Wie die Donau nach Wien kam
Mensch und Natur am Beispiel eines Flusses und seiner Anrainer. Wie hat der Mensch die Landschaft verändert? Und wie hat sie den Menschen geprägt? Ein neues Buch erzählt, wie der Donauraum zwischen Klosterneuburg, Korneuburg und Wien besiedelt wurde.
Warum entwickelte sich im Lauf der Geschichte ein Dorf zu einer Stadt? Warum siedelten die Menschen an bestimmten Orten lieber als an anderen? Waren es die günstigen Umweltverhältnisse, etwa Flussnähe, eine Kombination aus ökologischen und ökonomischen Faktoren? Wie bestimmt überhaupt ein Flussverlauf das Wachstum einer Stadt? Warum explodieren Siedlungen, die Jahrhunderte lang nur gemächlich gewachsen sind, plötzlich in wenigen Jahrzehnten, wie etwa Wien vor rund 150 Jahren nach dem Fall der Stadtmauern?
Dies alles sind Themen der Siedlungsgeschichte. Sie gibt uns spannende Aufschlüsse, wenn sie gut aufbereitetes topografisches Kartenmaterial zur Hand hat. Das Problem dabei ist die Qualität der Karten in den früheren Zeiten. Sie generalisierten stark und lieferten nur vage Informationen über die Ausbreitung von kleineren Orten außerhalb der Städte.
Es ist keine Kunst, die Donau seit ihrer Regulierung in den 1870er-Jahren darzustellen, doch was ist mit der Zeit davor? Erst ab dem 17. Jahrhundert gibt es Karten, auf denen der Flussverlauf einigermaßen gut dargestellt ist. Kein Wunder: Es genügte ein Hochwasser und die Donau war nicht mehr wiederzuerkennen, es wechselten Altarme und Inseln. Ein Albtraum für den Kartografen.
Einer aus dieser Zunft ist der Geograf und Kartograf Erich Wonka aus
„Der Donauraum von Klosterneuburg und Korneuburg bis Wien“
Ein Bild- und Kartenband der Siedlungsausdehnung von der Urgeschichte bis in die Gegenwart und ihre Auswirkungen auf die Landschaft. Verlag Berger & Söhne Horn 128 Seiten 25 Euro Klosterneuburg. Er war Statistik-Austria-Mitarbeiter und dort für die Erstellung von Karten mit statistischen Themen zuständig. Das Buch, das er vor Kurzem vorgelegt hat (siehe Literaturtipp), ist eine Fundgrube für jeden, der am Donauraum von Klosterneuburg und Korneuburg bis nach Wien hinein interessiert ist. Das Buch zeigt anhand von Texten, Plänen und Fotografien die Besiedlung dieser Region von der Urgeschichte und Römerzeit über das Mittelalter bis in neueste Zeiten.
Die von Wonka selbst angefertigten topografischen Karten, die sich auf alte Zeichnungen und statistische Daten stützen, erklären die Besiedlung in diesem immer stärker wachsenden Raum. Sie zeigen mit höchster Anschaulichkeit, wie der Mensch im Lauf der Geschichte auf Veränderungen reagiert hat und wie er wiederum durch seine Besiedlung die Landschaft um ihn herum verändert hat. Die ungezähmte Urdonau. Vor elf Millionen Jahren existierte bereits eine Urdonau, sie floss wie heute gegen Osten, trieb sich aber herum in der Gegend des heutigen Krems, Hollabrunn, Mistelbach, um in einem Riesendelta in das Wiener Becken, damals ein pannonischer Süßwassersee, zu münden. Erst vor 300.000 Jahren hat sie sich einen Weg durch die sogenannte Wiener Pforte, zwischen Bisamberg und Leopoldsberg, gebahnt, das kommt uns schon bekannter vor. Freilich: Gezähmt war sie noch lange nicht, es gab ein Geflecht von Flussläufen im Wiener Becken, Seitenarme, Tümpel, Sümpfe.
Ab der Jungsteinzeit war das Wiener Becken kontinuierlich besiedelt, das begann vor 7500 Jahren. Allmählich entstand im Gebiet zwischen Klosterneuburg und Korneuburg ein dauernder Siedlungsplatz, die Donau verzweigte sich hier in mehrere Arme, floss dadurch langsamer, der Wasserstand war niedriger, man konnte ihre Arme mit Flößen durchqueren und Fische fangen. Auch die Höhenlage am Bisamberg, Leopoldsberg und Wilhelminenberg wurde beliebt, hier entstanden Handelsplätze. Die Kelten, die die Urbevölkerung vertrieben, siedelten gerne oben.
Die hochwassersicheren, höher gelegenen Terrassen der Donau erleichterten die Verteidigung des Raumes. Das schätzten auch die Römer, die den Raum 15 vor Christus in ihr Imperium eingliederten. Die Donau bot sich als Grenze gegen die Germanen an. Wien und Klosterneuburg wurden Teil der Provinz Pannonien. Zum ersten Mal wurde das Siedlungsgebiet eine Art von Schmelztiegel, Römer, Kelten und befreundete Germanen lebten nebeneinander. Man vertrug sich.
Noch bevor es zum Legionslager Vindobona an der Stelle des heutigen Wiener Stadtzentrums kam, gab es in Klosterneuburg ein Kastell. Bei St. Martin bot sich nämlich die Möglichkeit, die Donau bei niedrigem Wasserstand zu Fuß oder mit Pferd und Wagen zu