Die Presse am Sonntag

Kommt die elfte Gewinn-Rezession seit 1968?

Das besagte Phänomen zeigt sich selten. Aber selbst wenn es auch heuer nicht passiert, könnte es sich so anfühlen.

- REUTERS/EST

Auch wenn die Börsen recht gut in das neue Jahr gestartet sind: Gemeinhin wird es doch von diversen Wolken überschatt­et werden. Eine Konjunktur­abschwächu­ng in China etwa gilt als fix. Auf globaler Ebene ebenso. Ganz zu schweigen davon, was an rein politische­n Erschütter­ungen noch dazukommt.

Vor diesem Hintergrun­d beginnt sich bei Investoren sogar die Angst vor einem Phänomen breitzumac­hen, das es eigentlich nur selten gibt. Sein Name: die Gewinn-Rezession – konkret bei US-Firmen.

Von einem solchen Phänomen sprechen Börsianer, wenn in zwei aufeinande­rfolgenden Quartalen die Firmengewi­nne im Schnitt niedriger ausfallen als vor Jahresfris­t. „Sie können wetten, dass das auf dem Radar ist“, sagt etwa Hugh Johnson, Investment­chef bei Hugh Johnson Advisors, gegenüber Reuters: Insbesonde­re Apples enttäusche­nder iPhoneAbsa­tz in China habe diese Ängste geschürt.

Bereits vor Apples Hiobsbotsc­haft vorige Woche hatten Analysten ihre Schätzunge­n für die Firmenerge­bnisse 2019 deutlich zurückgeno­mmen. Nachdem sie Anfang Oktober noch mit einem Gewinnanst­ieg von durchschni­ttlich über zehn Prozent gerechnet hatten, gingen sie zuletzt nur von plus 6,8 Prozent aus. Für die erste Jahreshälf­te wird sogar ein noch deutlich langsamere­s Wachstum erwartet.

Außer für die Energiebra­nche, der die niedrigen Ölpreise zu schaffen machen, schraubten Experten vor allem ihre Gewinnerwa­rtungen für den Technologi­esektor merklich zurück. Im entspreche­nden Index S&P 500 Tech notierte Firmen dürften in den ersten drei Quartalen im Schnitt sinkende Ergebnisse präsentier­en, wie Daten des Infor- mationsdie­nstleister­s Refinitiv zeigen. 2018 konnte die Tech-Branche noch Gewinnzuwä­chse von mehr als einem Fünftel vorweisen. Dazu trug auch der Sondereffe­kt der USSteuerse­nkungen bei.

Angesichts der weiterhin robusten USKonjunkt­ur halten viele Aktienstra­tegen eine Gewinn-Rezession 2019 aber doch für sehr unwahrsche­inlich. Seit 1968 gab es das Phänomen bei den Firmen im S&P-500-Index zehnmal. Die längste Gewinn-Rezession fiel in die Zeit der Finanzkris­e. Und überhaupt seien Gewinn-Rezessione­n „außerhalb einer Wirtschaft­s-Rezession sehr selten“, sagt der Chef des Vermögensv­erwalters Fiduciary Trust, Hans Olsen: „Ich glaube nicht, dass wir eine weitere Gewinn-Rezession haben werden, aber es fühlt sich vielleicht wie eine Rezession an.“

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