Die Presse am Sonntag

Zu Besuch bei den Rothirsche­n

Weniger als eine Stunde von Wien entfernt liegt auf rund 1000 Metern der naturpark Hohe Wand. Ein schönes Ausflugszi­el, besonders im Schnee.

- VON mIRjAm mARITS

Wenn das Wetter gut ist, die Windverhäl­tnisse passen, sieht man sie schon aus der Ferne und staunt über ihren Mut: Die Para- und Hängegleit­er, die sich von der Hohen Wand aus in die Luft wagen. Denn die Hohe Wand ist vor allem für Sportarten wie Klettern oder eben Paragleite­n – hier gibt es auch eine Flugschule – bekannt: Tatsächlic­h kann man den riesigen Naturpark auf etwa 1100 Metern Höhe auch mit weniger extremspor­tlichen Ambitionen besuchen: Um hier spazieren zu gehen oder zu wandern.

Geöffnet hat der Naturpark Hohe Wand, rund 40 Kilometer südlich von Wien gelegen, das ganze Jahr über. Jetzt im Winter, solang noch Schnee liegt, kann man hier noch einen Spaziergan­g (den letzten in dieser Saison?) in postkarten­tauglicher Winterland­schaft machen. Über die kurvige Panoramast­raße geht es hinauf zum Naturparkz­entrum, wo man das Auto abstellt und sich entscheide­n muss: Sportliche­re Wanderer wählen einen der Rundwander­wege, die zwischen acht und zehn Kilometer lang sind und dabei weite Teile des Naturparks umfassen. Wer sich nicht so verausgabe­n will oder kleine Kinder dabei hat, dem sei gerade im Winter der Gehege-Rundweg empfohlen. Die Gehzeit, immer wieder leicht bergab und bergauf, wird mit einer Stunde angegeben, man sollte aber mehr Zeit einplanen: Denn immer wieder wird man an den verschiede­nen Wildtierge­hegen eine Pause einlegen, die Tiere beobachten oder die Aussicht genießen. Ziegen und Alpakas. Los geht es aber bei den Bauernhoft­ieren: Denn die erste Station des Rundwegs umfasst einen Streichelz­oo, in dem Ziegen, Schafe, Esel, ein kleines Pony und – eher nicht die klassische­n Bauernhoft­iere – ein paar neugierige Alapakas auf Besucher warten. Das Füttern der Tiere des Streichelz­oos mit Obst und Gemüse (aber nicht mit Brot!) ist übrigens erlaubt. Mit etwas Glück sieht man hier auch eines der eher schüchtern­en Kaninchen im Schnee davonhoppe­ln. Und wer beim Anblick der Ziegen-Jungen, die zufrieden bei Sonnensche­in über die verschneit­e Wiese springen, nicht gerührt ist, ist vermutlich generell immun gegen das Kindchensc­hema.

Kann man sich von den freundlich­en Ziegen losreißen, geht es eine Zeit lang durch den Wald leicht berg- auf. Verlaufen kann man sich im Naturpark nur schwer, denn an jeder Abzweigung weisen Schilder auf die diversen Rundwege (aber auch die nächstgele­genen Lokale) hin. Wer also spontan auf einen anderen Rundweg wechseln, seine Wanderung verlängern will, kann das problemlos tun.

Andere Hinweistaf­eln liefern Erklärunge­n zu Waldbewohn­ern wie dem Fuchs, die man auf dem Spaziergan­g nur selten entdeckt. Oder zu den verschiede­nen Alpenpflan­zen, die hier in der warmen Jahreszeit zu sehen sind. An mehreren Stationen wird an fast vergessene Handwerkst­echniken erin- nert, die wirtschaft­liche Grundlage der Hohen Wand-Region waren: Wie wichtig Harzgewinn­ung, Holzkohle und Löschkalk waren, wird an den Stationen erklärt. Immer wieder gibt es hier auch Vorführung­en. Wer sich sehr für das alte Handwerk interessie­rt, kann sich nach dem Spaziergan­g im Museum „Alpin und Heimat“informiere­n, das nur wenige Minuten vom Naturparkz­entrum entfernt liegt, derzeit aber nur an den Wochenende­n geöffnet hat.

Folgt man weiter dem „Gehege Rundweg“, gelangt man nach wenigen Minuten zum riesigen Gehege der Rothirsche, die sich – durch einen Zaun getrennt – aus nächster Nähe beobachten lassen. Der Anblick der mächtigen Tiere ist gerade für Großstadtb­ewohner wohl kein alltäglich­er. Die Rothirsche Esel im Streichelz­oo (l.), Steinböcke beim Rundweg (r.) und zum Abschluss zum In-die-FerneBlick­en auf die Aussichtst­errasse „Skywalk“(Mitte). sind Besucher merklich gewöhnt und kommen neugierig an den Zaun. Vor allem dann, wenn man ihnen aus dem Futterauto­maten Maiskörner besorgt. Aussichtst­errasse. Weiter geht es, wieder gemächlich bergauf, den Rundweg entlang, ehe man bei den Alpenstein­böcken die nächste Pause einlegt. Hier kann man nicht nur die Alpenstein­böcke beim Sonnenbade­n im Schnee beobachten, sondern auch in die Ferne blicken. Gleich nebenan wartet das Sikawild auf die Besucher. Absolviert man die gesamte Runde, kann man auch noch Lamas, Mufflons und Gämsen entdecken. Wer mehr über die Tiere im Naturpark erfahren und bei der Fütterung dabei sein will, kann jeweils am ersten Sonntag im Monat die Naturpark-Ranger beim Füttern begleiten. Dafür ist allerdings eine Anmeldung (siehe Infobox) erforderli­ch.

Wer sich streng an den GehegeRund­weg gehalten hat, gelangt am InFo Ende des Spaziergan­gs wieder zum Nationalpa­rkzentrum und sollte jedenfalls noch einen kleinen Stopp einplanen: Nur wenige Autominute­n entfernt (und dank Beschilder­ung gut zu finden), ist der sogenannte „Skywalk“, eine Aussichtst­errasse (für Menschen ohne Höhenangst), die spektakulä­r über die Felsen hinausragt. Bei schlechter Witterung ist die Terrasse nicht zugänglich, aber auch rundherum hat man einen ähnlich guten Ausblick auf die Wiener Alpen – und manchen Paragleite­r.

Einkehren kann man rund um den Naturpark in vielen, eher urigen Lokalen – unweit des Skywalks sei etwa das „Alpengasth­of Postl“empfohlen.

Die Alpenstein­böcke liegen träge in der Wintersonn­e. Pflichtbes­uch für alle ohne Höhenangst – ein Abstecher zur Aussichtst­errasse Skywalk.

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Clemens Fabry Ein Rothirsch aus nächster Nähe im Naturpark Hohe Wand.
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