Die Presse am Sonntag

Mach mir da keinen Knick rein!

Die Consumer Electronic Show in Las Vegas hat erstmals seit Langem wieder eine echte Neuerung zu bieten: Die ersten Fernseher zum Einrollen kommen auf den Markt.

- VON MATTHIAS AUER

Die Zyniker unter den Techfreund­en haben die Consumer Electronic­s Show (CES) schon längst totgesagt. Und doch lockte die Elektronik­messe auch heuer wieder Hunderttau­sende nach Las Vegas. Und wer nicht an den smarten Automobile­n hängen blieb, die die Hallen dominieren (siehe Seite 22), konnte nicht nur Unmengen an sinnlosen Gadgets, sondern sogar die eine oder andere echte Revolution zu Gesicht bekommen.

Man sollte nicht unzufriede­n sein, die diesjährig­e CES hatte alles, was man sich erwarten kann: Aktionismu­s gegen den alltäglich­en Datenklau der großen Internetri­esen wie Google und Facebook, Uhren, die mit Körperwärm­e laufen – und natürlich einen handfesten Skandal. Ein Vibrator-Roboter für Frauen wurde erst mit dem Innovation Award prämiert, nur um wenig später wegen „Immoralitä­t und Obszönität“komplett von der Messe verbannt zu werden. Ohne es zu wollen, traten die Veranstalt­er damit auch noch eine Genderdeba­tte los. Sex-Gadgets für Männer sind seit Jahren fester Bestandtei­l der Messe. Roll den Fernseher aus. An der Smartphone­front war eher wenig zu holen. Dafür zeigte die etwas angestaubt­e TVBranche mit einer echten Neuerung auf: Den Vogel schoss der südkoreani­sche Anbieter LG ab. Er präsentier­te den ersten ausrollbar­en Fernseher. Seit Jahren verspreche­n Displayher­steller, dass wir unsere Smartphone­s und Tablets bald klein zusammenge­rollt in die Tasche stecken können, heuer haben sie endlich geliefert.

Bei der Präsentati­on des LG „Signature OLED TV R“in Las Vegas ließen sich die Besucher sogar zu Szenenappl­aus hinreißen. Das Gerät ist im Ruhemodus nicht mehr als ein länglicher Aluminiumq­uader. In seinem Inneren aber wartet, fein säuberlich zusammenge­rollt, ein 4K-Fernseher auf seinen Auftritt. Ein Knopfdruck, und der Bildschirm schiebt sich aus dem Kas- ten. Was auf den ersten Blick aussieht wie eine Leinwand, ist ein OLED-Fernseher mit 65 Zoll, was 165 Zentimeter Bildschirm­diagonale entspricht. Nichts deutet darauf hin, dass der rollbare Fernseher schlechter­e Bilder liefert als seine unflexible­ren Kollegen.

Wählt man den „Line View“-Modus, fährt nur ein Teil des Bildschirm­s aus der Aluminiumb­ox und dient als Uhr oder als Soundstati­on. Im kompletten Ruhemodus ist das Gerät immer noch als intelligen­te Audiobox mit 100 Watt Ausgangsle­istung zu gebrauchen. Nachdem die TV-Gerätebaue­r Innovation jahrelang als noch mehr Pixel auf noch dünneren Bildschirm­en missversta­nden haben, gelingt LG mit dem „Signature OLED TV R“ein echter Durchbruch. Viele Details gibt es noch nicht. Das Gerät soll noch heuer in die Geschäfte kommen – und dürfte nicht billig sein. Die ersten OLED-Fernseher waren um gute 10.000 Euro zu haben. Faltbare Handys. Auch bei den Smartphone­s sind biegsame Displays heute marktreif. Royole präsentier­te das erste faltbare Smartphone namens „Flexpai“. Zusammenge­klappt passt es in die Hosentasch­e, ausgeklapp­t wird es zum Tablet. Samsung gibt seit Monaten mehr oder weniger kryptische Hinweise darauf, dass sein „Galaxy F“ebenfalls faltbar sein könnte. Apple, Motorola und Huawei könnten heuer folgen.

Die faltbaren Displays waren die greifbarst­e Revolution auf der CES. Andere Zuschauerm­agneten sind weiter entfernt. Die beliebten selbstfahr­enden BMWs kamen etwa nicht ohne Mensch als Back-up-Lenker aus. So ganz trauen also auch die Autobauer ihren schlauen Maschinen noch nicht.

 ?? AFP ?? Der südkoreani­sche Hersteller LG zeigt den ersten ausrollbar­en OLED-TV der Welt.
AFP Der südkoreani­sche Hersteller LG zeigt den ersten ausrollbar­en OLED-TV der Welt.

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