Ehe für alle: »Ich finde es gut«
Justizminister Josef Moser kann die Kritik der FPÖ an seiner Arbeit nicht nachvollziehen. Glücklich sei er, dass nun auch Homosexuelle heiraten dürfen. Bei der Sozialhilfe müsse der Bund das letzte Wort haben.
FPÖ-Vizeobmann Manfred Haimbuchner hat gesagt, von Reformminister Josef Moser sehe er überhaupt nichts, er sei untergetaucht. Konnten Sie die FPÖ bei der Regierungsklausur in Mauerbach davon überzeugen, dass Sie existent sind? Josef Moser: Ich überzeuge mit der Arbeit. Unser Ressort kann auf 161 Regierungsvorlagen, 21 Ausschüsse im Nationalrat, 274 Parlamentarische Anfragen verweisen und auf EU-Ebene auf 25 Dossiers, die ich verhandelt habe, davon sind 24 enderledigt. Dazu kommt die Kompetenzbereinigung, wo wir den größten Schritt seit 1929 gesetzt haben, und, und, und. Wir haben eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Ich nehme jede Kritik ernst, die ernst zu nehmen ist, ansonsten nehme ich sie zur Kenntnis. Umgekehrt haben Sie das FPÖ-geführte Innenministerium dafür gerügt, den Vertrag mit den NGOs über die Flüchtlingsberatung ohne Evaluierung und ohne Kostenabschätzung kündigen zu wollen. Warum kam es hier zu keiner Einigung? Ich habe dafür zu sorgen, dass faire Verfahren stattfinden, dass alle Menschen gleich behandelt werden. Dazu zählt auch, dass Rechtsberatung stattfindet, die unabhängig und gleichzeitig unangreifbar ist. Als Justizminister habe ich mich zu Wort zu melden, wenn diese Umstände nicht eindeutig am Tisch liegen. Deshalb habe ich dargelegt, was notwendig ist. Jetzt wird bis Ende März die Rechtsberatung evaluiert und dann eine gemeinsame Lösung gefunden. Also hat Innenminister Herbert Kickl seine Hausaufgaben nicht rechtzeitig gemacht? Ich kann nur sagen, was ich für jede Reform verlange. Dazu gehört in diesem Fall eine Kosten-Nutzen-Überlegung. Die unabhängige Rechtsberatung zählt auch zu den Menschenrechten. Ohne Garantie für deren Einhaltung mache ich sicher keine Reform. Aus dem Innenministerium kam wiederum die Kritik, dass das Justizressort seine Vorarbeiten früher hätte erledigen können. Wir haben im Bereich des Bundesverwaltungsgerichts sehr viel getan. Die Zahl der Verfahren ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Wir haben allein im Jahr 2018 zirka 28.000 angefallene Verfahren aus dem Asylbereich gehabt. Der Rückstand liegt derzeit bei 40.000 Akten. Deshalb haben wir eine Fülle von Maßnahmen gesetzt, um die Erledigungen zu forcieren. Ich bin sehr dankbar, dass das Gericht die Zahl der Erledigungen auf zirka 30.000 im Jahr erhöht hat. Wir müssen aber auch die nötigen Personalressourcen zur Verfügung stellen, weil der Rückstand den Steuerzahler sehr viel kostet. Auch die FPÖ-Landeschefs von Vorarlberg und Tirol haben Sie scharf kritisiert. Schmerzt es Sie, dass ausgerechnet aus der FPÖ, aus deren Nahebereich Sie ursprünglich gekommen sind, jetzt so starke Kritik an Ihnen als Minister geübt wird? In einer Demokratie ist es zulässig, dass man Kritik übt. Und gleichzeitig hat man in der Politik Kritik zur Kenntnis zu nehmen. Das muss man aushalten. Nehmen Ihnen manche in der FPÖ übel, dass Sie auf einem türkisen Ticket Minister geworden sind? Damit setze ich mich überhaupt nicht auseinander. Ich mache meine Arbeit. Das ist nicht eine Politik, die gefällig sein soll, sondern eine, die Verantwortung übernimmt, die nachhaltig ist und die verlässlich ist. Im Bereich der Zivil- und Strafgerichte kritisieren die Richter, dass nichtrichterliches Personal fehle. Es gebe zu wenig Dolmetscher und Sachverständige, sodass zügige Verfahren oft nicht möglich sind. Kümmern Sie sich denn genug um die Justiz? Mehr als das! Wenn Sie sich die Regie- rungsvorlagen anschauen, sehen Sie, dass die Tätigkeit für die Justiz immer überwiegt. Die Justiz liegt mir am Herzen, sie ist ein Grundpfeiler der Demokratie. Die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, hat vor Kurzem darauf hingewiesen, dass sich die Lage im Bereich der Richter und Staatsanwälte mittlerweile entspannt hat. Dazu möchte ich außerdem noch hinzufügen, dass der Personalstand nicht gesunken, sondern im Gegenteil gestiegen ist. Sabine Matejka hat aber vor Kurzem auch gerügt, dass wegen des fehlenden nichtrichterlichen Personals eine Frustration bei den Gerichten herrsche. Teilen Sie diesen Eindruck? Die Mitarbeiter sind hoch motiviert. Aber wenn man sehr kleine Einheiten mit nur drei oder vier Leuten hat und davon jemand auf Dauer krank wird, dann ist die Frage, welchen Personalersatz ich dafür bieten kann. Bis Mitte des Jahres wollen wir ausarbeiten, wie die Gerichtsorganisation ausschauen soll, damit es zu keinen Überlastungen kommt und Synergien genützt werden können. Es ist aber bereits jetzt bekannt, dass die Arbeit der Richter dadurch gebremst wird, dass es zu wenig Dolmetscher und zu wenig Sachverständige gibt. Absolut. Für Dolmetscher und Sachverständige hat die letzte Valorisierung 2007 stattgefunden. Um das zu ändern, müssen Justiz- und Finanzminister zusammenwirken – da bin ich dahinter. Das wird auch ein Thema der Budgetverhandlungen sein. Manfred Haimbuchner hat an Ihnen auch kritisiert, dass es keine Anzeichen einer Strafrechtsreform gebe, wie sie im Regierungsprogramm steht. Der Entwurf für das versprochene Strafvollzugsgesetz ist fertig und soll Ende des Monats in Begutachtung gehen. Auch das Maßnahmenvollzugsgesetz ist an und für sich fertig, wird aber in den nächsten Wochen noch mit Experten und Betroffenen besprochen. Wir beabsichtigen, es bis Ostern in Begutachtung zu schicken. Was die strengere Bestrafung von Gewalt- und Sexualdelikten betrifft, wissen Sie, dass wir in unserem Ministerium bereits Vorschläge ausgearbeitet haben. Die liegen auf dem Tisch, und wir haben sie bereits an die Taskforce übermittelt. Diese bezieht nun noch die beiden anderen Themenbereiche Opferschutz und Täterarbeit mit ein. Könnten die Meinungsverschiedenheiten mit der FPÖ auch daran liegen, dass sie mehr Verschärfungen im Strafrecht wollte? Es gibt immer unterschiedliche Zugänge: Der eine vertritt die Linie, es kann nicht genug Strafe sein, der andere sagt, es soll weniger Strafe sein. Meine Linie ist die, dass gerade das Strafrecht eine Verlässlichkeit braucht, Vertrauen braucht und auch Verständnis braucht. Dass bei Gewalt- und Sexualdelikten noch etwas zu tun ist, steht außer Streit. Nachdem es bereits 2015 Verschärfungen im Strafrecht gegeben hat, hat eine von meinem Haus beauftragte Studie jetzt die bisherigen Erfahrungen ausgewertet. Das Ergebnis der Studie liegt am Tisch, die Konsequenzen daraus waren Gegenstand der Beratungen bei uns im Ministerium. Die Empfehlungen habe ich in die Task Force eingebracht. Der Kriminologe Christian Grafl von der Universität Wien hat für die Strafrechtsreformgruppe diese Studie erstellt. Er kommt darin aber zum Schluss, dass man besser noch länger die Auswirkungen der Strafrechtsreform 2015 evaluieren sollte, bevor man schon wieder etwas im Strafgesetzbuch verändert. Er hat die Entwicklung in der Rechtsprechung seit dem Jahr 2015 untersucht. In der Arbeitsgruppe saßen nicht nur Vertreter des Ministeriums, sondern auch Vertreter der Gerichte, Staatsanwälte und weitere Experten. Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden von Experten mitgetragen. Es gab aber Kritik am Justizministerium, weil die Studie von Professor Grafl nicht veröffentlicht wurde. Warum haben Sie diese nicht publik gemacht? Es handelt sich um einen internen Prozess, dessen Endergebnis ich nicht vorwegnehmen möchte. Daher werde ich die Studie veröffentlichen, sobald die Task Force ihre Vorschläge präsentiert hat.
Josef Moser (63)
ist seit Dezember 2017 Reform- und Justizminister. Karriere machte der in Kärnten aufgewachsene Jurist zunächst im FPÖUmfeld. Jörg Haider ernannte Moser 1991 zu seinem Bürochef, später wurde Moser Direktor des FPÖParlamentsklubs. Von 2004 bis 2016 fungierte Moser als Präsident des Rechnungshofs.
Sebastian Kurz
holte vor der Nationalratswahl 2017 Josef Moser ins ÖVP-Team. Moser kandidierte, wenngleich ohne Parteibuch, auf der ÖVP-Liste und wurde anschließend Teil der Regierung. Im Zivilrecht können sowohl hetero- als auch homosexuelle Paare seit 1. Jänner eine Ehe oder eine Eingetragene Partnerschaft eingehen. Doch sind sich diese beiden Rechtsinstitute sehr ähnlich. Wäre es dann nicht sinnvoll, für Ehe und Eingetragene Partnerschaft unterschiedlich starke Rechte und Pflichten im Gesetz zu verankern? Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs wurde umgesetzt. Und ich finde es gut, dass es umgesetzt wurde. Es gibt seit 1. 1. 2019 keine Diskriminierung mehr. Ich habe bisher auch keinen großen Aufschrei dagegen gehört. Man hat erkannt, dass Diskriminierung nicht stattfinden soll. Und könnte man nun in einem nächsten Schritt für Ehe und Eingetragene Partnerschaft unterschiedlichere Regeln einführen? Seien wir jetzt einmal froh, dass wir beides haben. Ich bin glücklich, dass die Diskriminierung, die vorgelegen ist, nun beseitigt wurde. Sie sind ja auch Verfassungsminister: Bei der Mindestsicherung will sich Wien wegen inhaltlicher Bedenken weigern, die vom Bund in einem Grundsatzgesetz geforderten Regeln in das Landesrecht zu übernehmen. Ist diese Vorgangsweise aus Ihrer Sicht legitim? Bei der Grundsatzgesetzgebung gibt es laut Verfassung eine Ausführungsfrist. Wenn ein Land innerhalb dieser Frist kein Ausführungsgesetz macht, kann die Bundesregierung den Verfassungsgerichtshof anrufen oder das Gesetz anstelle des Landes erlassen. Es kann aber nicht sein, dass ein Bundesland die Grundsatzgesetzgebung des Bundes vollends aushebeln kann. Das ist mein Zugang, der auch mit dem Verfassungsdienst abgeklärt ist. Die Grundsatzgesetzgebung wollen Sie aber eigentlich ganz abschaffen, damit es zu einer klareren Verteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern kommt. Ist dieses Vorhaben durch den Streit mit dem Land Wien um die Sozialhilfe nun schwieriger geworden? Am 10. Jänner hatten wir eine Sitzung mit den Landesamtsdirektoren, bei der unter anderem auch das besprochen wurde. Das Thema soll im Mai bei der Landeshauptleutekonferenz behandelt werden. Wir sind da voll dabei.