinte Lindgren. Und sie konnte Kindern nicht zuletzt deswegen so viel Trauriges zumuten, weil sie auch so stark im Trösten war. Weil sie in ihren Büchern einsame und bedrohte kleine Menschen zu Liebe und Schutz finden lässt – und zu eigener Stärke. Der Film „Astrid“der dänischen Regisseuri­n Pernille Fischer Christense­n bietet nun

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