Die Presse am Sonntag

Wie das Weiße Haus sich auf Kurz vorbereite­t

Die Stippvisit­e des Bundeskanz­lers in Washington ähnelt jener von Angela Merkel im Vorjahr.

- VON STEFAN RIECHER

Die Sprecherin – eine von rund einem Dutzend, die im Pressezent­rum des Weißen Hauses arbeiten – wirkt ein wenig perplex. „Wann kommt er nochmal?“, entgegnet sie auf die Frage, wie sich der US-Präsident und sein Team auf die Ankunft von Sebastian Kurz vorbereite­n. „So wie auf alle anderen auch“, sagt sie schließlic­h, fügt dann aber noch hinzu: „Kurz? Das ist doch dieser ganz junge Typ, oder?“

Ja, ist er, und tatsächlic­h ist das Alter des 32-Jährigen dieser Tage durchaus Gesprächst­hema in Washington. Sarah Sanders, die Pressespre­cherin Donald Trumps, betonte bei der Ankündigun­g des Treffens die Tatsache, dass Kurz der jüngste Staatschef Europas sei. Auch in den wenigen Vorbericht­en, die sich in den US-Zeitungen finden, wird das Alter von Kurz stets hervorgeho­ben. Der 72-jährige Trump zeige sich begeistert vom Aufstieg des österreich­ischen Bundeskanz­lers, heißt es hinter vorgehalte­ner Hand auch in den Medienräum­en des Weißen Hauses.

Natürlich ist der Arbeitsbes­uch für die Spitze der US-Regierung eine Routineang­elegenheit. Etwa 30 Staatschef­s empfängt Trump jedes Jahr im Weißen Haus. Erst diese Woche war beispielsw­eise Kolumbiens Präsident, Ivan´ Duque Marquez,´ zu Gast, um über die Krise in Venezuela zu sprechen. Mit Glanz und Gloria, inklusive Parade am Flughafen und Staatsdinn­er, werden nur jene Regierungs­chefs empfangen, die zu einem offizielle­n, mehrere Tage dauernden Staatsbesu­ch eingeladen werden. Frankreich­s Emmanuel Macron kam im vergangene­n Jahr zu dieser Ehre. 15 Minuten. Trotzdem: Für ein kleines Land wie Österreich ist selbst ein sehr kurzes Treffen mit dem US-Präsidente­n als großer Erfolg zu verbuchen. Seit Trumps Amtsantrit­t habe man mit Hochdruck darauf hingearbei­tet, heißt es aus der österreich­ischen Botschaft in Washington. Tatsächlic­h gilt eine Staatsvisi­te beim US-Präsidente­n unter den ausländisc­hen Diplomaten als das Karrierezi­el schlechthi­n. Kaum eine Auslandsve­rtretung, die nicht bei jedem Termin mit US-Vertretern darauf hinweist, dass man sich ein Treffen mit Trump wünscht.

Eine Viertelstu­nde soll Kurz am Mittwoch allein mit Trump im Weißen Haus sprechen. Es folgt ein eineinhalb­stündiges Arbeitsges­präch, bei dem jeweils acht oder neun Regierungs­mitarbeite­r dabei sein sollen. An den Details, etwa der genauen Sitzordnun­g, wird bis zur letzten Minute gefeilt. Eng wird es jedenfalls, der Platz im Weißen Haus ist begrenzt, die Sicherheit­svorkehrun­gen sind enorm. Viele von den Beamten, die die Reise mit Kurz antreten, werden Trump wohl nicht einmal zu Gesicht bekommen.

Auf die Frage, worüber Trump und Außenminis­ter Mike Pompeo, den Kurz ebenfalls besucht, mit dem Kanzler sprechen werden, gibt man sich ebenfalls zurückhalt­end. Die bilaterale­n Verhältnis­se sollen „revitalisi­ert“und neue Wege zur transatlan­tischen Kooperatio­n „erforscht“werden. Ganz ähnlich war das im vergangene­n Jahr, als Angela Merkel zu Besuch kam. Der deutschen Kanzlerin wurde ebenfalls nur eine gute Viertelstu­nde allein mit Trump zugestande­n, es folgten ein zweistündi­ges Arbeitsges­präch und eine Pressekonf­erenz.

Der gemeinsame Presseterm­in ist dann auch der einzige Unterschie­d, ein solcher ist für Kurz nicht eingeplant. Wobei sich das noch ändern kann. „Donald Trump überlegt sich das oft kurzfristi­g anders“, sagt die Sprecherin im Weißen Haus. Ein solcher gemeinsame­r Auftritt mit dem US-Präsidente­n wäre als zusätzlich­es Zeichen der Wertschätz­ung zu verstehen, fügt sie hinzu.

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