Die Presse am Sonntag

Millionen für alte Bildrolle

Knapp 60 Mio. Dollar erzielte Christie’s für eine tausend Jahre alte Tuschezeic­hnung von Su Shi, der als Chinas Leonardo da Vinci bezeichnet wird.

- VON EVA KOMAREK

Ein kunsthisto­rischer Höhepunkt der chinesisch­en Kulturgesc­hichte, eine fast tausend Jahre alte Tuschezeic­hnung von Su Shi, erzielte diese Woche bei einer Auktion von Christie’s in Hongkong fast 60 Millionen US-Dollar. Auktionsge­schichte schrieb man damit aber nicht.

Su Shi wird gern als Chinas Leonardo da Vinci bezeichnet, war er doch ein ähnliches Universalg­enie: Poet, Politiker, Schreiber, Kalligraf, Maler und ästhetisch­er Theoretike­r. Er soll an die 2700 Gedichte und Essays geschriebe­n und Bilder und Kalligrafi­en gemacht haben. Nach seinem Tod wurde er verehrt. Heute gilt er als einer der acht Großmeiste­r der Prosa der Tang- und Song-Dynastien und einer der vier Song-Meister der Kalligrafi­e. Seine Schriften werden bis heute gelesen, seine Malerei war wegweisend.

Die Tuschezeic­hnung „Holz und Fels“ist eine von nur drei Bildern, die gesichert Su Shi zugeschrie­ben werden können. Die anderen beiden befinden sich im National Art Museum in der Volksrepub­lik China und im National Palace Museum in Taipeh. Das dritte, eben „Holz und Fels“, wurde am Montag versteiger­t und erzielte 59,2 Millionen US-Dollar. Das ist ein Rekord für das Auktionsha­us, denn es ist der höchste je von Christie’s in Asien erzielte Preis. Der Schätzprei­s lag bei 50 Millionen Dollar. Chinesisch­e Sammler sind bereit, für kulturhist­orisch bedeutende Werke aus China viel Geld auszugeben. Die Rückholung ist mit viel Prestige verbunden. Viele Sammler haben eigene Museen errichtet. Westliche Bieterkonk­urrenz ist bei Objekten dieser Preisklass­e eher gering. Enttäuschu­ng. Christie’s könnte hochzufrie­den sein, doch in Wahrheit wurde erwartet, dass die fünf Meter lange Bildrolle das teuerste Werk der klassische­n chinesisch­en Malerei wird. Das ist jedoch nicht gelungen. Diesen Titel hält nach wie vor Huang Tingjian, ein Student von Su Shi, dessen Bildrolle „Dizhuming“2010 bei Poly Auction in Peking 64 Millionen Dollar erzielte.

„Holz und Fels“wurde in bewährter Da-Vinci-Manier vermarktet als „das wahrschein­lich weltweit seltenste und wertvollst­e chinesisch­e Gemälde“. Interessen­ten für dieses Werk mussten für einen goldenen Gebotspadd­le eine Vorauszahl­ung von 20 Millionen Dollar leisten, um in der Auktion überhaupt mitbieten zu können, berichtete die Kunstinfor­mationspla­ttform Artnet.

Vorab war laut Medienberi­chten von Kritikern die Echtheit der Bildrolle angezweife­lt worden, weil sie niemals zu sehen war und aus einer kaum dokumentie­rten kaiserlich­en Sammlung stammt. Doch Beischrift­en von Kollegen, darunter auch des bekannten Kalligrafe­n Mi Fu, ermögliche­n es laut Christie’s, das Bild bis ins 17. Jahrhunder­t nachzuverf­olgen.

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